Es ist ein immer wiederkehrendes Phänomen in Organisationen: Kaum hat man einen Plan, hat ein Konzept erarbeitet und beginnt mit der Realisierung, da ist auch schon alles wieder überholt. Oder zumindest in Teilen. Was tun?

Mehr als Change Management: Veränderungs-Fahrplan [+Checkliste]

Ursachen für Probleme im Change Management

Das kann durch äußere Einflüsse passieren, zum Beispiel durch unvorhersehbare Marktveränderungen oder politische Entscheidungen. Das können ebenso interne Einflüsse sein, Mitarbeiter zum Beispiel, die anders reagieren als erwartet, oder neue Vorstandsentscheidungen. Die Ursache können aber ebenso wir selbst, die Führungskraft oder das Changeteam sein. Welche Einflüsse es auch sind:

Wir werden diesem Phänomen immer wieder begegnen, werden immer wieder feststellen, dass wir nicht fähig sind, alles haarklein in die Zukunft zu planen, und dass wir blinde Flecken in uns tragen, sprich Persönlichkeitsanteile, über die wir uns nicht im Klaren sind. Die Faktoren, die das Konzept aus der Bahn werfen können, lauern überall. Wir nennen dieses Phänomen den Faktor X.

Faktor X – der Blinde Fleck und unsere Offenheit für Überraschungen

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Dass wir dem Faktor X begegnen werden, ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Wie er uns begegnet und was er mitbringt, das hingegen ist ungewiss und kann uns in Richtungen lenken, die völlig überraschen. Trotzdem sollten wir nicht darauf verzichten, mit Plänen und Konzepten zu arbeiten. Der Faktor X stellt auch unsere theoretischen Grundlagen und praktischen Erfahrungen nicht infrage.

Im Gegenteil: Er verlangt von uns Respekt vor der Aufgabe, bereichert uns um die Komponenten der Wachsamkeit und Flexibilität und fordert Lernoffenheit. Heutige Veränderungsprozesse brauchen diese enorme Offenheit für solche “Überraschungen”, um nicht realitätsfremd zu werden. Die Dynamik, in der sich Dinge verändern und anpassen, erwartet von uns die Fähigkeit, sie integrieren zu können – heute mehr denn je.

Das Dilemma von Ordnung und Chaos

Gleichzeitig steckt darin für viele eine Überforderung. Wir geraten an Grenzen, der Ruf nach Stabilität und Kontinuität wird laut. Damit befinden wir uns in dem Dilemma, das Albert Einstein einmal gut beschrieben hat: “Nichts kann existieren ohne Ordnung. Nichts kann entstehen ohne Chaos.”

Am Anfang dieses Buches berichteten wir von unserer Wahrnehmung als begrenzter Ressource, da sie eingeengt ist durch unsere Einstellungen, Annahmen und Überzeugungen. Diese Begrenztheit – allen voran das Problem einer zu starken Zielfokussierung – beeinflusst unsere Adaptionsfähigkeit an die Realität.

Der Tanz mit dem System

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Das Verständnis von Facilitating Change ist es, mit dem Faktor X tanzen zu können. Die Überraschungen und Herausforderungen, die uns bei der Umsetzung unserer Aufträge begegnen, sind eine Einladung, uns den blinden Flecken und Grenzen zu nähern und damit der Lösung näher zu kommen. Wo ist das System bisweilen blind, wo naiv, wo zu gutgläubig, wo wird nicht genau hingeguckt?

Dieser Tanz mit den blinden Flecken und dem Faktor X erfordert innere Stabilität, Lust und Offenheit bei uns und den am Prozess Beteiligten. Für uns ist das Bild des Tanzens mit dem Faktor X hilfreich, weil es etwas Spielerisches, Leichtes hat und uns in unserer Offenheit und Lust unterstützt. Dazu wollen wir hier ermutigen.

Impulse aus dem Off

Allerdings sind auch äußere Faktoren zu beachten: Zu den klassischen äußeren Quellen gehören Entscheidungen in der Politik, einschneidende Entwicklungen an der Börse, Gesetzesänderungen oder schlicht auch die Einflüsse, die nicht von Menschenhand, sondern von Umwelt und Natur ausgelöst sind. Das sind alles uns bekannte und zuverlässig wiederkehrende Faktor­X­Themen.

Unruhiger wird es auf dem Parkett, wenn das Handeln durch Zeit und Markt angetrieben ist und es bloß darum geht, schneller, besser oder wenigstens genauso gut zu sein. Kreativ und geradezu humorvoll wird es, wenn die Impulse aus dem “Off” kommen, also quasi im Vorbeigehen. So findet sich plötzlich die Antwort auf eine Frage im Schulaufsatz der Tochter, in einem Theaterstück oder während eines Museumsbesuchs.

Hidden Agendas

Interne Faktoren X sind die oft zitierten, aber eben unbekannten “Hidden Agendas”. Was hat der Gesellschafter, der Vorstand noch vor? Was ist sein eigentliches Anliegen? Welches politische Kalkül spielt eine Rolle? Welche Informationen hält er – warum auch immer – zurück?

Die vermuteten “Hidden Agendas” sind oft Quellen für Gerüchte und Flurfunk und haben die Tendenz, sich zu verselbständigen. Ein Informationsvakuum wird durch selbst produzierte Informationen gefüllt und es entsteht langsam eine neue Konsensrealität, also Wissen, das von einer Mehrheit akzeptiert ist und das als alltägliche Wirklichkeit angesehen wird. Die Menschen beginnen, danach zu handeln. Die sich daraus ergebenden Dynamiken sind meist erstaunlich.

