Leider haben viele Marketing– und Vertriebsverantwortliche noch nicht erkannt, welche wichtige Zielgruppe Frauen sind, und lassen im Kundinnen-Kontakt kein Fettnäpfchen aus. Erfahren Sie, mit welchen Themen und Ansprüchen die Zielgruppe der Zukunft zu gewinnen ist.

Frauen als Kundinnen

Der Kunde von morgen ist Königin

„Ich gebe Ihnen gerne ein paar Kataloge, dann können Sie das zuhause mit Ihrem Mann besprechen.“ Wie bitte? Ich war wie vom Donner gerührt und glaubte mich verhört zu haben. Doch mein Gegenüber, ein Kundenberater Anfang Vierzig, verzog keine Miene und schien das völlig ernst zu meinen. Der Haken an der Sache: Ich wollte ein neues Auto kaufen. Für mich und von meinem Geld. Einen lässigen SUV mit Sportausstattung und trotzdem Komfort und Luxusaspekten. Eben cool für lange Autofahrten und spritzige Bergtouren. Das ist ganz allein meine Entscheidung – doch anscheinend traut man mir als Frau diese Unabhängigkeit und vor allem auch die Kaufkraft nicht zu.

Falls Sie jetzt glauben, dass der Verkäufer einfach nur einen schlechten Tag hatte oder ein bekennender Chauvinist war, muss ich Sie leider enttäuschen. Denn ich habe das nicht nur ein oder zweimal erlebt. Und ich stehe mit solchen Erlebnissen auch nicht alleine da: Hören Sie sich mal in Ihrem Freundes- und Bekanntenkreis um und fragen Sie, wie viele der Frauen schon von Verkäufern von oben herab behandelt wurden, gerade wenn es um solche „Männerthemen“ wie Autokauf oder Geldanlage ging.

Ich wette, jede Frau kann mindestens ein oder zwei Geschichten beisteuern. Eigentlich unvorstellbar, schließlich leben wir nicht mehr in den 60er Jahren! Seitdem hat sich viel getan: Frauen stehen heute mit beiden Beinen im Leben. Sie tragen berufliche und familiäre Verantwortung gleichermaßen, haben gute, teils hohe Einkommen und bestimmen selbst darüber, wo und wie sie ihr Geld anlegen oder welches Auto sie kaufen. In den Köpfen vieler Unternehmer, Vertriebsleiter und Marketingverantwortlichen scheint das noch nicht angekommen zu sein.

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Aktuelle Studien belegen, dass nur 20 Prozent aller Kaufentscheidungen von Männern getroffen werden. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass jedes Unternehmen, das sich die restlichen 80 Prozent, nämlich die Frauen, als Kundinnen erschließt, seinen Kundenstamm verfünffachen kann. Eigentlich eine simple Rechnung. Und dennoch werden wir wie Aliens behandelt, wenn wir ein Autohaus betreten. Irgendwas stimmt hier doch nicht. Die Verkaufsflächen sind in erster Linie Spielplätze für große Jungs.

Oder auch Tempel, zu Ehren des großen Carl Benz errichtet. Genau diesen Eindruck habe ich, wenn ich es als Frau „wage“, dieses fremde Territorium zu betreten. Männer schleichen nahezu ehrfürchtig zwischen den Wagen hin und her, beseeltes Lächeln, wohin ich auch blicke. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können! Mal ehrlich, wenn ich sowas möchte, kann ich auch in die Kirche gehen. Glauben Sie, eine alleinerziehende Mutter würde sich mit ihrem Kind hier überhaupt hinein trauen? Ich sehe schon die missbilligenden Blicke des Verkäufers, wenn Kinderhände Abdrücke auf den hochglanzpolierten Wagen hinterlassen oder auch mal wie die Großen Probe sitzen möchten. Alles schreit danach, dass Frauen den Laden nur im absoluten Notfall betreten. Am besten nur, um ihren Partner dort wieder abzuholen, nachdem sie selbst auf Shoppingtour waren. Ein gewaltiger Fehlschluss!

Diversity statt Einheitsbrei

Denn es gibt auch die Frauen, denen in Sachen Fachwissen so schnell keiner was vormacht und die bestens Bescheid wissen über PS, Drehmoment und die Vorteile eines Sportfahrwerks. Leider neigen sowohl das Marketing als auch die Vertriebsmannschaft dazu, alle Frauen in einen Topf zu werfen und entsprechend als technophobe Wesen zu behandeln, die sich höchstens für die Farbe eines Autos interessieren.

Das den Konzernen auf Grund dieser Denke Millionen durch die Lappen gehen, scheint den Verantwortlichen erst langsam zu dämmern. Denn eine Businessfrau wie ich fühlt sich auf den Arm genommen, wenn ihr lediglich kleine Stadtwägelchen mit Einparkhilfe angepriesen werden – obwohl sie sich explizit für einen PS-starken Wagen der Oberklasse interessiert, der sie komfortabel, sicher und schnell mehrere tausend Kilometer im Monat befördert. Welche Frau hat da noch Lust, einen Neuwagen zu kaufen, wenn sie dermaßen abgebügelt wird?

