In Deutschland ist die Angst davor, was andere über einen erfahren könnten, groß – gerade bei der Karriere. Wohltuend ist  da, wenn ein renommierter Anwalt offen über seine Peinlichkeiten im Netz berichtet. Denn: Wichtig ist, wie man damit umgeht.

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Digitaler Radiergummi oder zu Peinlichkeiten stehen?

Wie groß in Deutschland die Angst ist, dass potenzielle Arbeitgeber im Internet delikate Informationen über einen finden und einen erst gar nicht einstellen, zeigen u.a. Buchtitel wie „Karrierefalle Internet“ oder die Tatsache, das bekannte staatliche Datenschützer in diesem Zusammenhang vor Google Street View warnten. Politiker rufen bereits lautstark nach dem digitalen Radiergummi. Sogar einen eigenen Fachbegriff hat man dazu gefunden: Reputationsmanagement! Sprache ist da ja immer sehr verräterisch…

Wäre es nicht sinnvoller, man würde zu seiner eigenen Peinlichkeiten im Netz selbstbewusst stehen?Denn um ehrlich zu sein, wird viellen von uns auch nichts anderes übrig bleiben: Wer von uns kann denn schon mit 15, 20 oder 30 vorhersehen, welcher belanglos rausgetwitterte Tweet ihm später mal zum Verhängnis werden kann?

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Das ist natürlich schön gesagt, wenn alle anderen vor Angst schlotternd über Karrierefallen und Reputationsmangement reden. Aber wie schon gestern gesagt: Man kann den Spieß auch umdrehen und selbst bestimmen, was einem peinlich ist – und was nicht.

Dafür braucht es allerdings positive Vorbilder – nämlich Leute, die nicht nur zu ihren eigenen Peinlichkeiten stehen, sondern hinterher noch darüber erzählen und lachen können. Und die damit auch noch Erfolg haben – wie z.B. Udo Vetter, der es bei Twitter auf über 19.000 Follower bringt. Vetter, durch den Law Blog bekannter Fachanwalt für Strafrecht, also ein Berufsstand, dem man durch seriöses Verhalten nachsagt, war auf einer Veranstaltung mit dem schönen Namen Twittwoch in Düsseldorf.

Die Story mit den Unterhosen

Dort wurde er u.a. gefragt, was sein peinlichstes Twitter-Erlebnis gewesen sei. Und erzählte eine Geschichte, bei der ich persönlich auch erstmal rote Ohren bekam, weil sie mir so peinlich gewesen wäre:

Vetter wollte Unterhosen kaufen und beschwerte sich via Twitter über die kratzigen Diebstahlsicherungen. Mag sein, dass ich als Frau dieses Thema einfach auch noch eine Spur prekärer finde. Aber jedenfalls passierte Vetter das, was wahrscheinlich vielen Nutzern passiert: Er war sich nicht klar, wer da so alle mitliest.

Was peinlich ist, bestimme ich!

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Denn einige Wochen später wurde er bei einer Verhandlung von einem der Beisitzer bei einer Verahandlung am Landgericht darauf angesprochen, ob es denn neuerdings normal sei, dass Anwälte öffentlich im Netz über ihre Unterhosen twitterten. Und Vetter war das, wie er beim Twittwoch zugab, doch ein wenig peinlich.

Aber es zeigte sich, dass der Beisitzer Humor hatte und auch über die Sache lachen konnte – vermutlich auch deshalb, weil Vetter eben nicht versuchte, seine Peinlichkeit zu negieren oder kleinzureden, sondern einfach dazu stand. Und die Geschichte heute locker und amüsant als Anekdote erzählen kann.

Bitte keine Hysterie!

Nun will ich nicht bestreiten, dass es da durchaus eine Gefahr gibt, dass Arbeitgeber unpassende Bewerber Aufgrund von Informationen aussortieren. Ich meine jedoch, dass man deshalb nicht in Hysterie verfallen sollte. Wie schnell das geht, zeigt dieses Beispiel aus den USA:

Dort warnte das State Department die Studenten der Columbia University davor, sich im Internet öffentlich über Wikileaks zu äußern. Grund: Eine Äußerung zu diesem Thema könnte die Karriere derjenigen gefährden, die bei staatlichen Stellen anheuern wollen.

Den Spieß umdrehen

Kommentar eines Deutschen Personalers zu diesem Text: „Traurig ist, dass es Arbeitgeber gibt, die wirklich so drauf sind!“ Das zeigt schon in die richtige Richtung: Man kann und sollte als Jobsuchender den Spieß auch ruhig mal umdrehen – auch wenn das in Deutschland nach wie vor keine populäre Haltung zu sein scheint.

Etwa mit der Frage: Was sagt das über die Unternehmenskultur aus, wenn die Mitarbeiter schon im Vorfeld bespitzelt werden? Und: Will ich in so einem Unternehmen wirklich arbeiten? Will ich nicht einen Arbeitgeber, der seinen Mitarbeitern etwas Vertrauen schenkt? Dass immer mehr Arbeitnehmer genau diese Frage stellen, haben einzelne Unternehmen übrigens schon erkannt – und sich selbst dazu verpflichtet, nur noch jene Berwerbungsunterlagen auszuwerten, die Bewerber freiwillig zur Verfügung stellen.

Steh zu dir!

Ein Personaler, mit dem ich kürzlich über das Thema sprach, gab an, er werde auf keinen Fall einen Bewerber nicht einstellen, weil er im Internet fragwürdige Dinge über ihn fände. Allerdings könnte es sein, dass er den Bewerber im Vorstellungsgespräch darauf anspricht. Z.B. würde er gerne wissen, ob dem Bewerber klar ist, wie das in der Öffentlichkeit wirkt.

Ergo ist es wichtig, in so einem Fall nicht mit dummen Ausreden zu kommen, sondern im geschickt zu kontern, wenn man zum Beispiel im Vorstellungsgespräch oder bei Kollegen mit der Peinlichkeit konfrontiert wird. Oder ganz zu sich zu stehen. Denn was peinlich ist, bestimmt letztendlich ja jeder selbst!


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