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Offenlegung & Urheberrechte: Bildmaterial erstellt im Rahmen einer kostenlosen Kooperation mit Shutterstock.
Von Simone Janson (Mehr) • Zuletzt aktualisiert am 01.11.2023 • Zuerst veröffentlicht am 07.08.2018 • Bisher 7147 Leser, 1186 Social-Media-Shares Likes & Reviews (5/5) • Kommentare lesen & schreiben
Teure Weiterbildungen und aufwändige Trainings sind oft nicht viel mehr als eine billige Weiterbildungsshow, wenn man sie genau betrachtet. Denn oft genug geht es mehr um Effekthascherei und Dozentenbewertungen denn um tatsächlichen Lernerfolg.
Gestern habe ich am Beispiel Zeitmanagement angerissen, warum teuere Weiterbildungen oft ineffektiv sind. Darauf wurde ich per Kommentar gefragt, was ich genau meine. Hier nun etwas genauer, warum es oft mehr um Effekte als um Inhalte geht und Dozenten zu Clowns werden.
Bleiben wir mal beim Thema Zeitmanagement und stellen uns ein zweitägiges Seminar dazu vor: Die Teilnehmer lernen verschiedene Zeitmanagementtechniken kennen, indem sie ein Lehrwerk durcharbeiten und schriftliche Übungen dazu machen. Am Ende gibt es eine Prüfung, die zu einem gut klingenden Zertifikat führt, das der Weiterbildungsanbieter selbst erfunden hat.
Um zu bestehen, muss man einige Fragen zu den verschiedenen Methoden beantworten, wofür die Mehrzahl der Seminarteilnehmer vermutlich das Lehrwerk einfach auswendig gelernt hat. Das ist übrigens kein erfundenes Beispiel, sondern eines, das ich selbst erlebt habe!
Was hingegen gänzlich fehlt, ist eine konstruktive Diskussion oder eine kritische Auseinandersetzung mit den Methoden – mal ganz zu schweigen davon, dass man die gelernten Techniken gründlich durchdacht, für seine eigenen Zwecke modifiziert und an seine Lebens- und Arbeitsweise angepasst hätte. Denn nur so wäre echtes, kreatives Lernen möglich gewesen.
Dafür ist aber die Lernbereitschaft der Teilnehmer Grundvoraussetzung. Wenn all dies fehlt, ist es kein Wunder, dass das in der Weiterbildung mühsam Erlernte hinterher gar nicht zur Anwendung kommt.
Tatsächlich, 77 Prozent der Teilnehmer solcher Weiterbildungskurse haben es nach Einschätzung von Experten nicht gelernt, die Theorie aus dem Seminar dann auch in der beruflichen Praxis umzusetzen.
Doch es wird noch paradoxer. Weil die Teilnehmer eigentlich keine Lust haben, müssen sich die Trainer eben einiges einfallen lassen, um sie bei Laune zu halten. Der Enthüllungsautor Richard Gris entstammt selbst dieser Zunft (hinter diesem Pseudonym verbirgt sich Dr. Axel Koch) und plaudert in seinem Buch “Die Weiterbildungslüge” aus dem Nähkästchen:
Wenn die Teilnehmer Spaß am Kurs haben und vom Trainer begeistert sind, ist das fast schon die ganze Miete. Dass es Spaß macht, muss aber nicht heißen, dass man auch wirklich etwas lernt. Manche Trainer greifen einfach zu Tricks – zum Beispiel indem sie Aktientipps geben, die mit dem Seminarthema gar nichts zu tun haben.
Show und Effekthascherei also statt Inhalt. Nicht der Lernerfolg ist das Ziel, sondern die gute Laune der Teilnehmer. Deshalb ist es auch absolut tabu, sich konfrontativ mit einem oder mehreren Teilnehmern anzulegen, indem man unbequeme Dinge sagt – selbst wenn das dem Lernziel eigentlich zuträglich wäre.
Der Grund dafür ist einfach: Am Ende geben alle Teilnehmer einen Rückmeldebogen darüber ab, wie ihnen das Seminar gefallen hat. Gute Bewertungen bedeuten, dass die Weiterbildung erfolgreich war – auch wenn sie eigentlich nichts gebracht hat.
So kommen also gute Dozenten-Bewertungen auf Rückmeldebögen zustande. Denn die bedeuten für einen Dozenten gute Referenzen – und sind als solche fester Bestandteil der Weiterbildungsshow. Nicht selten werden sie sogar gefälscht.
Längst hat sich in Deutschland ein komplexes und bürokratisches System aus Zertifizierungen, Akkreditierungen, Gütesiegeln und Evaluationsstatistiken herausgebildet.
Auch wenn es in der Theorie eine gute Idee sein mag, potenziellen Kunden auf dem unübersichtlichen Weiterbildungsmarkt, der sich vor allem in der Hand privater Anbieter befindet und daher vergleichsweise wenig staatlichen Reglementierungen unterliegt, eine Orientierung zu bieten:
Die Masse an Qualitätskriterien und Messzahlen ist einfach zu viel des Guten.
