Virtuelle, dezentrale Arbeitsformen sind auf dem Vormarsch. Was bedeutet die neue Arbeitskultur für Unternehmen? Im Zweifel erst einmal sehr viele rechtliche und technische Probleme.

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Neue Technik, neue Fragen

Kein zweifel, virtuelles Arbeiten ist auf dem Vormarsch. Büros, Arbeitszeiten und sogar die persönliche Anwesenheit sind eigentlich überflüssig. Das wirft Fragen auf.

Die Technik ist dabei kein Problem, selbst Chirurgen können heute vom anderen Ende der Welt aus operieren. So entfernte 2001 Professor Jacques Marescaux vom IRCAD Straßburg die Gallenblase einer französischen Patientin – per Computer und OP-Roboter, während er selbst in New York saß. Noch heute gilt das IRCAD als Vorreiter der Teleoperation.

Auf Vertrauen kommt es an

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Doch nicht wirklich ist alles neu – und dennoch umstritten. Unternehmensberaterin Roswitha A. van der Markt erklärt: “Manager meinen, mit Einführung der Technik und einem kurzen Training sei alles getan. Aber Vertrauen entscheidet über den Erfolg von virtuellen Teams – und das entsteht nur durch Wertschätzung und persönlichen Austausch.”

Genau da liegt der Hase im Pfeffer: Laut einer Studie von RW3 CultureWizards arbeiten in multinationalen Konzernen bereits 87% des Managements und 50% der Mitarbeiter zumindest teilweise virtuell. Dennoch zeigen Studien wie die Monster Recruiting Trends, dass gerade in Deutschland das Vertrauen gegenüber Kollegen im Homeoffice immer noch fehlt – und zwar nicht allein vom Management, sondern gerade auch durch Teamkollegen.

Arbeitsleistungen, die man nicht sieht?

Wie kann man also Arbeitsleistung wahrnehmen, die man nicht sieht? van der Markt empfiehlt klare Zielvereinbarungen und Kollaborations-Tools wie Chats, Wikis oder digitale Boards, in denen sich die Teammitglieder schnell über den Status ihrer Arbeit austauschen können. “Skype und Videokonferenzen vermitteln auch Mimik, Gestik und die Stimmungslage. Und wenigstens ein- bis zweimal pro Jahr sollte man sich persönlich treffen”, so die Beraterin.

Doch virtuelles Arbeiten sorgt auch für juristische Diskussionen: Mitarbeiter, die private Geräte für die Arbeit oder geschäftliche Geräte privat nutzen, gefährden die Datensicherheit. Und erste Arbeitgeberverbände fordern bereits die Deregulierung von Arbeitszeitgesetzen. Man darf gespannt sein, wohin die Reise geht. Denn “Bring your own device” gilt als kostengünstige Alternative zu einem bestehenden PC-Pool – und führt bei IT-Verantwortlichen zu Angstzuständen.

Status-Quo in deutschen Unternehmen

Laut einer Umfrage des Branchenverbandes Bitkom erlauben 43 Prozent der deutschen ITK-Unternehmen ihren Mitarbeitern, eigene Smartphones oder Laptops an ihr Firmennetzwerk anzuschließen. Studien des IT-Unternehmens Cisco in den USA zeigen, dass Mitarbeiter sogar produktiver und zufriedener arbeiten, wenn sie sich ihr Gerät selbst aussuchen.

Für Unternehmen klingt das zudem preiswert und attraktiv, dennoch treibt “Bring your own device” (BYOD, deutsch: “Bring Dein eigenes Gerät mit”), so der Fachjargon, vielen IT-Verantwortlichen den Angstschweiß auf die Stirn: Wie kann man verhindern, dass sich die Angestellten mit virenverseuchten Geräten ins Firmennetz einloggen? Und was passiert, wenn private Geräte gestohlen werden?

Sichere Cloud statt zu viel Regelwerk

Laut Bitkom-Umfrage reagieren 60 Prozent der deutschen Unternehmen mit speziellen Regularien auf die drohende Gefahr. In Estland geht man andere Wege: Bei dem zu Microsoft gehörenden IT-Unternehmen Skype können sich die Beschäftigten ohne Restriktionen mit ihren privaten Geräten ins Firmennetzwerk einloggen.

