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Offenlegung & Urheberrechte: Bildrechte bei Evangelische Internatsschule Schloss Gaienhofen.
Von Jan Thomas Otte (Mehr) • Zuletzt aktualisiert am 27.12.2023 • Zuerst veröffentlicht am 23.08.2012 • Bisher 4153 Leser, 1086 Social-Media-Shares Likes & Reviews (5/5) • Kommentare lesen & schreiben
Unternehmerisches Denken sollte Teil der Ausbildung sein, fordern Experten wie der ehemalige IBM-Manager Gunther Dueck. Wie kann das konkret aussehen?
Gunter Dueck. Philosoph, Speaker und ehemaliger IBM-Manager hat vor einigen Monaten in der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Internet und digitale Gesellschaft“ gefordert, wirtschaftliches und unternehmerisches Denken und Handeln bereits in die Ausbildung zu integrieren.
In Süddeutschland wird an einigen privaten Gymnasien praktischer Wirtschaftsunterricht bereits praktiziert. So wie auf der Evangelischen Internatsschule Schloss Gaienhofen, die kein Wirtschaftsgymnasium, sondern ein „normales“ Gymnasium ist.
Draussen plätschert der Bodensee, drinnen büffeln die letzten 13-Klässler für ihre anstehende Abiturprüfung. Lehrer Klaus Dinkelaker spricht mit ihnen heute über Steuerhinterziehung am Beispiel Liechtenstein.
Wie war das doch gleich mit der Affäre um Ex-Postchef Klaus Zumwinkel? Er versteckte in dem Fürstentum mehrere Millionen Euro vor den deutschen Finanzbehörden.
Die Schüler lesen dazu einen Zeitungsartikel, Dinkelaker startet seine Powerpoint-Präsentation. Nach einigen „Slides“ folgt eine Mischung aus Frontalunterricht und Diskussion.
Die 19-Jährigen sprechen über den Sinn und Unsinn von Millionen-Managergehältern, die Gier nach mehr Geld, die globale Flucht in Steuerparadiese wie Liechtenstein oder den Cayman Islands in der Karibik.
In 90 Minuten formulieren die 25 Schüler mehr Fragen als Antworten: fleissig, engagiert, keiner quatscht dazwischen, selbst der Klassenkasper meldet sich brav zu Wort.
Nicht jeder hat einen der begehrten Kursplätze bekommen, für manche ein willkommenes Karriere-Sprungbrett, um den noch jungen Lebenslauf etwas aufzubessern. Klaus Dinkelaker ist zufrieden. Er will, dass seine Schüler die feinen Unterschiede im Arbeitsleben erkennen, über Dilemmas ins Nachdenken kommen, den Blick von beiden Seiten lernen.
Angenommen die Schüler bekommen später mal irgendwo auf der Welt einen verantwortungsvollen Job: In seinem Unterricht sollen die Schüler dafür die Grundlagen mit auf dem Weg bekommen. Sie sollen gute, bessere Manager werden – ethisch gesehen, so seine Hoffnung.
Dinkelakers Kinder haben ebenfalls seinen Unterricht besucht. Sein Sohn fängt im Herbst bei einer internationalen Beratungsfirma für Manager an. Eine klassische Banklehre vorm BWL-Studium hätte Vater Dinkelaker auch in Ordnung gefunden.
Betriebswirtschaftliche Begriffe wie Buy-out-Phase, CEO-Compensation oder Wertschöpfungskette sind den Schülern des Gymnasiums in Gaienhofen längst vertraut. Ab der 10. Klasse können sie sich für einen Platz im Fach „Wirtschaft und Verantwortung“ bewerben, das bis zum Abitur unterrichtet wird.
Daneben gibt es aber auch Religionsunterricht, wo es um Begriffe wie christliche Nächstenliebe, Schuld und Vergebung geht. Auf einige Schüler wirken diese Begriffe abstrakter als das kaufmännische Vokabular.
„Moral und Profit sind für uns keine Gegensätze“, so Dinkelacker. Zusammen mit seinem Kollegen Oliver Nöldeke unterrichtet er das Fach seit 5 Jahren. Dinkelaker auf Englisch „business and society“, Nöldeke auf Deutsch „Wirtschaft und Verantwortung“.
2007 startete der erste Kurs, den es so bisher nicht in Deutschland gegeben hat. Beraten ließ sich die Schule dabei von einem Team von Wirtschaftsethikern. Die Verantwortlichen hatten erkannt, dass es zu spät ist, Wirtschaft erst im Studium zu unterrichten.
Schulleiter Dieter Toder wünscht sich, dass seine Schüler auch ein einer globalisierten Wirtschaftswelt Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen. Nach Schulschluss im Ruderboot, beim Segeln oder im Vokalensemble.
Nach Abitur und Studium im Berufsleben irgendwo in der Republik oder eben im Ausland. Die meisten Schüler wissen schon, was sie beruflich machen wollen, welches Fach sie ab dem Wintersemester studieren wollen.
So machte Frederic Seng sein Praktikum in England bei einem Personalvermittler der sich auf Luftfahrtunternehmen spezialisiert hat. Dort verbesserte er seine Sprachkenntnisse, merkte aber auch, welches Know-How ihm noch fehlt. Ab Oktober will er Wirtschaftsrecht studieren.
Für Frederic war das Fach „Wirtschaft und Verantwortung“ so eine Art vorgezogenes Wirtschaftstudium: „Ich will verstehen, wie Unternehmen ticken“, so der 19jährige.
Dabei hat Frederic auch noch etwas anderes gelernt: wie Preise entstehen. Und wie diese sich durch seinen täglichen Griff ins Ladenregal auf die betroffenen, international operierenden Unternehmen auswirken.
Es ist abzusehen, dass Wirtschaft als Fach bald auch an vielen anderen Schulen unterrichtet werden wird. Die Globalisierung macht vor dem Gaienhofener Gymnasium nicht halt.
Seine Lehrer müssen auf globale Trends reagieren: „Die Erfahrungen daraus können in die weitere Entwicklung der ökonomischen Bildung am Gymnasium einfließen“, heißt es aus dem Kultusministerium Stuttgart. Vielleicht nicht heute. Aber übermorgen.
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Jan Thomas Otte ist Berater für Accentur, Journalist, Coach und Research Fellow an der Princeton University.Jan Thomas Otte arbeitet als Korrespondent im Experten-Netzwerk Constart.com und arbeitet als Berater für Accenture in Zürich. Über Menschen im Spagat zwischen Karriere und Charakter schreibt er im Magazin Karriere-Einsichten. Der Theologiestudent an der Universität Heidelberg qualifizierte sich in Wirtschaft und Psychologie an den Hochschulen in Augsburg, Erlangen und Princeton (USA). Parallel kam eine Journalistenausbildung bei der Konrad-Adenauer-Stiftung hinzu. Er ist Research Fellow an der Princeton University, Woodrow Wilson School for International Relations and Public Affairs. Und der Faith at Work Initative bei Professor David Miller. Alle Texte von Jan Thomas Otte.
Toller Beitrag, so etwas müssten mehr Schulen machen.
Ich kann nur jedem raten, sich selbständig zu machen. Sein eigener Chef zu sein ist das Beste was man machen kann. Nur leider trauen sich das viele gar nicht zu – eben genau weil sie so etwas in der Schule nicht gelernt haben. Ein guter Ansatz hier.
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