Das Thema Mitarbeitergespräch trifft bei vielen Personalern offenbar einen Nerv. Unser Beitrag New Leadership in globalen Unternehmen: Tschüss Mitarbeitergespräch! wurde innerhalb von 3 Tagen über 11.000 mal abgerufen. Die meisten Leser-Stimmen bestätigten dabei die eher demotivierende Wirkung des jährlichen Mitarbeitergesprächs. Was aber tut sich in Deutschlands Führungsetagen?

Mitarbeitergespräch

Nur 6% sagen „Tschüss Mitarbeitergespräch“

Nur circa 6% der Fortune 500 Unternehmen haben sich bisher von den gängigen Führungs-Instrumenten verabschiedet. Dazu zählen Accenture, Google und Microsoft. Bei ihnen gibt es keine Zeiterfassung mehr, und auch keine jährlichen Mitarbeitergespräche zur Leistungs-Evaluierung.

Es mag nicht verwundern, dass all diese Unternehmen zur Elite gehören und den Weg zu einer neuen Arbeitsorganisation, dem New Way of Work bereits erfolgreich umgesetzt haben, weg vom hierarchischen Kontrolldenken hin zur Wertschätzung der Person. Und es mag auch nicht mehr verwundern, dass sie gerade aufgrund dieser „neuen Art“ der Führung ihr Mitarbeiter-Engagement und auch ihre Marktpositionierung erheblich verbessert haben.

Hat Deutschland nur Manager, aber keine Leader?

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Erschreckend waren dagegen die vielen Diskussionen mit deutschen Managern, ob dies auch in ihren Unternehmen zum Tragen kommen könnte und sollte. Die meisten Führungskräfte standen dieser Entwicklung negativ gegenüber oder bezweifelten stark, dass eine solche Entwicklung Erfolg versprechen würde. Dies gipfelte in der Betonung: „Wenigstens einmal im Jahr sollte doch wohl ein vertieftes Gespräch mit jedem Mitarbeiter stattfinden.“

Welch ein Desaster zeigt dies über den Zustand unseres deutschen Managements und vor allem über unser Leadership Verständnis!

Kaum einer der Manager hatte verstanden, dass mit dem Wegfall des jährlichen Mitarbeiter-Gesprächs keinesfalls der Mitarbeiter-Dialog gekappt wird. Im Gegenteil: In den oben genannten Unternehmen wird ein kontinuierliches Feedback mit den Mitarbeitern gepflegt, ja eingefordert als eine Verifizierung der grundlegenden Werte und Unternehmens-Kultur. Es findet also vehement mehr Kommunikation mit den Mitarbeitern statt. Konstruktives aktuelles Feedback, ein Dialog auf Augenhöhe mit den Kollegen und Mitarbeitern. Basis hierzu ist Vertrauen und Wertschätzung, Vertrauen gerade in die Leistungsbereitschaft und Selbstmotivation, in die Ergebnisorientierung des Einzelnen.

Mehr Kommunikation, mehr Feedback – mehr Erfolg

Dieser kontinuierliche partnerschaftliche Dialog, dieser gegenseitige Austausch, der Fokus auf Weiterentwicklung, dieses gemeinsame Erarbeiten von Lösungen und Verbesserungen bilden die Grundlage für die herausragende Marktpositionierung der genannten Firmen. Eine klare Mitarbeiterorientierung, in der der Einzelne nicht nur einmal im Jahr in seiner Leistung beurteilt, „abgeurteilt“ und kontrolliert wird.

In Zeiten der Digitalen Transformation können nur die Unternehmen erfolgreich sein und bleiben, die einen solchen „People First“-Approach umsetzen. Gerade jüngere Generationen, Millennials fordern diesen Dialog und kontinuierliches Feedback ein. Sie wollen sich weiterentwickeln, sich sinnvoll einbringen mit ihrer Leistung und in ihrer Persönlichkeit, aber nicht nur einmal im Jahr, sondern durchgängig wahrgenommen werden. Ansonsten verlassen sie viel früher als andere Generationen das Unternehmen, im Schnitt bereits nach 2 Jahren, während Generation X circa 5 Jahre und Baby Boomer bei Unzufriedenheit immerhin im Schnitt rund 7 Jahren blieben. Damit erfordert eine Kultur ohne jährliches Mitarbeiter-Gespräch wirkliche Leadership-Fähigkeiten und eine tatsächliche persönliche Hinwendung und Wertschätzung.

Führungs-Instrumente und Messkriterien bieten nur eine scheinbare Sicherheit

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Deutsche Führungskräfte dagegen vertrauen mehr auf Führungs-Instrumente und Formalismen, die Ihnen ein Gefühl der „Sicherheit“ geben als auf aktiven zwischenmenschlichen Dialog.

