Die Digitalisierung verändert, wie wir nicht nur heute sondern auch in Zukunft leben und arbeiten. Digitale Tools, Chat-Bots und Künstliche Intelligenz sind dabei nur frühe Vorboten für das, was noch kommt. Doch der Mensch sollte dabei stets im Mittelpunkt stehen.

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Digitale Veränderungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Unternehmen bedeuten die digitale Entwicklungen tiefgreifende Veränderungen. Ich bin überzeugt, dass die digitale Transformation der Arbeit jedoch erst am Anfang steht. Wir sehen derzeit bereits digitale Services für die Kunden und selbstverständlich sind digitale Tools Normalität im Arbeitsalltag.

Doch scheint mir das lediglich eine erste sichtbare Ausprägung der digitalen Transformation zu sein. In den Unternehmen der Zukunft wird sehr anders gearbeitet werden, als wir es heute tun. Und wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass diese tief greifenden Veränderungen der Arbeitswelt nicht nur begrüßt werden, sondern dass es auch Mitarbeiter geben wird, die darauf mit Ängsten und Unverständnis reagieren.

Fortschritt macht nicht arbeitslos

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Arbeit hat sich seit Jahrhunderten kontinuierlich weiterentwickelt. Vor welchen Herausforderungen standen die Menschen, als Dampfmaschinen in die Fabrikhallen einzogen und die Fließbandfertigung in die Produktion einzog. Sie führten zu enormen Produktivitätssteigerungen, gerade für relativ gering qualifizierte Arbeitskräfte. Und einige können sich vielleicht noch erinnern, mit welchen Weltuntergangsszenarien die Einführung von PCs in Unternehmen in den 1980er-Jahren einhergingen, nach dem Motto (und Spiegel-Titel) “Fortschritt macht arbeitslos”.

Und haben diese Fortschritte in der Informations- und Kommunikationstechnologie, bei programmierbaren Maschinen und in der Automatisierungstechnik nicht auch Vorteile für hoch qualifizierte Arbeitskräfte mit sich gebracht? Die Geschichte der Arbeit zeigt, dass eine grundlegende Transformation nicht das Ende der Arbeit bedeuten muss.

Der Mensch als Mittelpunkt des Wirtschaftsgeschehens

Aber jede grundlegende Veränderung der Bedingungen von Arbeit wird die Anforderungen an ihre Quantität und Qualität verändern. Ich bin überzeugt davon, dass der Mensch auch in Zukunft im Mittelpunkt des Wirtschaftsgeschehens stehen wird.

Und dass wir qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Zukunft mehr denn je brauchen werden, insbesondere in der Dienstleistungsbranche. Die neue Arbeitswelt wird aber geprägt sein von neuen digitalen Werkzeugen, neuen digitalen Prozessen und neuen Berufsbildern, die viel grundlegender als bisher von digitalen Kompetenzen abhängen.

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Die Veränderungen der Arbeitswelt auf digitale Tools oder digitale Geschäftsmodelle allein zurückzuführen greift in meinen Augen allerdings zu kurz. Natürlich ist die digitale Transformation ein prägender Trend für die Arbeit der Zukunft. Ich halte   allerdings zwei weitere Trends für ebenso relevant, ohne die das Arbeitsumfeld von morgen nicht zu verstehen sein wird.

1. Vom Arbeitgeber- zum Arbeitnehmermarkt

Zunächst müssen sich Personalverantwortliche damit auseinandersetzen, dass das gesellschaftliche und wirtschaftliche Umfeld sich grundlegend verändert hat. Vereinfacht ausgedrückt: vom Arbeitgeber- zum Arbeitnehmermarkt. Die Jugendarbeitslosigkeit ist in Deutschland im Vergleich zu vielen anderen europäischen Ländern sehr gering. Es herrscht eine gute Stimmung am Arbeitsmarkt. Oft können sich Fachkräfte aussuchen, welche Stelle sie annehmen.

Es genügt meist nicht mehr, nur ein attraktives Package anzubieten, um gute Bewerber für ein Unternehmen zu gewinnen. Fragen der Kultur und der Kommunikation in Unternehmen gewinnen an Bedeutung für Bewerber. Unternehmen sollten daher im Employer Branding und in der Ansprache zukünftiger Bewerber die “Digitalität” deutlicher als in der Vergangenheit in den Vordergrund stellt. Und statt standartisierten Stockbildern Fotos direkt aus dem Unternehmen nutzen. Damit können sich Arbeitgeber ganz gezielt von der Konkurrenz abheben – für eine neue Generation von zukünftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

2. Sinn und Selbstverwirklichung

Ein weiterer Trend sind die veränderten Arbeitsvorstellungen junger Berufseinsteiger. Soziologisch betrachtet haben wir heute in den meisten Unternehmen fünf Generationen in Arbeit. Dazu gehören die Traditionalisten, die Baby Boomer, die Generation X, Y und Z. Auch vor der Digitalisierung arbeiteten verschiedene Generationen in einem Unternehmen zusammen. Und doch scheinen mir mit Blick auf die Bedeutung der Arbeit für die eigene Lebenszufriedenheit und auf die Gewichtung zwischen Karriere und Privatleben einige bisher unumstößliche Gewissheiten in den Unternehmen wie selbstverständlich hinterfragt zu werden.

