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Von Anne M. Schüller (Mehr) • Zuletzt aktualisiert am 03.08.2023 • Zuerst veröffentlicht am 25.03.2019 • Bisher 5397 Leser, 2541 Social-Media-Shares Likes & Reviews (5/5) • Kommentare lesen & schreiben
Sich selbst organisierende Mitarbeitereinheiten sind das favorisierte Zukunftsmodell, weil sie den rasch aufkommenden und zunehmend unvorhersehbaren Anforderungen der Zukunft besser gewachsen sind als das Kommandieren-Kontrollieren alten Stils.
Für Unternehmen, die neue Formen der Zusammenarbeit eingeführt haben, kursieren unterschiedliche Begrifflichkeiten, zum Beispiel diese: agile Organisationen, kollegial geführte Unternehmen, demokratische Unternehmen, dezentrale Organisationen, Netzwerkorganisationen, selbstorganisierte Unternehmen. Zwar gibt es dabei einige Unterschiede, doch im Kern ändert sich bei allen die Machtverteilung.
Statt Entscheidungen, wie in Linienorganisationen üblich, „nach oben“ zu verlagern, werden diese nun autonom dort gefällt, wo sie anfallen. Die parallele Einführung agiler Arbeitsmethoden sorgt für eine hohe Flexibilisierung und beschleunigte Arbeitsweisen. Die Führung gibt dabei nur noch die grobe Marschrichtung vor. Und sie schafft einen Rahmen, der Selbstorganisation möglich macht.
Eigenmotivation – und nicht Fremdbestimmung – ist dabei der zentrale Treiber. Hierzu definieren die Mitarbeiter ihre Ziele sowie die dazu notwendigen Mittel und Wege gemeinsam und übernehmen Verantwortung für die erbrachten Ergebnisse.
Nicht Vorgaben von Oben, sondern kollegial miteinander erstellte Vereinbarungen über die Art und Weise der Zusammenarbeit bestimmen das Vorgehen. Dies geschieht in einer Wertewelt aus Vertrauen, Heiterkeit, Transparenz, Verlässlichkeit und Commitment. Auch Disziplin und Konsequenz gehören dazu.
In selbstorganisierten Unternehmen werden Projektmärkte eingerichtet, damit sich jeder aus eigenem Antrieb dort einbringen kann, wo seine Talente den meisten Nutzen stiften. Hierdurch erlebt man Selbstwirksamkeit und erlangt Bedeutung. Sehr schnell kommt es zu einer fachlichen, menschlichen und motivatorischen Stärkung des Einzelnen.
Wie von Fesseln befreit wird eine enorme Energie freigesetzt. Weitere willkommene Nebeneffekte: Das Verständnis für Gesamtzusammenhänge im Unternehmen wächst, das unternehmerische Denken wird angeregt, der Wissenshorizont und die Expertise werden erweitert.
Verbesserungsideen, die den eigenen Bereich betreffen, werden im Team besprochen, entschieden und umgesetzt, es braucht also keinen Segen von oben. Interdisziplinäre Ideen gehen nicht an den Chef, sondern direkt an das jeweilige Team – oder in eine zentrale Ideenbank, die allen zugänglich ist. Wie in einem Regal werden dort Ideen zur Ansicht, zum Ausprobieren und zum Weiterentwickeln angeboten.
Führungskräfte können darauf vertrauen: In sich selbst organisierenden Einheiten entstehen Strukturen und Vorgehensweisen, die dem Unternehmenszweck dienen und außergewöhnliche Ergebnisse hervorbringen werden.
Hierzu braucht es ein Umfeld, das Vorschriften abbaut, auf Fehler smart reagiert, Vertrauen zulässt und Freiräume schafft. Leitplanken statt Handschellen, Empfehlungen statt Statuten und Mut zum Versuch sind die Devisen. All das macht eine Firma beweglich und anpassungsschnell.
Ja, Selbstorganisation gibt es auch in klassischen Unternehmen, allerdings nur auf den Hinterbühnen. Solche Selbstorganisation entsteht autogen, also aus sich heraus, um all das vernünftig abzuwickeln, was eine offizielle Organisation durch Vorschriften erschwert oder gar unmöglich macht. Die ausdrücklich gewollte Selbstorganisation holt dies aus der Schattenkultur auf die Vorderbühne und lässt es offiziell zu.
Nicht allen Mitarbeitern wird der Sprung in die Selbstorganisation auf Anhieb gelingen. In diesem Fall werden besser Trittsteine gelegt, um ein sanftes Hineingleiten in die neue Gestaltungsfreiheit möglich zu machen. Hierzu werden Grenzen als Orientierung benötigt, um ein Gefühl der Sicherheit zu bewirken.
Wie das aussehen kann? In einem Fall wurde den Mitarbeitern freigestellt, über die Höhe ihres Weiterbildungsbudgets autonom zu entscheiden. Dieses Angebot wurde aber nur sehr verhalten in Anspruch genommen.
