Die Arbeitswelt verändert sich. Was bedeutet das für Unternehmen, was bedeutet das für jeden einzelnen von uns? Einige Gedanken dazu, welche Vorstellungen und Überzeugungen wir hinterfragen müssen.

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Weg mit den ungeschriebenen Dogmen

Damit wir die Vorteile des Internets und der vernetzten Zusammenarbeit nutzen können, ist der Abschied von den Dogmen des protestantischen Arbeitsethos notwendig. Denn es gibt in unserer Gesellschaft diese ungeschriebene Dogmen: Eines davon ist, dass hundertprozentige Perfektion ein erstrebenswerter Zustand ist. Ein anderes, dass Arbeit nur etwas wert ist, wenn sie hart und entbehrungsreich ist; Arbeit muss weh tun. Und schließlich ein anderes Ideal, das eng damit zusammenhängt: Wer Dinge umgehend erledigt, gilt als besonders fleißig – und auch das ist in den Augen unserer Gesellschaft eine äußerst positive Sache. Unser Leser Wolfgang hat uns kürzlich wieder daran erinnert, als er unter einem Artikel über (in seinen Augen) unstete Jobhopper kommentierte:

“Der erhebliche Exportanteil der deutschen Wirtschaft und der damit verbundene hohe Stellenwert des Themas `weltmarktführerschaft` erfordern eine längerfristige Beschäftigung mit einem Thema, auch in einer sich schneller verändernden Welt. “Long term scientific commitment” hat schon Portugal im 15. und 16. Jahrhundert groß gemacht, im Prinzip gilt dies noch heute, wie Studien zum Vergleich erfolgreicher Unternehmen mit weniger erfolgreichen zeigen. Vom Schulabschluss bis zur Rente derselbe Job ist sicherlich übertrieben, aber einige Jahre sollte man schon bei der Sache bleiben, wenn man es auf einem Gebiet zur Exzellenz bringen will. So verkehrt ist die Erwartungshaltung des deutschen Arbeitsmarktes wohl nicht.”

Was ist das protestantische Arbeitsethos?

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Dass solche Eigenschaften überhaupt positiv konnotierten wurden, haben wir dem Ideal der protestantischen Arbeitsethik zu verdanken, die unter anderem von dem Soziologen Max Weber beschrieben wurde – und die historisch gesehen keinesfalls naturgegeben, sondern noch eine ziemlich neue Erscheinung ist: Martin Luther war es, der aus der bislang wertneutralen Arbeit eine von Gott auferlegte heilige Pflicht machte und den Müßiggang zur Sünde erklärte. Für die Puritaner wurde es im dann im 17. und 18. Jahrhundert zu einer heiligen Pflicht, ihrer Berufung zu folgen und materieller Erfolg durch harte Arbeit galt als Gnadenbeweis Gottes.

Möglich wurden diese Veränderungen aber erst durch die grundlegenden wirtschaftlichen Umwälzungen jener Zeit: die Industrialisierung. Der rasante Bevölkerungsanstieg führte zu einer verstärkten Nachfrage an Gütern, die bedient werden wollte. Neben dem technischen Fortschritt wurde dazu die optimale Ausnutzung der menschlichen Arbeitskraft durch Zentralisierung der Arbeit in Fabriken und die systematische Aufteilung routinemäßiger Arbeitsabläufe, die Arbeitsteilung, notwendig. Die dafür erforderliche strenge Organisation und die Abhängigkeit von starren Arbeitszeiten wurden erst ermöglicht durch die Erfindung der Uhr und des elektrischen Lichtes, was erlaubte, auch ohne Tageslicht zu arbeiten.

Die digitale Revolution – ein historischer Wendepunkt

Bekanntlich befinden wir uns nun erneut an einem historischen Wendepunkt: Routineaufgaben werden immer mehr von Maschinen übernommen und die Menschen können und müssen sich den kreativen Aufgaben zuwenden. Durch die digitale Revolution verschwinden immer mehr Berufe, das hat Gunther Dueck schon 2011 auf der re:publica schonungslos aufgezeigt. Da bleibt nur eines: Umdenken, weg vom protestantischen Arbeitsethos, hin zu mehr Kreativität, Kooperativem Miteinander und letztlich mehr Freude an der Arbeit. Je mehr ich mich mit digitalen Technologien auseinandersetze, desto überzeugter bin ich dass wir dank Internet, Social Media und mobilen Technologien vor einem einschneidenden Paradigmenwechsel in Gesellschaft und Arbeitswelt stehen. Denn nur so können jene Innovationen entstehen, die unsere Wirtschaft so dringend benötigt, worauf unser Leser Wolfgang in seinem Kommentar so treffend hingewiesen hat.

Das Internet bietet beispielsweise hervorragende Chancen der vernetzten Kooperation, in denen Zusammenarbeit auch über große räumliche Entfernungen möglich ist. Social Media bieten wie keine andere Tools zuvor die Möglichkeit, auch über große Entfernungen unverbindlich in Kontakt zu bleiben. Das ist einer der Gründe für den Erfolg von Facebook – was immer man sonst auch von dem blauen Riesen halten mag. Genau das ist aber der Punkt: Viele Menschen haben vor allem die Nachteile im Kopf. Bei meinen Vorträgen zu Social Media stelle ich immer wieder fest, wie groß der Aufklärungsbedarf diesbezüglich noch ist, damit das Internet als positive Entwicklung begriffen wird.

