Wir sind tagtäglich von Lügen umgeben, viel mehr als wir glauben. Doch warum können wir anderen nicht bedingungslos vertrauen? 5 Erkenntnisse.

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Machen Sie es anderen nicht zu leicht

Jane Sullivan gibt bereitwillig zu, es dem Geschäftsführer einer Investmentfirma leicht gemacht zu haben, sie um 250.000 Dollar zu erleichtern – ihre Ersparnisse für den Ruhestand. Jane hatte in eine Diamantenmine in Südafrika investiert; es handelte sich dabei um ein Projekt, das von der Chicagoer Immobiliengesellschaft WexTrust Capital geleitet wurde. Der Geschäftsführer sagte ihr selbstbewusst über 30 Prozent Gewinn voraus, es handelte sich also um ein verlockendes Angebot.

Aber während viele dieses Angebot aufgrund der enormen Erträge als suspekt betrachtet hätten – oder einfach nur als enorm riskant –, hatte Jane beschlossen, Nägel mit Köpfen zu machen und eine Viertelmillion Dollar zu investieren. Einige Monate später kam jedoch alles ans Licht. Der Geschäftsführer hatte ein klassisches Schneeballsystem organisiert – mit frühen Investoren, die einträgliche Profite von jenen erzielten, die sich weiter unten in der Hierarchie befanden. Und zu Janes Leidwesen stellte sie später fest, dass sie die letzte Investorin war, bevor die Börsenaufsichtsbehörde auf den Plan trat.

Warum fallen intelligente Menschen auf verurteilte Betrüger herein?

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Jane ist in finanziellen Angelegenheiten keineswegs eine naive Anfängerin. Sie hatte einen MBA an einer der renommiertesten BusinessSchulen der Welt erworben, ein florierendes Geschäft in Paris auf den Weg gebracht und erfolgreich Immobilien gekauft beziehungsweise verkauft, bevor sie im Alter von nur 50 Jahren nach New York zog, um dort von ihren Kapitalerträgen zu leben. Wie konnte sie also einem solchen Betrug zum Opfer fallen? Warum konnte der Geschäftsführer sie so um den Finger wickeln? »Ich war einfach nur dumm«, gesteht sie sich ein. »Ich sah Dinge, die mir fragwürdig erschienen, und ignorierte sie. Ich wollte einfach glauben, dass alles wahr ist.«

Es war nicht so, dass der Geschäftsführer ein aalglatter Wall-Street-Händler war. »Er war eine extrem widerliche Person. Er schwitzte stark und war fettleibig«, erinnert sich Jane an ihr erstes Treffen mit ihm. »Aber er war sehr umgänglich. Innerhalb weniger Minuten hatte ich das Gefühl, dass ich ihn kennen würde und er ein guter Freund wäre.« Joseph Shereshevsky war jedoch ein verurteilter Betrüger, der sich 2003 des Bankenbetrugs für schuldig bekannt hatte. Aber davon wusste Jane natürlich nichts. »Er weiß, wie man Menschen um den Finger wickelt. Das ist sein großes Talent – am Ende des Gesprächs hatte ich eine Menge Fragen gestellt, viele Daten eingesehen und unzählige Anekdoten von ihm gehört.«

Wie man Menschen um den Finger wickelt

Was ihre Aufmerksamkeit besonders auf sich gezogen hatte, war die Aussicht darauf, 30 bis 80 Prozent Gewinn zu machen – und das für mindestens sechzehn Jahre. Das schien zwar unglaublich, aber schließlich handelte es sich um eine Diamantenmine. Sie besprach das Geschäft mit ihrem Schwager, einem erfahrenen Investor, der bereits Millionenumsätze getätigt hatte. Auch er war von den potenziellen Erträgen fasziniert, und so trafen sie sich einige Male mit Shereshevsky, um mehr über das Projekt und über Diamantenminen im Allgemeinen zu erfahren. Aber während Jane zunehmend Interesse an der Investition fand, entdeckte sie zugleich eine Reihe von Ungereimtheiten in den Unterlagen – Zahlen, die keinen Sinn ergaben, erhebliche Mängel in Rechtsurkunden –, auf die sie Shereshevsky ansprach.

»Jedes Mal hatte er eine Antwort parat. Es war nicht unbedingt eine Antwort, der ich besonderen Glauben schenkte. Aber weil er mir überhaupt antwortete, hörte ich einfach auf, mir Sorgen über eventuelle Probleme zu machen.« Normalerweise ist Jane eine äußert scharfsinnige Geschäftsfrau. Solche Fehler hätten ihr zumindest mangelnde Professionalität suggerieren müssen – und ein hohes Risiko, das sie einging. Was also war der Grund dafür, dass sie ein solch gravierendes Fehlurteil traf? Warum sprang sie nicht rechtzeitig ab? Sie ist bemerkenswert offen in ihrer Selbsteinschätzung: »Ich war von der Gier geblendet. Ich wollte das alles glauben.«