Diese werden zwar noch vom Unternehmen gestellt, jedoch denkt General Manager Andrus Järg bereits einen Schritt weiter: Die Daten des Unternehmens sollten zukünftig nicht mehr auf lokalen Rechnern gespeichert werden, sondern in der Cloud. Und diese müsse eben selbst so sicher sein, dass niemand unbefugt darauf zugreifen könne, sagt Järg.

Wie bei Skype in Estland

Seine Haltung passt in ein Land, in dem staatliche Dienste bis hin zu Vertragsabschlüssen und Parlamentswahlen online erledigt werden. Das hat ohne Zweifel Vorteile für Effizienz und Produktivität: Ein Unternehmen lässt sich in 18 Minuten gründen, laut Wallstreet-Journal hat Estland die meisten Start-ups pro Einwohner in Europa. Auch die Software von Skype wurde hier vor über zehn Jahren entwickelt.

General Manager Järg hat daher eine einfache Antwort für Leute, die nach den Risiken fragen: “Dass Menschen Angst vor neuen Entwicklungen haben, ist natürlich. So war es auch beim Computer – und der ist heute normal. So wird es auch mit Cloud-Computing sein.” Es klingt gut. Man kann nur hoffen, dass er recht hat.

Wie viel Einfluss haben Arbeitgeber auf das Privatleben?

Ich erinnere mich, wie vor einigen Jahren große IT-Unternehmen wie Facebook und Apple Schlagzeilen mit dem Einfrieren von Eizellen für ihre Mitarbeiterinnen. Unabhängig davon, welche Meinung man dazu hat:

Die heftige Diskussion zeigte für mich auch, wie schwer wir uns tun mit den Veränderungen, die die Digitalisierung in unserer Arbeitswelt mit sich bringt. Denn die kann man positiv bewerten – oder negativ.

Wie Datenbrillen die Arbeit verändert

Beispielsweise könnten, so Experten, Datenbrillen bald unsere Arbeitswelt grundlegend revolutionieren. Denn selbst ungelernten Arbeitern ermöglicht die Datenbrille, komplexe Aufgaben zu erfüllen.

Die Anleitung haben sie direkt auf der Nase und beide Hände frei. Aufwendiges Einarbeiten oder Schulungen: überflüssig. Untersuchungen versprechen Produktivitätssteigerungen von bis zu 30 Prozent.

Cyborgs oder Arbeitserleichterung

Experten schlagen daher Alarm: Von Cyborgs ist schnell die Rede und davon, dass menschliche Fähigkeiten so immer überflüssiger werden.

Neue Erfindungen hatten es immer schwer, und Kulturpessimismus hat in Deutschland Konjunktur, gerade bei der Digitalisierung. Das gilt auch für den 3-D-Druck, der, so wird befürchtet, bald ganze Industriezweige zerstören könnte. Dabei kann man neue Techniken auch positiv sehen, als Weiterentwicklung und Unterstützung der bisherigen Arbeit.

Wie 3 D-Druck das Handwerk verändert

Etwa im Handwerk: Für die Goldschmiede Lee Harding und Seamus O Donaghue in Dublin ist der 3-D-Druck gar die wichtigste Innovation der letzten Jahre.

Die beiden entwerfen Schmuck am Computer und stellen dann direkt Gussformen oder Rohlinge selbst her. “Das mussten wir früher aufwendig in Auftrag geben, 3-D-Druck hat diesen Prozess viel einfacher und billiger gemacht”, so O Donaghue.

Das Bedürfnis nach Qualität wächst

Angst davor, dass ihre Arbeit überflüssig werden könnte, haben sie nicht: “Eher wird das Bedürfnis nach Qualität weiter wachsen”, so die Iren, die vor allem auf maßgeschneiderte Produkte, hochwertiges Material und individuelle Beratung setzen.

Wie man neue Entwicklungen bewertet und ob man sie für sich nutzen kann, ist eben auch eine Frage der persönlichen Sichtweise.


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