Obwohl Manager in großen Konzernen im Durchschnitt oft mehr als 200 Arbeitsstunden allein für die Vor- und Nachbereitung, wie Durchführung der jährlichen Mitarbeiter-Gespräche und Evaluierungen aufwenden müssen. Laut Studie der CEB HR Beratung verwenden Unternehmen mit rund 10 000 Mitarbeitern rund 35 Mio. $ jährlich allein für die Leistungsmessung ihrer Mitarbeiter, inkl. moderner Performance Management Technologie.

Formalismus-Kultur killt Motivation

Warum benötigen Manager die Einordnung und Messung von Leistung in ein Raster von 1 bis 5? Denn dieses Raster wird häufig bei den jährlichen Leistungsbeurteilungen angewandt. In solchen Formalismen wird die Drei als Mitte als „gute Leistung“ definiert und genau da werden dann auch die meisten „richtig guten Mitarbeiter“ eingeordnet. Da winden sich die Manager dann auch bei wirklich guten Mitarbeitern um die Begründung herum, und nur ganz Wenigen wird hie und da eine 4 oder gar 5 gewährt, wenn eine Beförderung realiter in Kürze ansteht. Und diese wenigen müssen sie dann gegenüber ihren Manager-Kollegen verteidigen. Der Schnitt muss stimmen. Es werden nur geringe Prozentzahlen für Best-Leistung festgelegt.

Ein System um des Systems willen kann auf dieser Basis sicher nicht zu mehr Leistung motivieren. Welcher Mitarbeiter, der sich engagiert, gute Leistung bringt, diese sogar von seiner Führungskraft bestätigt bekommt, fühlt sich motiviert, wenn er gerade mal „Durchschnitt“ ist und bleibt. Persönlichkeiten, Engagement und viele Arten von Leistung lassen sich eben nicht in ein solches Raster einpferchen. Ein solches System bietet zwar eine scheinbare „Führungs-Sicherheit“, ist jedoch kontra-produktiv und behindert persönliche Entwicklung, Innovation, Motivation und Leistungssteigerung. Sie verhindern vor allem nachhaltig die Freude an der Arbeit.

Bisherige Performance Management System verfehlen das Ziel

Zumal auch die Grundlage an sich, die rein auf zielorientierte Führung aufgebaute Leistung den neuen Wirtschaftsherausforderungen einer digitalen Welt nicht mehr gerecht werden kann. Welche Ziele bleiben schon über ein ganzes Jahr konstant? – vor allen Dingen, welche der Ziele kann der Einzelne, alleine durch seine persönliche Leistungsfähigkeit wirklich beeinflussen?

In den meisten Fällen sind Ziele gekoppelt an die Leistungsbereitschaft und -fähigkeit anderer Teammitglieder und Kollegen. Wollen oder können diese nicht performen, so liegt auch die eigene Leistungsfähigkeit und das eigene Ergebnis im Argen. Selbst eine Führungskraft im oberen Leitungskreis, die sich selbst sehr stark unter Druck fand, musste nach Analyse ihrer persönlichen Zielvorgaben feststellen, dass sie nur 15% davon wirklich eigenständig beeinflussen konnte: „und dafür ruiniere ich meine Gesundheit und meine Familie“.

Die Ergebniss sind zu gering

Wen mag es da verwundern, dass das Ergebnis eines solchen zeit- und kostenintensiven Prozessen viel zu gering ist: Selbst positiv bewertete Leistungsträger wurden durch die jährlichen Mitarbeiter-Gespräche eher demotiviert und frustriert, zumal der zeitlich direkte und qualitativ hochwertige Dialog mit dem Vorgesetzten damit nicht eingelöst werden konnte. Das Ziel, die Mitarbeiter individuell besser zu fördern und zu motivieren, wurde somit verfehlt.

Wen mag es da verwundern, dass trotz ausgeklüngelter Messkriterien und Führungs-Instrumenten der Gallup Engagement Index in Deutschland seit 15 Jahren auf einem äußerst bescheidenen Niveau liegt. In all den Jahren stiegen die Prozentsätze bei Mitarbeitern mit hoher Bindung am Unternehmen nicht über 16 Prozent, schwanken bei geringer Bindung zwischen 61 bis 70 Prozent und zeigen bei 16 bis 24 Prozent sogar ein erschreckendes Bild von Mitarbeitern ohne jegliche Bindung.

Schlechte Noten für Führungskräfte

In der Gallup Studie 2015 gaben Mitarbeiter ihren deutschen Führungskräften schlechte Noten, vor allem hinsichtlich Kommunikation und Austausch, eben jenen Fähigkeiten, die in einer vernetzten Projektkultur so notwendig sind. 21 Prozent sprachen nur einmal im Monat mit ihrem Team, weitere 21 Prozent gar noch weniger. Somit sind fast 50 Prozent der Arbeitnehmer ohne geregelte Teamabsprachen oder gar persönliches Feedback.

Bei so wenig persönlichem Dialog, so geringer persönlicher Wertschätzung: Welchen Nutzen kann dann ein jährliches Mitarbeiter-Gespräch realiter haben?


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