Lügen in der Geschichte

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Täuschung und Verrat waren schon immer ein fester Bestandteil des menschlichen Lebens. Die frühesten Belege in der Geschichte und die Überlieferungen, auf denen unsere Weltreligionen und Kulturen beruhen, offenbaren eine endlose Flut an Lügen, die verbreitet wurden, um an Nahrung, Sex und Macht zu gelangen:

Vertrauen kontra Täuschung: Ein evolutionäres Wettrüsten

In Ordnung: Wir müssen vertrauen, um zu überleben. Paradoxerweise müssen wir aber auch lügen, um zu überleben. Täuschung verleiht all jenen, die damit davonkommen, einen deutlichen Vorteil. Genauso – und das macht es noch komplizierter – tut dies aber auch das fachkundige Aufdecken von Lügen. Werfen wir wieder einen Blick auf unsere Vorfahren, um nachzuvollziehen, warum beides zutrifft. Stellen Sie sich einmal einen Stamm von Urzeitmenschen während einer Hungersnot vor. In Zeiten, in denen Nahrung noch in Hülle und Fülle vorhanden war, ergab es durchaus Sinn zu teilen.

Da sich die Stammesmitglieder sicher waren, über ein konstantes Angebot zu verfügen, konnten sie es sich leisten, anderen gegenüber großzügig zu sein und so etwas zum Wohlergehen des Stammes beizusteuern. Als aber die Nahrung knapp wurde, hatten Stammesmitglieder, die geheime Vorräte anlegten, eine größere Überlebenschance … vor allem, wenn sie logen und behaupteten, nicht über gehortete Lebensmittel zu verfügen. Umgekehrt hatten andere Mitglieder des Stammes einen Überlebensvorteil, wenn sie die Lügen ihrer unehrlichen Brüder erkannten und die Hamstervorräte für sich selbst beanspruchen konnten.  Und so begann das evolutionäre Wettrüsten.

Die Kunst des Lügens ist fest im menschlichen Gehirn verankert

Leben wir wirklich in einer unehrlicheren Zeit? Sind Menschen heutzutage wirklich so viel weniger vertrauenswürdig als noch vor 100 Jahren? Unwahrscheinlich. Das menschliche Wesen hat sich im Lauf der Zeit kaum verändert. Die Kunst des Lügens – wenn es denn eine ist – scheint fest im menschlichen Gehirn verankert zu sein. Menschen, die weder lügen noch Lügen erkennen können, sind – sozial gesehen – im Nachteil. Es gibt sogar Belege dafür, dass die Unfähigkeit, zu täuschen oder Täuschungen als solche zu erkennen, ein Indiz für eine atypische Gehirnentwicklung ist.

In einer Studie, die britische Forscher in Zusammenarbeit mit der Universität Halle 2006 zum Thema erstellten, kamen übrigens auch die Deutschen nicht gut weg. Die Mehrheit von ihnen hält sich offensichtlich nicht an die Gesetze, und den Erhebungen zufolge scheint Mogeln, Tricksen und Betrügen auch in Deutschland an der Tagesordnung zu sein – da werden ohne Skrupel Mängel beim Verkauf des Gebrauchtwagens verschwiegen, Fernsehgebühren nicht bezahlt, überhöhte Forderungen an Versicherungen gestellt oder man lässt heimlich etwas Büromaterial mitgehen.

Wer lügt wann?

Das eigene Verhalten wird dabei oft als Reaktion auf die unmoralischen Verhältnisse in Gesellschaft und Wirtschaft gerechtfertigt. Gerade Unehrlichkeit am Arbeitsplatz ist also viel umfassender und kommt wesentlich häufiger vor, als die meisten Menschen glauben können oder wollen. Eine weitere Studie ergab, dass im Lauf einer Woche zahlreiche Lügen aufgedeckt wurden, und zwar in

Von diesen Kommunikationsformen hinterlassen nur E-Mails und Kurznachrichten einen schriftlichen Beleg, was erklärt, warum sie scheinbar aufrichtiger sind. Wenn man im Homeoffice oder allein in einer Filiale arbeitet, entfernt man sich dennoch weit vom reichen Fundus subtiler Informationsübermittlung.

Lügen und Manipulation – Typische Situationen in 5 Schritten erkennen

Jene von uns, die täglich ins Büro gehen, treffen ihre Kollegen wenigstens auf dem Weg zur Toilette oder auf dem Parkplatz. Aber der angespannte Kiefer des Partners, wenn er wütend ist, der flüchtige Blick, den ein Manager seinem Assistenten zuwirft, das schiefe Grinsen des Chefs, wenn er eine unangenehme Aufgabe erteilt – alle diese mimischen Ausdrucksformen, die Hinweise auf die innere Verfassung des Gegenübers liefern, entgehen Millionen von Arbeitnehmern, die heutzutage von zu Hause aus ihrem Beruf nachgehen. Es ist mittlerweile üblich geworden, Geschäfte mit Menschen abzuschließen, die man niemals persönlich kennengelernt oder gesprochen hat.