Nachdem es dann Beispielbudgets pro Jahr und Mitarbeiter zusammen mit ein paar wenigen praktischen Regeln gab, wurde der Spielraum tatsächlich selbstbestimmt ausgeschöpft. Die Freiheit, über ein quasi unbeschränktes Budget verfügen zu können, hatte zunächst zu einer Verunsicherung geführt, die man zum Glück beseitigen konnte.
Um in die richtige Richtung zu steuern, lassen sich jenseits von Direktiven auch smarte Anstupser setzen. Dieser Ansatz ist durch den Wirtschaftsnobelpreisträger Richard H. Thaler als Nudging bekannt geworden. Auch dazu ein Beispiel: Es gibt Unternehmen, da kostet das Erstellen und Kontrollieren von Reisekostenabrechnungen praktisch genauso viel wie die Reisen selbst. Wie man das wegkriegt?
Das Kollektiv als Korrektiv funktioniert. Ganz prächtig sogar. Transparenz ist der Schlüssel. Anonymität, Geheimnistuerei, Misstrauen und Herrschaftswissen-Gedöns hingegen sorgen für eine vergiftete Unternehmenskultur mit all ihren bösen und teuren Folgen.
Die Systemforschung weiß längst: In der Selbstorganisation entsteht aus einer Eigendynamik heraus Ordnung. Zudem manifestiert sich der Wunsch nach einem guten Ergebnis, das ist evolutionär in den Genen der Menschen verankert.
Demnach sind Strukturen zu schaffen, die es möglich machen, dass die Mitarbeiter ohne Kontrolle von Oben vollumfänglich selbst agieren und eigenverantwortlich zum Erfolg kommen können. Solche Strukturen beinhalten auch Verhaltensgrenzen, die wie die Umrandung eines Fußballplatzes den groben Rahmen des Zusammenspiels definieren.
Dazu ein weiteres Beispiel: Bislang zahlte ein Unternehmen kräftig für Überstunden, um der ständigen Lieferverzögerungen Herr zu werden. Eines Tages entschied es sich folgendermaßen: Die Firma zahlt keine Überstunden mehr. Punkt. Werden verbesserte Liefertreue-Zielvorgaben erreicht, wird stattdessen ein Teambonus ausgezahlt.
Von nun an gingen die Mitarbeiter nicht nur pünktlich heim, was einer Produktivitätssteigerung von 20 Prozent entsprach, die Liefertreue stieg zudem beträchtlich. Wie das? Die Rahmenbedingungen änderten sich. Weitere Vorgaben hat man den Mitarbeitern nicht gemacht. Diese haben sich selbst organisiert, um die gemeinsamen Ziele zu schaffen.
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Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, Business-Coach und mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin. Vom Business-Netzwerk LinkedIn wurde sie wiederholt zur Top-Voice gekürt.Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Sie zählt zu den gefragtesten Rednern im deutschsprachigen Raum. Mehr als 20 Jahre lang hatte sie Führungspositionen in Vertrieb und Marketing verschiedener internationaler Dienstleistungsunternehmen inne und dabei mehrere Auszeichnungen erhalten. 2015 wurde sie für ihr Lebenswerk in die Hall of Fame der German Speakers Association (GSA) aufgenommen.Auf Kongressen, Tagungen, Events und Firmenveranstaltungen hält sie hochkarätige, mitreißende und praxisnahe Keynote- und Impulsvorträge zu den Themen Unternehmensorganisation und Mitarbeiterführung in der Next Economy, Touchpoint-Management, Kundenloyalität und Empfehlungsmarketing. Zu diesen Themen führt sie auch Power-Workshops durch. Ihr Touchpoint Institut bildet zertifizierte Touchpoint Manager aus. Zu ihrem Kundenkreis zählt die Elite der deutschen, österreichischen und schweizerischen Wirtschaft.Managementbuch.de zählt sie zu den wichtigsten Managementdenkern. Ihr Bestseller “Touch.Point.Sieg.” ist Trainerbuch des Jahres 2016. Ihr Bestseller “Das Touchpoint-Unternehmen” wurde zum Managementbuch des Jahres 2014 gekürt. Ihr Bestseller “Touchpoints” ist Mittelstandsbuch des Jahres 2012. Wenn es um das Thema Kunde geht, gehört sie zu den meistzitierten Experten. Mehr Informationen unter www.anneschueller.de und www.touchpoint-management.de Alle Texte von Anne M. Schüller.
Bei dem was in Deutschland so alles schief läuft, ist es kein Wunder dass immer mehr hochqualifizierte abwandern. Dennoch finde ich Ihre Bemühungen, Ihre Leser zu informieren, bewundernswert.
Ich würde einfach jedem raten: Macht Euch selbständig, macht Euer eigenes Ding. Ich habe zweimal meine Selbständigkeit aufgegeben und könnte mich dafür in den A… beissen dafür.
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