Cultural Fit meint die optimale Passung von Mitarbeitern zur Unternehmenskultur. Das ist mehr als ein Gefühl: Wissenschaftliche Modelle helfen bei der Umsetzung.

Cultural Fit Recruiting: Mit dem Riemann-Thomann-Modell zum perfekten Mitarbeiter

Die Vorteile des Cultural Fit Recruiting

Tobt der Sturm, ist es wichtiger denn je, die richtigen Leute an Bord zu haben. Diese zu gewinnen, gleicht in vielen Unternehmen einer Gratwanderung. Einerseits soll die Mannschaft eine hohe Diversität aufweisen, um innovativ und wettbewerbsfähig zu sein, andererseits muss auch alles unter einen Hut passen.

Cultural Fit Recruiting gewinnt dagegen an Bedeutung. Die Vorteile liegen auf der Hand: Gelingt es, die Unternehmenskultur abzubilden und Bewerber darauf zu matchen, können genau die eingestellt werden, die wirklich zum Unternehmen und der Strategie passen.

Wie definiert man eine Unternehmenskultur

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Wie die Erfahrung zeigt, ist es allerdings schwierig, die Kultur zu erheben. Sie zeichnet sich ja unter anderem dadurch aus, dass sie unser Denken und Verhalten im Unbewussten prägt und beeinflusst. Es braucht also ein Modell, das diese, unter dem Radar liegenden, Strömungen erfasst.

Weiteres Problem: Reine Persönlichkeitsmodelle werden der Komplexität, die sich entwickelt, wenn Menschen anfangen, miteinander zu interagieren, nicht gerecht. Glücklicherweise gibt es ein Modell, das einerseits tiefenpsychologische Wurzeln hat, sich aber ebenso für die Team– und Organisationsentwicklung eignet.

Das Riemann-Thomann-Modell: Geschichte und Hintergrund

1961 belegte Fritz Riemann in einer Studie, dass unser Verhalten von vier grundlegenden Ängsten geprägt wird. Er orientierte sich dabei an zwei elementaren Dimensionen, denen wir alle ständig unterworfen sind: Raum und Zeit. Wie er zeigen konnte, prägt unser individuelles Verhältnis zu diesen Dimensionen unsere Werte, Paradigmen und unser Verhalten in kritischen Situationen.

Nachdem der Ansatz über 25 Jahre im klinischen Bereich verwendet wurde, überführte ihn Christoph Thomann 1988 in die Beratung und entwickelte so das Riemann-Thomann-Modell. Anschließend wurde es von verschiedenen Psychologen und Sozialpsychologen in die Organisationsentwicklung, Führungspsychologie und interkulturelle Forschung übertragen.

Der Aufbau des Modells: Die Pole der menschlichen Psychologie

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Aus der Orientierung in Raum und Zeit ergeben sich zwei Achsen mit je zwei Polen. Diese beschreiben vier verschiedene Strebungen, denen Menschen folgen. Wichtig: Wir alle streben zu jedem der vier Pole, allerdings unterschiedlich stark. Je extremer die Ausrichtung zu einem Pol, desto größer ist zwar das Potenzial in diesem Bereich, aber auch das Konfliktpotenzial mit anderen Bereichen.

Nähe und Distanz

In Bezug auf das Leben im Raum bildet sich die Achse der Abgrenzung mit den Polen Nähe und Distanz. Ich kann mich entweder mit anderen verbinden und versuchen, gemeinsam etwas zu schaffen, oder mich zurückziehen und mein eigenes Ding machen.

Dauer und Wechsel

In Bezug auf das Leben in der Zeit ergibt sich die Achse der Berechenbarkeit mit den Polen Dauer und Wechsel. Ich kann Stabilität und Sicherheit anstreben oder mich dem Fluss des Lebens hingeben und versuchen, einfach immer das Beste aus der aktuellen Situation zu machen.

Die Umsetzung des Riemann-Thomann-Modell in 3 Schritten

Aber wie gelingt nun der Transfer ins Recruiting? 3 Schritte helfen dabei:

1. Verortung des Chefs und der Führungskräfte

Um neue Mitarbeiter passend zur bestehenden Kultur zu rekrutieren, muss zunächst die aktuelle Kultur bekannt sein. Dabei fällt der erste Blick auf den Unternehmer. Seine Persönlichkeit, Werte und Vorstellungen prägen das Unternehmen und das Verhalten seiner Mitarbeiter.

Wurde er verortet, folgen die Führungskräfte und das kulturprägende Feld des Unternehmens wird sichtbar. Wichtig: Es geht hier nicht um Gleichmacherei! Sonst fehlen die nötige Diversität und Reibung, aus denen Neues entstehen kann. Wichtig zu wissen: Weichen Führungskräfte vom Unternehmer ab, ist das genau richtig!

2. Die Heimatgebiete verschiedener Bereiche

Die verschiedenen Abteilungen im Unternehmen verfolgen unterschiedliche Aufgaben und Ziele. Ist der Unternehmer beispielsweise ein dynamischer, innovativer Wechsel-Typ, dann gleicht ihn der konservative Dauer-Typ aus dem Finanzwesen aus und hilft, den Betrieb zusammenzuhalten, während der kuschelige Dauer-Nähe-Kollege aus dem HR dafür sorgt, dass es nicht zu frostig oder flatterhaft wird.

An dieser Stelle wird deutlich, dass jeder Bereich im Unternehmen sein typisches Heimatgebiet im Modell hat. Ist man sich dessen bewusst, fällt es leichter, neue Mitarbeiter passend zu ihrer Aufgabe im Betrieb zu rekrutieren und weniger nach Sympathie und Ähnlichkeit, wie das sonst oft der Fall ist.

3. Mitarbeiter und die Ebenen des täglichen Miteinanders

Jetzt werden die Mitarbeiter der verschiedenen Abteilungen verortet und so die Teamfelder/Subkulturen der Organisation abgebildet.

Damit ist die Ebene des täglichen Miteinanders erfasst und neue Bewerber können passend zum Unternehmer, zum Charakter ihrer Abteilung, zum Teamfeld und ihrer direkten Führungskraft ausgewählt werden.

Fachliche Qualifikation bleibt wichtig!

Übrigens ersetzt Cultural Fit Recruiting mit dem Riemann-Thomann-Modell nicht das Matching der fachlichen Qualifikation. Es ergänzt dieses und verschafft einen Einblick in die tieferliegende Veranlagung der Bewerber.

Ein weiterer Vorteil: Das Modell kann Aspekte der Team- und Organisationsentwicklung integrieren, die bei der Entwicklung über die Zeit auftreten.

Fazit: Die Bedeutung des Riemann-Thomann-Modells für das Recruiting

So erhält beispielsweise Bewerber A die Zusage, weil er besser ins aktuell distanzierte und konformistische Team passt. Soll dieses Team im Rahmen einer strategischen Ausrichtung jedoch dienstleistungsorientierter und dynamischer werden, sollte Mitarbeiter B vorgezogen werden, da er den Zielzustand bereits verkörpert und somit hilft, das Team in die gewünschte Richtung zu entwickeln.

Auf diese Art und Weise können auch im Rahmen einer strategischen Neuausrichtungen der Organisation einzelne Tätigkeiten, Aufgaben und die sich dadurch ergebenden Stellen im System verortet werden, um sie dann mit den originären Prägungen bestehender Mitarbeiter oder neuer Bewerber abzugleichen.


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