1. Wir werden 200 Mal täglich belogen

Aber das ist noch lange nicht alles. Verschiedene Wissenschaftler konnten mit ihren Studien belegen, dass die meisten von uns täglich an die 200 Mal belogen werden. Wenn man zu den Glücklichen zählt, denen acht Stunden Schlaf pro Nacht vergönnt sind, heißt das umgerechnet, dass man mit circa zwölf Lügen pro Stunde konfrontiert wird. Die Mehrzahl dieser 200 Unwahrheiten besteht aus sogenannten Höflichkeitslügen, die man äußert, um ein Gespräch am Laufen zu halten.

2. Achtung Manipulation

Höflichkeitslügen sind nicht das Problem. Schwer wiegen aber die etwa zehn Lügen, die wir tagtäglich hören und die – wenn wir um sie wüssten – unsere Entscheidungen beeinflussen würden, die wir im Hinblick auf unsere Karriere, Branche, engsten Beziehungen und unser Privatleben treffen:

3. Gefährliche Lügen

Solche Lügen sind gefährlich. Sie nicht zu bemerken ist wie ein Hinweisschild zu übersehen, das vor Treibsand warnt. Doch zum Glück kann man mit ein klein wenig Übung verräterische Signale deuten lernen, sodass man Täuschungsversuche auf Anhieb erkennt. Nur selten wird eine Lüge dann noch durchs Netz schlüpfen. Um dieses Ziel zu erreichen, möchte ich Ihr Hintergrundwissen erweitern und einen historischen Rückblick vornehmen: Zunächst einmal sollten wir uns mit der Frage befassen, warum und wie Lügen in unserer Kultur so Überhand nehmen konnten. Und wir sollten uns die Frage stellen, über welche Lügen wir uns wirklich Sorgen machen sollten.

4. Schlechte Nachrichten für die Geschäftskultur

Die Einschätzung, wie es um unsere Geschäftskultur bestellt zu sein scheint, wirkt noch düsterer, wenn man Folgendes bedenkt:

5. Lügen als Fähigkeit zu überleben

Professor Simon Baron-Cohen, Leiter des Forschungszentrums für Autismus an der Cambridge Universität, erklärt, dass autistische Kinder nicht immer erkennen, dass Menschen Dinge sagen, die sie nicht meinen. »Für ein autistisches Kind gibt es nur eine Version der Realität«, erklärt Baron-Cohen. »Die andere Version – die Welt der Überzeugungen und Absichten – ist vielleicht eine, in die es selten Einblick erhält oder die es zu langsam oder zu spät begreift.

Dies sagt uns etwas sehr Wichtiges: dass zu den Fähigkeiten, die man benötigt, um zu überleben und in einem sozialen Umfeld zurechtzukommen, das Lesen von Gedanken und das Erkennen von Absichten und Wünschen gehören – und dass die Fähigkeit zu täuschen vielmehr ein Hinweis dafür ist, dass ein Kind typische soziale Fähigkeiten entwickelt.« Lügen scheinen daher ein essenzieller, wenngleich manchmal weniger begrüßenswerter Bestandteil menschlicher Interaktion zu sein. Und wie zuvor bemerkt betrifft dies nicht nur die menschliche Spezies! Beispiele, wie Tiere lügen, nennt die Fachliteratur in Hülle und Fülle:

Der wahre Gewinn der Wahrheit

Natürlich hat es einen praktischen Nutzen, wenn man schnell lernt, wem man vertrauen kann. Wenn ein Personalleiter die Wahl hat, zwischen zehn makellos gekleideten Bewerbern zu wählen, kann er auf diese Weise rasch herausfinden, wen er einstellen sollte. Wenn ein Geschäftsführer es mit einer Handvoll Journalisten zu tun hat, die ein persönliches Interview mit ihm führen wollen, kann er zuverlässig einschätzen, wer eine wahrheitsgetreue Story abliefern und auf eine »Eigeninterpretation« verzichten wird. Ein Berater kann souverän einen Klienten oder Arbeitgeber aussuchen, der ihn auch pünktlich bezahlen wird.

Doch wir gehen nicht ins Fitnessstudio, um kräftiger zu werden und immer mehr trainieren zu können. Wir halten uns vielmehr fit, weil wir nach jedem anstrengenden Workout das gute Gefühl haben, voller Energie zu sein, und weil wir so unsere Chancen verbessern, ein langes, gesundes Leben zu führen. In ähnlicher Weise lernt man das Aufdecken von Täuschungen nicht deshalb, um jemanden als Lügner zu entlarven. Wir schulen unsere Fähigkeiten vielmehr, um unsere Beziehungen zu stärken und einen kleinen Kreis bedingungslos treuer, zuverlässiger Kollegen und Freunde um uns zu scharen, unsere Instinkte zu schärfen, unsere Produktivität zu steigern, mehr Ver trauen in uns selbst zu gewinnen und unser Arbeitsumfeld zu verbessern. Es geht nicht darum, andere einfach nur der Lüge zu überführen. Im Vordergrund steht vielmehr, auf lange Sicht ein Umfeld zu schaffen, in dem wir unseren Mitmenschen vertrauen können.


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