Anstatt um die Linienkarriere geht es jungen Menschen zunehmend um Sinn und Selbstverwirklichung. Statt Führungskräfte wollen sie Coaches als Vorgesetzte. Nicht mehr der von oben herab mit harter Hand führende Dirigent, sondern die pfleglich mit ihrer Arbeitszeit umgehende Führungskraft, mit der sie direkt und auf Augenhöhe Kontakt aufnehmen können, ist der neue Idealtypus. Der Manager wird zum Coach, Unternehmensbereiche zur Community und die Organisation zum kollaborativen und fluiden Netzwerk. Für die jüngste Generation in Unternehmen sind bereits heute die Unterschiede zwischen der eigenen Lebenswelt und der Berufswelt enorm.

Arbeitsorganisation muss sich ändern

Wie wir in Unternehmen organisiert sind, wie wir arbeiten, wie wir führen, welche digitalen Tools genutzt werden – all das scheint derzeit für die meisten unserer jüngsten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein eigener Kosmos zu sein. Und es wird die Aufgabe der Personalmanager sein, diese unterschiedlichen digitalen Erfahrungswelten zwischen Berufs- und Privatleben zu überwinden.

Und der Zeitpunkt dafür könnte nicht besser sein. Das Bedürfnis nach mehr Selbstbestimmung und Mobilität bei Mitarbeitern ist zweifelsohne vorhanden. Gleichzeitig bietet die Digitalisierung Unternehmen völlig neue Möglichkeiten, auf diesen Bedarf mit smarten Lösungen zu reagieren und die Arbeit anders und flexibler zu organisieren. Hier ist eine neue Dynamik zu beobachten, von der Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen profitieren können.

Chancen für Personalverantwortliche

Für Personalverantwortliche ist dies die Chance, mit individualisierten und intelligenten Digitalangeboten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf ihrem Weg zu mehr Selbstbestimmung und Flexibilität zu unterstützen. Das kann einerseits durch eine konsequente Digitalisierung der eigenen Angebote geschehen. Beispielsweise mit “Digital Classrooms”, die eine Alternative zu organisatorisch aufwendigen (und kostenintensiven) Treffen darstellen, zeitintensive An- und Abreisen überflüssig machen und auch von zu Hause nutzbar sind.

Zu den künftigen Aufgaben der HR wird es gehören, Management und Mitarbeiter zu befähigen, komplexe Themen mittels der richtigen Technologie zu bewältigen. In meiner Beobachtung waren Personalabteilungen in der Vergangenheit sehr gut darin, komplexe Herausforderungen in Prozesse zu überführen und sie zu managen.  Wenn die Herausforderungen jedoch immer komplexer werden, dürfen Prozesse nicht ebenfalls komplexer werden. Der Anspruch sollte sein, komplexe Probleme mit schlanken, einfachen Prozessen zu lösen. Und ich bin überzeugt davon, dass der Schlüssel zu dieser schlanken, einfacheren Welt in den digitalen Tools liegt.

Agile Organisationen

Wer jedoch unter Digitalisierung ausschließlich mehr Online-Tools und ein einige neue Möglichkeiten der Datenauswertung versteht, unterschätzt die tief greifenden Auswirkungen auf die Arbeitswelt. Der Treiber hier heißt: Agilität. Schnellere und dezentralisierte Entscheidungen, mehr Transparenz, mehr Vertrauen, mobiles Arbeiten, veränderte Verantwortlichkeiten – das sind die Herausforderungen, vor denen jede Organisation in der digitalen Transformation steht, Agilität darf aber  nicht nur ein Motto sein oder nur eine Methode.

Agile Organisationen wird es nur geben, wenn es gelingt, ein neues Mindset bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu etablieren. Agilität braucht die passende Kultur und eine entsprechende Struktur im Unternehmen, um zu funktionieren.

IT als Vorreiter

In den meisten Unternehmen gehört die IT zu den Ersten, die sich konsequent auf agile Arbeitsweisen ausgerichtet haben. Die zunehmende Digitalisierung des Geschäftsmodells eines Touristikkonzerns steigert die Komplexität und die gegenseitigen Abhängigkeiten von Prozessen innerhalb eines Unternehmens.

Die IT-Bereiche sind hier besonders gefordert. Weshalb es wenig überrascht, dass man dort vorweggeht. Das lässt erahnen, welche Dimensionen das größte Handlungsfeld zukünftiger HR-Arbeit in agilen Organisationen sein werden: Haltung und Menschenbild.

