Manchmal stolpert man zufällig über Themen, bei denen es mir spontan schaudert. Denn ganz nebenbei erfährt man aus einer Pressemitteilung des Vereins Quality employer branding, kurz Queb e.V., wie gängig es offenbar mittlerweile an Hochschulen ist, Lehrveranstaltungen durch Unternehmen sponsoren zu lassen. Das Wort Hochschulmarketing erfährt dabei eine völlig neue Bedeutung.

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Hochschulmarketing im Zwielicht

Hochschulmarketing ist traditionell der Versuch, Studierende von den Qualitäten der eigenen Hochschule zu überzeugen.

Nun bekommt das Wort eine ganz neue Bedeutung: Sponsoren davon zu überzeugen, die Kosten für einzelne Lehrveranstaltungen zu übernehmen.

Gute Bildung ist nicht nur für den Arbeitsmarkt

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Eine Praxis, die ich mit gemischten Gefühlen sehe. Zum Beispiel auch, weil bestimmte wirtschaftsnahe Fächer eher in den Genuss einer Förderung kommen, andere aber hintenrunter fallen. Zudem darf sich gute Bildung eben nicht primär an den Erfordernissen des Arbeitsmarktes ausrichten:

Zu sehr ist dieser wirtschaftlichen Schwankungen unterworfen. Gerade auch im Hinblick um die heftigen Diskussionen zum Thema Fachkräftemangel sind solche Verknüpfungen mit Vorsicht zu genießen.

Alternativen zu staatlichen Geldern?

Nur zieht sich andererseits der Staat immer mehr von seinem Bildungsauftrag zurück und so ist es kein Wunder, dass die Hochschulen neue Finanzierungswege suchen – zum Beispiel in der privaten Wirtschaft.

Die wiederum profitiert auch von dieser Kooperation: Sie erreichen ihre Mitarbeiter in spe direkt an der Hochschule. Und auch die Studierenden könnten von den Unternehmenskontakten durch Praktika oder bei der Jobsuche profitieren. Eine Win-Win-Situation also für alle?

Unternehmen beklagen fehlende Transparenz…

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Irgendwie nicht. Denn die zahlenden Unternehmen beschweren sich nun – über angeblich mangelnde Transparenz, schlechte Organisation und zu viel Bürokratie. Der Unternehmensverband Queb, dem 44 Firmen wie die Allianz, die BASF oder die Deutsche Bahn angehören, hat nun sogar eine Pressemitteilung dazu herausgegeben.

Darin weist der Verein irreführend-euphemistisch auf die Bepreisung der Hochschulen durch Unternehmen (gemeint ist das Sponsoring!) hin. So heißt es:

„Generell unterstützt Queb eine Bepreisung solcher Veranstaltungen und hält sie in angemessenem Rahmen durchaus für legitim. Allerdings sollte Voraussetzung sein, dass die eingenommenen Mittel dann auch für eigenständige, zweckgebundene Initiativen der Hochschulen bzw. des jeweiligen Fachbereichs transparent verwendet werden. Sollte dies nicht der Fall sein, lehnt Queb eine solche Bepreisung entschieden ab.“

…oder zu wenig Einfluß?

Heißt wohl im Klartext, dass die Unternehmen mehr mitreden möchten bei der thematischen Gestaltung der Lehrveranstaltungen. Und auch der hohe bürokratische Aufwand, die Tatsache, dass vom  Lehrstuhl, über das Karrierecenter bis hin zum Facility Management alle mitreden wollen, stößt den Unternehmen übel auf.

Wie widersprüchlich, auf der einen Seite mehr Transparenz zu fordern, gleichzeitig aber auch über demokratische Entscheidungsprozesse zu beklagen!  Wohin die Reise gehen soll, wird allerdings klar, wenn man liest, was Susanne Hüsemann, Geschäftsführerin von Queb, zu sagen hat:

„Hinzu kommt, dass viele der Mitgliedsunternehmen von Queb die unzureichende Organisation der Veranstaltungen vor Ort beklagen – bei den Preisen kaum nachvollziehbar. Auffällig dabei ist außerdem noch, dass die Veranstaltungen, wenn diese über studentische Organisationen gebucht werden, häufig wesentlich günstiger sind, als wenn sie bei den Hochschulen direkt organisiert werden.“

„Die Studenten sind billiger!“

Sprich: Den Unternehmen sind die Preise zu hoch. Und da es ja bei studentischen Organisationen ja auch billiger geht, sollen es die Hochschulen doch bitte auch billiger machen. Zumal bei den Studenten der organisatorische Aufwand ja auch geringer ist. Finde nur ich, dass das ein wenig ist, wie Äpfel mit Birnen vergleichen?

Am Ende wird den Hochschulen auch noch ganz offen damit gedroht, ganz auf studentische Organisationen auszuweichen! Bildung, die wichtigste Resource unser wirtschaftlichen Zukunft, ist doch kein Ausverkaufsgut auf einem orientalischen Basar, um das man kostengünstig schachern sollte!