Da sind Verbünde, die ihre eigenen Gütesiegel aus der Taufe heben – nach dem Motto: Mal sehen, wie die Akzeptanz auf dem Markt ist. Da sind Volkshochschulen, die sich ihres verschnarchten Rufes als kommunale Kompetenzzentren mit einer ISO-Zertifizierung erwehren wollen, für die komplizierte Verwaltungsabläufe einzuhalten sind.
Da sind Arbeitsagenturen, die private Zertifizierungsagenturen zulassen, die wiederum die Weiterbildungseinrichtungen zertifizieren sollen. Und da sind Unternehmen, die abenteuerliche und aufwendige Zahlenspiele als objektive Evaluation oder Bildungscontrolling verkaufen. Es geht kaum bürokratischer.
Ebenso unübersichtlich ist auch die Anzahl von Abschlüssen, die Weiterbildungsteilnehmer nach bestandener Prüfung erhalten können: Es gibt ungezählte wohlklingende Fantasiezertifikate, die von den Institutionen selbst geschaffen wurden.
Daneben stehen akademischen Mastern und MBAs, die zumindest ein Akkreditierungsverfahren durchlaufen haben müssen, sowie den weithin bekannten IHK-Abschlüssen, deren Anerkennung auf dem Arbeitsmarkt nur durch eines gewährleistet wird: Weil jedes Unternehmen gesetzlich zur Zwangsmitgliedschaft in einer IHK verpflichtet ist, kennt diese auch jeder. Und was man kennt, erkennt man auch eher an!
Staatlich anerkannt, wie Schul- oder Hochschulabschlüsse, sind Weiterbildungsabschlüsse nur selten. Teilnehmer können kaum ersehen, was ihr möglicherweise mühsam erworbenes Zeugnis hinterher auf dem Arbeitsmarkt wert sein wird. Auch hier gilt: Wer überzeugender wirbt, macht das bessere Geschäft.
Das richtet sich in der Regel nach dem Bekanntheitsgrad des Instituts oder Kurses – und weit seltener nach dem tatsächlichen inhaltlichen Wert der Weiterbildung.
Doch oft genug kommt es auch gar nicht darauf an, was man eigentlich wirklich kann und während der Weiterbildung gelernt hat: Vielen potenziellen Arbeitgebern ist das Stück Papier, das irgendetwas bescheinigt, lieber als die schwammige Vorstellung, was der Mensch können soll.
Oder anders gesagt: Ein Fetzen Papier gibt ihnen mehr Sicherheit bei der Einstellung als ihre eigene Menschenkenntnis. Nur: So gibt man nicht zwangsläufig den innovativsten Ideen und den Mitarbeitern raum, die tatsächlich bereit waren, zu lernen – sondern, denen die auf gut klingende Papiere gesetzt haben. Und Autodidakten haben damit bei der Jobsuche weniger Chancen.
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Simone Janson ist Verlegerin, Beraterin und eine der 10 wichtigsten deutschen Bloggerinnen laut Blogger-Relevanz-Index. Sie ist außerdem Leiterin des Instituts Berufebilder Yourweb, mit dem sie Geld für nachhaltige Projekte stiftet. Laut ZEIT gehört ihr als Marke eingetragenes Blog Best of HR – Berufebilder.de® zu den wichtigsten Blogs für Karriere, Berufs- und Arbeitswelt. Mehr zu ihr im Werdegang. Alle Texte von Simone Janson.
RT @SimoneJanson: Teil 6 – warum #Neugierde & #Learning by #Doing laut #Hirnforschung glücklich machen
Teil 6 zum selbstbestimmten #Lernen – warum #Neugierde & #Learning by #Doing laut #Hirnforschung glücklich machen
Danke für die praxisnahe Bestätigung meiner These.
Ich hab selbst mal im Weiterbildungsbereich gearbeitet und fand es schon krass, dass viele Bildungsanbieter da ihre eigenen Zertifikate auf den Markt werfen.
Beruhigend zu hören, dass nicht jeder Arbeitgeber darauf abfährt!
In Bewerbungsgesprächen hat sich bei mir bisher gezeigt, daß ich einen besseren Eindruck hinterlasse, wenn ich erkläre, warum mein zuletzt erworbener Abschluss an einer teuren Privat-Institution nicht qualifiziert ist. Was wiederum für mich ein Prüfkriterium für den potentiellen Arbeitgeber ist: Da ich die Schwächen der Ausbildung bestens kenne, möchte ich nicht einen Job antreten, für den diese Schwächen positiv konnotiert werden.
Teil 5 meiner #Weiterbildungs-Serie – #Zertifikate vor #Menschenkenntnis – #Papierkrieg als Teil der #Weiterbildungsshow
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