MEINUNG! Torsten Montag über die Zustände bei den Arbeitsagenturen: "Es sollte keine so großen kommerziellen Abhängigkeiten geben"

Torsten Montag ist Berater, Internet-Unternehmer und Autor des Buches „Gehirnwäsche Arbeitsamt: Arbeitslose klagen an – 77 Schikanen der Arbeitsagentur.“. Im Interview berichtet er von Schikanen gegen Arbeitslose – und wie man es besser machen könnte.

Torsten Montag absolvierte zunächst eine Ausbildung zum Steuerfachangestellten, anschließend studierte er BWL mit Schwerpunkt Steuerrecht. Seit 2004 berät er Existenzgründer. Seitdem hat er regelmäßig Gründer aus der Arbeitslosigkeit beraten und ihnen vermittelt, wie sie sich mit der Selbständigkeit das tägliche Brot verdienen können. Seit 2012 berät er nicht mehr, sondern hat sich auf meine Onlineprojekte spezialisiert. Über sein Buch, das er auf eigenes unternehmerisches Risiko im Selbstverlag bei Books on Demand herausgegeben hat, hat bereits die Bild-Zeitung berichtet.

Wie kamen Sie auf die Idee zu diesem Buch?

Aus meiner früheren Beratungstätigkeit, in der ich zahlreiche Schicksale vom Menschen, die mit der Arbeitsagentur in Berührung kamen, kennenlernen durfte. Insbesondere hörte ich natürlich immer wieder von Schikanen und jede Menge irrsinnige Geschichten von Hartz IV Empfängern.

Um die zu sammeln, habe ich dieses Buch geschrieben!

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Wie funktionieren die Roten Karten, die Leser Ihres Buchs vergeben können?

Die rote Karte ist eher symbolisch zu sehen, funktionieren soll es folgendermaßen – zeigen Sie Ihrem Sachbearbeiter die Rote Karte, wenn er/sie:

  1. Eine besonders unsinnige Aktion oder Entscheidung zu Ihrem Fall getroffen hat.
  2. Eine extrem nutzlose Maßnahme angeordnet hat.
  3. Frech, gemein oder abwertend zu Ihnen war.
  4. Irgendwie sonst zu den 77 Schikanen hier im Buch passt.
  5. Schildern Sie auf arbeitslosengeld-2.de die Schikane, die Ihrem Sachbearbeiter die „Rote Karte” eingebracht hat.
  6. Benennen Sie den Ort und den Namen Ihres Arbeitsamtes, ich erstelle eine Übersichtskarte.

Wurden die Angaben, die die Leser auf Ihrer Website oder in Ihrem Buch machen, irgendwie kontrolliert?

Nein, ich kann die Angaben gar nicht kontrollieren, da die Geschichten anonym veröffentlicht werden. Zum Anderen möchte ich das auch gar nicht, denn diejenigen, die hier schreiben haben so viel erlebt und schreiben mit einer derart großen Wut im Bauch, das man sich so etwas nicht ausdenken kann.

Haben Sie auch mit der Gegenseite, den Arbeitsagenturen, Kontakt? Wie wurde dort reagiert?

Bislang hat sich die Gegenseite (weder Politik noch die Agentur selber) noch nicht bei mir gemeldet oder irgendwie geäußert.

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Besteht nicht die Gefahr, dass Betroffene sich auf diese Weise bei Ihren Arbeitsagenturen rächen – und z.B. Dinge erfinden?

Die Gefahr besteht prinzipiell immer, nicht nur auf meiner Internetseite oder im Buch, sondern auch über andere Medien und letztlich auch bei der direkten Korrespondenz mit den Ämtern. Wenn man als Arbeitsloser die Arbeitsagentur einfach nur ärgern möchte, hat man sicher genug Möglichkeiten, um eine erfundene Geschichte unterzubringen.

Ich zeichne mich mit dem Buch und die Koppelung an die Internetseite akkerdubg darüber aus, dass ich nicht nur eine Geschichte oder Schikane veröffentliche, sondern permanent viele mit steigender Tendenz.

In dieser Masse und diesem Trend geht eine falsche Geschichte statistisch gesehen unter. Damit kann man dann also leben. Es geht auch nicht darum, jede einzelne Geschichte auf den Wahrheitsgehalt hin zu prüfen, sondern das bundeseinheitliche Problem im bestehenden Umfang aufzuzeigen.

Wie sehr berührt Sie das Schicksal dieser Menschen persönlich?

Sicher bekommt man irgendwann ein dickes Fell, so wie auch viele der Sachbearbeiter.

Allerdings läuft es mir immer noch eiskalt den Rücken herunter, wenn durch die Querelen der Arbeitsagentur Kinder benachteiligt oder Menschen diskriminiert werden, sei es aufgrund von Krankheiten oder Behinderungen, wofür ja niemand etwas kann und was sich aus meiner Sicht auch niemand ausdenkt.

Was möchten Sie mit dem Buch erreichen?

Ich möchte zunächst den Betroffenen die Möglichkeit geben, ihre Probleme, Schikanen und letztlich ihre gesamte Geschichte zu veröffentlichen, um der Seele und der Psyche Luft zu machen.

Denn auf den Ämtern scheint ja niemand mehr dafür Zeit zu haben oder zu hören zu können. Letztlich möchte ich mit diesem Projekt auch Aufmerksamkeit erregen, um Politiker und Verantwortliche dazu zu bewegen, diese Probleme zu erkennen und zu bewältigen.

Ist so viel Polemik konstruktiv? Es gibt da ja auch andere Ansätze…

Ohne Wut und Polemik versuchen anderer schon seit Jahren das Problem zu lösen oder auf die Missstände aufmerksam zu machen, an den Ergebnissen haben wir gerade heute noch zu knabbern.

Wenn Sie könnten: Was würden Sie in den Arbeitsagenturen ändern?

Diese Frage kann ich nicht mit wenigen Sätzen beantworten, es ist letztlich ein großer Prozess bestehend aus vielen Einzelmaßnahmen, die gegebenenfalls auch regional unterschiedlich ausfallen können, der zu einer Verbesserung der Lage und natürlich zur Zielerreichung führen.

Können Sie etwas konkreter werden?

Es sollte keine so große Abhängigkeiten und kommerzieller Verflechtungen geben, wie es teilweise heute der Fall ist. So dass Bildungsträger Geld dafür bekommen, Arbeitslose zu schulen und zu bilden, die Betroffenen und Schüler jedoch gar nicht nach Erfolgen oder den Zielen gefragt werden.

Es entsteht heute oft der Eindruck, als sei der Arbeitslose nur Mittel zum Zweck, um Gelder auszugeben und bei Bildungsträgern oder Maßnahmeneinrichtungen Umsätzen zu generieren.


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