Perfektionismus ist weit mehr als ein kleiner Tick – auch wenn er gesellschaftlich oft so wahrgenommen wird. Der Übergang vom Wunsch, etwas möglichst gutzumachen zum (krankhaften) Perfektionismus ist fließend. Verschiedene Bücher helfen, damit umzugehen.

Perfektionismus Mittelgut strukturiert

Oftmals wird der Zwang zur Perfektion – oder die Angst davor, etwas eben nicht perfekt hinzukriegen – lebensbestimmend. Denn Perfektionismus ist ein ernstzunehmender Hemmschuh beruflich wie privat, der entweder sehr viel Kraft von uns fordert, um ständig und überall unseren hohen Ansprüchen zu entsprechen oder uns daran hindert, überhaupt erst anzufangen, vor lauter Sorge, dass das Ergebnis nicht gut genug sein könnte.

Mit diesem Thema beschäftigen sich auch mehrere Bücher: Zunächst daher Titel gestoßen, der uns nur mittelmäßig gut gefallen hat: Einerseits viel Inhalt. Aber eben im typisch amerikanische Stil mit vielen Beispielen – noch dazu schlecht strukturiert. Zwar bietet die Autorin Monica Ramirez Blasco einige sehr gute Übungen, die helfen, perfektionistische Denkweisen abzulegen. Und Sie wartet mit vielen Beispielen auf, die ihr bei Ihrer Arbeit als Psychologin untergekommen sind.

Beispiel jagt Beispiel

Das ist aber auch Nachteil des Buches: Eine Beispielgeschichte nach der anderen. In diesen Geschichten kann man sich dann wiederfinden – oder eben auch nicht. Dass in dem Buch so viel drinsteht, empfinde ich als Nachteil: Weniger, dafür komprimierter und strukturierter wäre für mich mehr gewesen.

Zudem beschränkt sich die Autorin manchmal auch nur aufs erzählen der Beispiele und bietet dann keine Lösung an. Das kann frustrierend sein. Dazu kommt noch der trockene Schreibstil. Das Buch ist dadurch nicht nur langatmig, sondern auch wenig ermutigend. Es gibt kurzweiligere Bücher, die auch fundiert sind, aber mehr dank ihrer optimistischen Sichtweise mehr Lust machen, einmal umzudenken.

Wenn Perfektion das Leben bestimmt

Dazu gehört z.B. der Titel von Raphael Bonelli. Er schildert in über 50 teils tragikomischen, teils erschütternden Patientengeschichten aus der eigenen Praxis, wie Perfektionisten ticken. Der Humor fehlt dabei nie, und schon macht einem dieses ernste Thema gleich viel mehr Spaß.

Der Wiener Psychiater zeichnet ein Bild heutiger Seelennöte, von Ängsten, falschem Ehrgeiz und Lebenslügen, um aufzuzeigen, dass glücklich ist, wer sich in seiner ganzen Fehlerhaftigkeit, Durchschnittlichkeit und Gewöhnlichkeit selbst annehmen kann. Ein interessantes und hilfreiches Buch!

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Wege aus dem Perfektionswahn

Alltagssprachlich wird Perfektionismus gerne zu einer fast ehrenwerten Attitüde verklärt, einer kleinen Schwäche, die doch nur zeigt, dass der Betroffene seinen Job und seine Verpflichtungen ernst nimmt. Ein gefährlicher Trugschluss, sagt Autor Raphael Bonelli.

Perfektionisten sind psychisch angeschlagen, sie ziehen sich und ihre soziale Umwelt in eine mentale Abwärtsspirale. Sie sind „Nörgler, notorische Pessimisten und humorlosen Querulanten“ konstatiert Bonelli in seinem empfehlenswerten Buch „Perfektionismus“. Sie haben eine „neurotische Angst vor der eigenen Fehlerhaftigkeit, die die Seele erstarren lässt.“

Die Sucht nach Bestnoten

Perfektionismus ist krank und macht krank. Die „irrationale Angst, nicht genug zu sein“, endet häufig in der Burn-out-Falle. Erst dann, wenn die emotionalen Verbindungsstricke zu Kollegen, Freunden und der Familie gerissen sind, bitten die Betroffenen um Hilfe.

Der Wiener Psychiater Bonelli kennt die Leiden der Perfektionisten. In seinem Buch schildert und analysiert er insgesamt 77 Fälle von Menschen, die es einfach nicht gut sein lassen können, sondern immer eine Note besser auf ihrem persönlichen Zeugnis sehen wollen.

Die tragischen Fälle der Imperfektionstoleranz

Die geschilderten Fälle handeln von der „Braut, die sich nicht traut“, vom Sex-Verweigerer, der sich selbst einen zu kleinen Penis „zumisst“ oder dem vermeintlichen Elite-Studenten, der das Examen vortäuscht, um seiner „Mama“ zu imponieren. Mitunter sind die Studien amüsant, meist aber tragisch.

Und in einigen Fällen – das ist sicher beabsichtigt – erkennt sich mancher Leser unweigerlich wieder. Bonelli verschreibt selbstverständlich in seinem Buch auch die passende Heilmethode: „Imperfektionstoleranz“ heißt das Gegenmittel. Die befreit „von Ich-Sucht, Kontrollzwang, Anspruch auf Fehlerlosigkeit, Verbitterung und Fremdbeschuldigung. Innere Freiheit macht dagegen flexibel und unabhängig.