Der Faktor ich

Die Phasen der Unordnung im Change bringen es mit sich, dass einige Menschen die Gunst der Stunde nutzen, um sich neu oder besser zu platzieren. Bisweilen ist zu Beginn eines Prozesses offen, wer dies sein wird, wie das Spiel aussieht und wohin es sich richtet. Menschen, die sich an Regeln und Absprachen halten und den Fokus eher auf die Inhalte richten, werden hier leicht zum Verlierer.

In seinem Buch “Die Logik des Misslingens” (2003) beschreibt Dietrich Dörner unsere mangelnde Fähigkeit, Dinge in komplexen Situationen wirklich bis zum Ende durchplanen zu können.

Planung als Leitplanke

Aus diesem Grund hier die Einladung, sich dieser Illusion des Planungsgenies erst gar nicht hinzugeben und damit die Mitarbeiter, die Kunden und sich ein Stück vor sich selbst zu schützen. – Planung ist eine hilfreiche Leitplanke, nie die Realität.

Eine weitere, tückische Faktor­X­Quelle ist unser bereits viel zitierter blinder Fleck. Wir sind uns über unsere Wahrnehmungsfilter erfahrungsgemäß im Unklaren, wir übersehen Signale oder überhören Informationen. Anders formuliert: Wir sehen nur, was wir sehen wollen, und nicht die Leitplanken, die im Weg stehen.

Den Kunden den Zugang ermöglichen

Unsere Kunden freuen sich in der Regel über zuverlässige Changefahrpläne und klare Aussagen durch uns. Ein verständliches Bedürfnis, doch für uns ist es schwer, dem gerecht zu werden. Deswegen machen wir bereits in der Auftragsklärung unsere Kunden auf die Phänomene des Faktors X und die damit mangelnde wirkliche Planbarkeit eines Changeprozesses aufmerksam.

Orientierung können wir geben, aber die eigentlichen Ereignisse werden über den tatsächlichen Verlauf entscheiden. Damit wollen wir uns nicht der Verantwortung verbindlicher Zusagen entziehen, sondern wir wollen die Offenheit und Wachsamkeit für das eigentliche Geschehen fördern.

Mit der Realität verbunden bleiben – 4 Fragen

So wie den Auftraggeber bereiten wir auch die an der Veränderung Beteiligten auf den Faktor X vor. Für uns ist dies eine “Einladung”, mit der Realität verbunden zu bleiben. Das kann durchaus etwas Leichtes und Spielerisches haben und durch Fragen eingeleitet sein wie beispielsweise:

Wie funktioniert die Adaptionsfähigkeit von Organisationen?

Der Umgang mit dem Faktor X ist wichtiger Bestandteil der Adaptionsfähigkeit von Organisationen und damit eine elementare Komponente der Lebensfähigkeit einer Organisation.

Vielleicht kennen Sie den Film “The Monkey Business Illusion” von Daniel J. Simons: Zwei Mannschaften spielen Ball, ein Team ist weiß, das andere schwarz gekleidet. Aufgabe ist es, den Ballwechsel des weißen Teams zu zählen und sich überraschen zu lassen…

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Die Faktor-X-Perspektive einnehmen

Dazu möchte ich eine These aufstellen: Als Facilitatoren wissen wir, dass es in jedem Prozess Tabus, Unbewusstes und Un­gewolltes gibt. Dies können durchaus Faktor­X­Themen sein. Bisweilen ist es für den Prozess hilfreich, diese Themen achtsam in den Raum zu holen.

Wir sehen es als unsere Rolle, dann stellvertretend fehlende Positionen oder Stimmen einzunehmen. Beispielsweise in der Form: “Wenn ich als betroffener Mitarbeiter hier sprechen würde, würde ich xy denken und fühlen…” oder “Als Ihr Kunde könnte ich xy denken…”.

Die Stellvertreterposition

Diese Stellvertreterpositionen sind für uns ein Angebot an die Gruppe. Wenn das Angebot Resonanz findet, bleiben wir an dem Aspekt dran. Hat es keine, verlassen wir die Fährte, weil sie entweder nicht stimmt oder im Moment nicht ansteht.

Arbeitet man als Facilitatorteam, ist es gerade in solchen Phasen hilfreich, sich die Rollen sauber zu teilen. Der eine übernimmt fehlende Stimmen oder Positionen und macht Angebote, der andere bleibt in der Prozessführung.

Facilitator-Selbstcheck

Voraussetzung für den erfolgreichen Change-Prozess ist immer wieder der sinnvolle “Facilitator­ Selbstcheck”. Dabei helfen Fragen wie:

Diese und ähnliche Fragen helfen uns im Prozess beweglich und offen zu bleiben.

Fazit

Der Faktor X ist Bestandteil des Lebens und deshalb auch in Changeprozessen naturgegeben. Betrachten Sie ihn als eine Einladung zur Offenheit – sowohl nach außen als auch nach innen.

Der Faktor X ist der Schlüssel, um Wandel erfolgreich zu gestalten, da er wie ein permanenter Realitycheck und Impulsgeber wirkt und unsere Adaptionsfähigkeit sichert. In anderen Worten: Er hält uns lebendig und ist unsere Verbindung zum Tanz des Lebens.


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