Breite Bildungsförderung statt kurzfristige Bedarfsdeckung

Wenn es Unternehmen ernst wäre mit ihrer Aussage, dass sie Bildung fördern, dann würden sie ein breites Bildungsangebot fördern und nicht nur zwckgebundene Verwendung der Mittel für Projekte, die nur den kurzfristigen Unternehmenszielen dienen.

Transparenz ist sicherlich sinnvoll – aber dann auch bitte Transparenz über die Ziele der Unternehmen und ihren Einfluss auf die Lehrinhalte! Sonst besteht die Gefahr, dass aus Lehrinhalten ganz schnell Leerinhalte werden!

Fachkräftemangel in den Medien: Eine bequemes Thema!

Das ist übrigens ganz ähnlich wie beim Dauerbrenner-Thema Fachkräftemangel. Man sollte z.B. meinen, diverse Studien tragen dazu bei, das Thema Fachkräftemangel in Deutschland differenzierter zu sehen. Das Argument ist aber so zäh wie bequem – und die Wirtschaftspresse bemüht es fröhlich weiter.

Wir erinnern uns: Erst vergangene Woche hatte Spiegel Online vorab die Ergebnisse einer Studie von Arbeitsmarktsforscher Karl Brenke (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) veröffentlicht, nach der wir in Deutschland gar keinen Fachkräftemangel haben. Die dementsprechenden Meldungen, die seit Monaten durch die Presse geistern, sind also falsch oder zumindest nicht ganz korrekt.

Unternehmerfreundliche Medien: Und sie machen fröhlich weiter!

Was aber nun irritierend ist: Trotz offenkundiger Zahlenbelege geistert das Märchen vom Fachkräftemangel auch in dieser Woche weiter durch die Presse – und zwar wohlgemerkt durch die seriöse Wirtschaftspresse! Dabei wäre nun wirklich dringend eine differenziertere Diskussion des Themas notwendig!

Beispiel 1: Manager Magazin

Das Manager Magazin etwa bedient weiterhin gewohnte Klischees: In einem Artikel über die steuerliche Benachteiligung von hinzuverdienenden Frauen kritisiert Arbeitsmarktforscher Eric Thode von der Bertelsmann Stiftung das geplante Betreuungsgeld, weil dadurch im Hinblick auf die Fachkräfteknappheit für den Arbeitsmarkt wichtiges Potenzial verloren ginge.

Und so wichtig und richtig wie ich den Tenor dieses Artikels auch finde, das Argument mit dem Fachkräftemangel wird auch hier einfach wieder kritiklos benutzt und nicht hinterfragt, um eine These zu stüzen – einfach weil man es halt kennt und weil das so bequem ist.

Beispiel 2: Wirtschaftswoche und Assoziierte

Die Wirtschaftswoche ist sicherlich nicht das einzige, aber doch eines der Medien, die das Thema Fachkräftemangel immer wieder gerne vertreten. 354 Suchergebnisse spuckt alleine die interne Suche auf wiwo.de zum Thema Fachkräftemangel aus – darunter diesen Text, der Arbeitskräfte als Mangelfaktor befürchtet:

Kein Wunder also, dass sich die diverse Journalisten daran gewöhnt haben, das Thema Fachkräftemangel bei jeder passenden Gelegenheit zu zitieren, wenn es um Employer Branding geht – und als eines der Argumente dafür auch den Fachkräftemangel nennen.

Ein ganz schlechtes Allheil-Argument

Sicher, es ist gut und richtig, dass Unternehmen sich im War for Talents rüsten und positionieren müssen – aber das Theme Fachkräftemangel darf nicht, zumindest nach der letzte Woche vorgelegten Studie, nicht als Panikargument herhalten, um Unternehmen von der Notwendigkeit des Employer Brandings zu überzeugen.

Umgekehrt wäre ein sofortiger Stopp sämtlicher Personal-Marketing-Aktivitäten nach dem Motto „Wir haben ja genug Leute, da müssen wir uns nicht anstrengen!“ genau so falsch. Was notwendig ist, ist eine differenzierte Betrachtung! Auch Recruiting-Expertin Eva Zils hält das in einem Kommentar auf meiner Facebook-Page für unseriös:

„Der Hype wird oftmals gerne auch von Dienstleistern aus der HRBranche vorangetrieben. Auch wenn ich selbst zu dieser Branche gehöre, verwende ich den Fachkräftemangel nur ungern als Verkaufsargument. Inzwischen ist das einfach ausgelutscht….“

Alles eine Frage der Berechnung?

Aber wer weiß, vielleicht liegt Karl Brenke ja völlig falsch mit seiner These? Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln hat auf Brenkes Aussage jedenfalls prompt reagiert: „Und es gibt ihn doch“ – titelten sie trotzig am 18. November 2010.

Nur um dem Autor der DIW-Studie dann gleich noch eine fehlerhafte Analyse vorzuwerfen – Brenke hatte seinerseits die Methodik des IW kritisiert. Kann sich also jeder die Ergebnisse suchen, die er gerade für seine Argumentation braucht? Es scheint fast so…


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