„Frauen sind das nächste China!“

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Dieter Zetsche verkündete unlängst auf einer Investorenkonferenz, dass er eine sehr vielversprechende Zielgruppe ausgemacht hätte. Mit einem größeren Potenzial als China – immerhin der größte Automarkt der Welt. Er meinte die Frauen! Als ich das las, habe ich nur gedacht „Schön, dass es endlich einer bemerkt“. Anscheinend hat ein schlauer Mann bei Mercedes mal eins und eins zusammengerechnet und festgestellt, dass sie die meisten ihrer Wagen an Männer verkaufen.

Da ist noch Luft nach oben – allerdings klappt das nur, wenn auch Marketing und Vertrieb das riesige Potenzial der Frauen als Zielgruppe der Zukunft erkennen. Dabei gibt es nicht DIE Zielgruppe Frau. Es gibt kaum eine, wenn nicht sogar keine inhomogenere Zielgruppe. Die berufstätige, kinderlose Businessfrau hat andere Bedürfnisse als die alleinstehende Singlemutter mit zwei Kindern oder die Mutter einer mehrköpfigen Familie, die sich auch noch um die Pflege ihrer Eltern kümmert. Sie sehen, worauf ich hinaus will: Es ist höchste Zeit, das Schubladendenken in den Köpfen der Unternehmen aufzubrechen! Schluss mit überholten Stereotypen, Vielfalt ist das entscheidende Schlagwort.

Frauen lieben Pink und weitere Irrtümer

„Aber wir tun doch schon was für Frauen…“ Das ist eine der Antworten, die ich bei meiner Arbeit als Beraterin häufig zu hören bekomme. Mal ehrlich, wenn das wirklich funktionieren würde – dann wäre ich doch nicht da, oder? Ich habe die gesamte Bandbreite der Scheußlichkeiten gesehen: Einladungsflyer mit verspielter rosa Schrift, Vorstellung eines „Frauenautos“ mit Haken für die Einkaufstaschen im Kofferraum oder die besondere Betonung, dass beide Sonnenblenden über einen Schminkspiegel verfügen.

Welche Frauen sollen denn damit hinter dem Ofen hervorgeholt werden? Was die männerdominierte Automotivebranche anscheinend noch nicht verstanden hat: Es geht gar nicht darum, das Auto als Produkt „weiblicher“ zu machen. Im Grunde genommen ist das den meisten Frauen sogar ziemlich egal. Vielen geht es gar nicht um die Optik, sondern darum, sicher von A nach B zu kommen. Oder darum, das Kind ohne Hexenschuss im Kindersitz auf der Rückbank anschnallen zu können. Viel wichtiger ist es, den Verkaufsprozess mehr auf die Bedürfnisse der Kundinnen auszurichten.

Stellen Sie die Bedürfnisse Ihrer Kundinnen in den Mittelpunkt!

Das fängt schon bei der Gestaltung der Autohäuser an. Nein, Sie müssen jetzt nicht die Wände rot streichen und mit Kussmündern verzieren. Obwohl ich das schon gesehen habe und sagen muss, dass es mal eine wohltuende Abwechslung nach den ganzen sterilen Glaspalästen war. Wie wäre es mit einem kleinen Bereich mit Stofftieren und Malbüchern für Kinder, damit diese sich nicht langweilen müssen? Oder die Möglichkeit, einen individuellen Gesprächs- und Besichtigungstermin zu vereinbaren, wenn die Öffnungszeiten mit den Geschäftsterminen der Kundin kollidieren?

Die Liste der Möglichkeiten ist schier endlos! Es ist an der Zeit, die Scheuklappen abzulegen und Flagge zu bekennen – auch in Sachen Werbung. Setzen Sie auf weibliche Role-Models in den Angeboten, in der Werbung oder in Flyern! Frauen ist es wichtig, dass sie und ihre Bedürfnisse ernst genommen werden. Daher reicht es auch nicht, wenn Sie einmal zu einem Event für Ihre Kundinnen einladen. Um Vertrauen aufzubauen und langfristig Kundinnen an Ihr Unternehmen zu binden, braucht es ehrliche, individuelle und vor allem kontinuierliche Impulse. Und vergessen Sie nicht, dass wir in einer Empfehlungsgesellschaft leben! Statistiken belegen, dass eine persönliche Empfehlung für die große Mehrheit der Frauen die wichtigste Informationsquelle ist. Das sollten Sie bei jedem Kundengespräch im Hinterkopf haben – gerade in unseren heutigen Businesszeiten, in denen Bewertungen von anderen Kunden mehr vertraut wird als der Werbung.


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