Veränderung macht Angst

Denn die Veränderung macht vielen Angst. In meinen Büchern “Nackt im Netz” und “Die 110% Lüge” habe ich mich ausführlich mit den Unsicherheiten von Arbeitnehmern und Führungskräften in einem sich durch digitale Medien rasant verändernden Berufsalltag auseinandergesetzt: Ständige Erreichbarkeit und vermeintlicher Dauer-Kommunikationszwang, Teamarbeit bei räumlicher Trennung oder auch ständige Ablenkungen sind Stressoren, die direkt die Leistungsfähigkeit und damit die Produktivität von Unternehmen beeinflussen und denen wir uns stellen müssen.

Oder anders ausgedrückt: Damit wir die Vorteile des Internets und der vernetzten Zusammenarbeit nutzen können, ist der Abschied von den Dogmen des protestantischen Arbeitsethos notwendig: Im digitalisierten Zeitalter sind ganz andere Fähigkeiten gefragt – und welche, das werde ich im zweiten Teil dieses Beitrags näher beleuchten.

Aus Fehlern lernen

Ein Beispiel ist unser Umgang mit Fehlern: Leistungen und Produkte müssen perfekt sein. Da jedoch jede Aussage unmittelbar durch das Internet verifizierbar ist, ist das kaum noch möglich. Google, eines der weltweit erfolgreichsten Unternehmen, geht einen anderen Weg: Neue Dienste werden als unfertige Beta-Versionen gelauncht und durch die User verbessert. Google steht zu Fehlern, probiert öffentlich im Trial-und-Error-Verfahren aus – und entwickelt genau deshalb innovative Produkte. Dieses Prinzip könnte das Leitbild einer digitalisierten Unternehmenskultur werden, die fehlgeschlagene Innovationen für Verbesserungen nutzt, statt diese anzuprangern.

Wenn man sich nicht ständig dem Druck aussetzt, etwas Perfektes zu schaffen, dann kann Arbeit sogar Spaß machen. Diese Idee scheint vielen Menschen geradezu ungeheuerlich. Doch Spaß an der Arbeit muss eigentlich auch sein, denn nur motivierte Mitarbeiter sind in der Lage, gute Ideen zu entwickeln und Innovationen zu schaffen. Unternehmen wie Google haben das begriffen und bieten ihren Mitarbeitern auch allerlei Freizeit- und Sporträume an.

Spaß haben, Urlaub machen und abschalten

Den Spaß an ihrer Arbeit machen sich viele aber selbst kaputt: Darüber habe ich kürzlich am Beispiel von Miriam Meckel geschrieben: Im Bemühen, strebsam, fleißig uns leistungsbereit zu sein – also das Arbeitsethos zu erfüllen – machen sich viele zu Sklaven der Technik. Doch daran ist sie auch selbst schuld – und das ist ein Schicksal, dass sie mit vielen Menschen teilt. Denn viele glauben, nur leistungsbereit und fleißig zu sein, wenn sie auch stets erreichbar sind.

Wer hingegen klug ist, steigert mit gelegentlichen Phasen der Unerreichbarkeit und kleinen Auszeit-Reisen sein Ansehen. Denn wenn alle jederzeit erreichbar sind, wird es zum seltenen Luxus, nicht ständig antworten zu müssen. Und wer sich den Luxus der kommunikativen Abwesenheit gestattet, bel gleichzeitiger individueller Mobilität, zeigt damit: “Seht her, ich kann es mir leisten!” Abwesenheit als Statussymbol. Ein Beispiel: Wer heute als Manager seine Führungsqualitäten unter Beweis stellen will, fährt 10 Wochen in Urlaub – und ist einfach nicht erreichbar! Abgesehen davon, dass das seiner eigenen Gesundheit und Leistungsfähigkeit zuträglich ist, zeigt er damit noch etwas ganz anderes.

Belohnung für’s nicht erreichbar sein

Nämlich dass er seinen Job versteht, weil er den Laden so gut organisiert hat, dass es auch ohne ihn geht, während er nicht nur entspannt, sondern auch gute Ideen für die Zukunft ausbrütet. Wohingegen einem Manager, der dauergestresst ständig abrufbereit ist, keine Zeit mehr für seine eigentliche Führungsaufgabe und innovatives Denken bleibt. Der Harvard-Business-Manage empfahl einst als Abschreckungsmaßnahme sogar:

“Jedes Mal wenn ein Manager in dieser Zeit sein Büro anruft, sollte sein Jahresendbonus um 20 Prozent reduziert werden. Jedes Mal wenn ein Mitarbeiter den Manager anrufen muss, würden diesem 10 Prozent seines Bonus abgezogen.”

Das ständige Erreichbarkeit nicht Voraussetzung für den geschäftlichen Erfolg ist, zeigte auch Thomas Jakel: Der StartupGründer war einige Zeit unterwegs auf einer Fahrradtour von Berlin nach Indien und leitete gleichzeitig sein Unternehmen. Sich auch mal Fehler gönnen und herumprobieren, Spaß haben an der Arbeit und auch immer wieder zur Regeneration abschalten  – das alles passt hilft uns, mit Leidenschaft und kreativ bei der Sache zu bleiben und innovative Ideen zu entwickeln.


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