4 Strukturelle Veränderungs-Tipps für Unternehmen

Die aktuellen Marktentwicklungen und die Herausforderung an schneller werdende Produktenwicklungszyklen erzeugen weiterhin Veränderungsdruck. Diesem Druck sollten Unternehmen auf folgende Weise begegnen:

  1. Unternehmen sollten daher die grundlegenden Werte dieser neuen Arbeitsweise festlegen. Darin sollten unter anderem Individuen und Interaktionen Vorrang vor Prozessen und Werkzeugen eingeräumt werden. Und statt sich stoisch an einem Plan festzuhalten, sollte dazu aufgerufen werden, sich auf Veränderungen einzulassen.
  2. Eine agile Arbeitsweise einzuführen heißt nicht, “das Problem” zu lösen – sondern ein Umfeld zu schaffen, in dem in Zukunft den Herausforderungen von Mitarbeitern und Führungskräften optimal begegnet werden kann. Denn dass Veränderung auf Veränderung folgt, ist die neue Normalität.
  3. Um die Zusammenarbeit zu unterstützen und die Verzahnung einzelner Fachbereiche zu gewährleisten, kann die IT in eine Matrixorganisation überführt werden, welche die Teams und Mitarbeiter funktionsübergreifend verbindet.
  4. Ziel von Unternehmen sollte es außerdem sein, bestehendes Abteilungs-Silo-Denken aufzubrechen, Fachleute aus unterschiedlichen Bereichen anlassbezogen zusammenzuführen und so die Zusammenarbeit effizienter zu gestalten.

Unsicherheit in Zeiten des Wandels

Die neue Struktur und die neue Arbeitsweise führten in der operativen Umsetzung zunächst bei einigen Beteiligten zu Unsicherheit und Unklarheiten in den Rollen, Verantwortlichkeiten und Aufgaben und daraus resultierend zu einer erhöhten Belastung und Fluktuation. Die neue Arbeitsweise erforderte eine enge Begleitung und Unterstützung seitens der Führungskräfte und HR.

Die Organisationsform ist für Führungskräfte, Mitarbeiter und Arbeitnehmervertretung neu. Ihre Besonderheit liegt vor allem darin, dass eine agile Matrixorganisation – die neue Welt – in einem klassisch geprägten, gewachsenen Konzern mit einer traditionellen und starke Gremienstruktur – der alten Welt – etabliert wurde. Ich halte dieses Vorgehen geradezu für ein Kennzeichen der neuen Zeit: Statt ein ausgefeiltes, überkomplexes Konstrukt in einer Gesamtorganisation einzuführen, wurde in einem Bereich vorweggegangen. Diese Herangehensweise könnte man auch nennen: Freedom within a Framework.

Unternehmen müssen Leitplanken definieren

In allen Bereichen sollten Unternehmen diesen Ansatz verfolgen, der darauf baut, zentral die Leitplanken zu definieren und lokal beziehungsweise regional (oder wie hier in einer bestimmten Abteilung) über die konkrete Umsetzung entscheiden zu lassen. Richtig ist, dass die klassischen und hierarchischen Strukturen, Kommunikations- und Reportingstrukturen um diese “agile Insel” herum vorerst bestehen bleiben.

Darüber hinaus bleiben gesetzliche Rahmenbedingungen, die im industriellen Zeitalter begründet wurden, relevant und müssen bei der Ausgestaltung solcher Experimentierräume im Unternehmen berücksichtigt werden. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sehen sich mit ihren Bedürfnissen nach Zugehörigkeit, vertrauensvollen Arbeitsbeziehungen und Sicherheit konfrontiert, die in einer agilen Matrixorganisation völlig neu definiert werden müssen. Die Entwicklung von vertrauensvollen Beziehungen benötigt Zeit und Erfahrung und kann nicht durch eine Strukturveränderung verordnet werden. Die Digitalisierung mag revolutionär sein – das Verhalten von Mitarbeitern in Unternehmen wird sich nur evolutionär, schrittweise verändern.

Fazit: An der Digitalisierung führt kein Weg vorbei

An der Digitalisierung führt kein Weg vorbei. Automatische Spracherkennungssysteme haben inzwischen bei der Erkennung von Wörtern aus einer Konversation eine ähnliche Fehlerrate wie Menschen. Googles Übersetzungssystem kennt 103 verschiedene Sprachen und übersetzt täglich über 140 Milliarden Wörter.

Viele Routinetätigkeiten, für die wir heute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen, werden in Zukunft von Systemen mit künstlicher Intelligenz übernommen werden können. Und dennoch bin ich zutiefst davon überzeugt: Auch in Zukunft werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Unterschied machen – wenn es gelingt, ihnen in Unternehmen das richtige Umfeld für ihre Arbeit zu bieten.


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