Krankhafter Perfektionismus ist wie ein grassierendes Virus: Die Betroffenen können sich nicht selbst kurieren und machen ihre Angehörigen krank. Symptome, Krankheitsverlauf und Therapiewege schildert vor allem Ralf Bonelli aufschlussreich und spannend in seinem Psychoratgeber. Nicht wenige Leser werden sich in einem der knapp 80 Fälle wiedererkennen. Ein wichtiges und gutes Buch!

Das Gelände von oben betrachten statt durch den Schlamm robben

Perfektionismus entsteht aus Angst. Und wenn die Angst diffus ist, etwa „die Arbeit erschlägt mich“, „der Gang ins Büro wird zum Märtyrum“, „die Kollegen meiden mich“ oder „dem Vorgesetzen kann ich nichts recht machen“, schlägt sie um in Depression. Wenn der Weg dahin noch nicht allzuweit beschritten ist, gibt es die Möglichkeit der Kehrtwende durch Einsicht.

Die Devise lautet: Einen Schritt zur Seite machen und das Gelände von oben betrachten, statt ständig durch den Schlamm zu robben. Dietmar Hansch geht mit seinen Lesern diesen Weg. Denn Burnout hat längst den Status einer Volkskrankheit.

Psychologen und Ärzte forschen fieberhaft an den Ursachen des Erschöpfungssyndroms, um die Krankheit von Depressionen abzugrenzen und effiziente Behandlungsmethoden zu ermöglichen. Dietmar Hansch leistet dabei mit seinem Buch „Burnout“ einen wichtigen Beitrag.

Burnout kann jeden treffen

Fernab von medizinischen Definitionen erklärt er Burnout als chronisches, seelisches Tief, das jeden treffen kann: „In unserer Gesellschaft ist der Anforderungsdruck inzwischen so hoch, dass auch starke und gesunde Menschen in die Knie gehen.“

Stress, fehlende Anerkennung und Ängste in Multiplikation miteinander, sind sichere Burnout-Treiber. Trotzdem kann auch jeder wieder aufstehen, wenn er sich denn helfen lässt.

Der Stress ist hausgemacht?

Hansch tut dies mit seiner Achtsamkeitsmethode. Die verblüffend einfach Logik dahinter: Ein Großteil des „erdrückenden Stresses“ ist hausgemacht und lässt sich in Eigenregie auch wieder beseitigen oder zumindest abmildern.

Perfektionsansprüche und Versagensängste („eine Fülle unsinniger Muss-Vorstellungen“) rauben positive Energien und Lebensfreude.

Optimismus zurückgewinnen durch Fuß vom Gaspedal

Optimismus und ein gesundes Selbstbild können Sie zurückgewinnen, wenn Sie zunächst den Fuß vom Gaspedal nehmen, um die „innere Widerstandskraft gegen Stress“ zu stärken. Dazu wechseln Sie die Perspektive. Fragen Sie sich, was Sie wirklich „müssen“, was ein „Nein“ statt eines erzwungen „Ja“ schlimmstenfalls bedeuten würde.

Ob Sie sich ungerechtfertigte Kritik zu Herzen oder nur zur Kenntnis nehmen wollen. Ein Riesen-Unterschied! Und genießen Sie auf der anderen Seite den Moment, den Sie nur für sich alleine haben.

Appetit auf ein gesundes, zufriedenes Leben

Musik, Sport, Tanzen, Lesen, Malen oder sich einfach nur bei einem Spaziergang von dem Abendlicht der „blauen Stunde“ begeistern lassen: Hansch macht Ihnen viele Angebote und Appetit auf ein gesundes, zufriedenes Leben.

Der alltagsnahe Ratgeber „Burnout“ von Dietmar Hansch ersetzt selbstverständlich keine Psychotherapie, kann sie aber sinnvoll begleiten. Am wertvollsten ist das Buch für Menschen, die die drohende Abwärtsspirale erkannt haben, bevor sie von ihr verschlungen werden. Ihnen ist dieses Buch gewidmet.

Durchschnitt ist häufig gut genug!

Mir reicht“s! Nein, nicht wirklich. Es handelt sich vielmehr um ein äußerst lesenswertes Buch, das gezielt Frauen in ihrer Doppelbelastung anspricht. Die schwedische Autorin machte mit diesem Buch in ihrem Heimatland Furore. Jetzt ist es auch bei uns erhältlich.

Wer morgens mit dem inneren Zwang aufsteht, der Beste sein zu müssen, wird abends mit dem Gefühl einschlafen, versagt zu haben. Unerreichbare Perfektionsansprüche – an sich selbst und die eigene Umwelt – sind der sicherste Weg in die Burnout-Falle.

Der sicherste Weg aus der Burnout-Falle

Das ist der Kerngedanke von Elizabeth Gummessons Buch „Mir reicht’s“ aus dem Beltz Verlag. Rund 150.000 Frauen hat Coach Gummesson in ihrem Heimatland Schweden vom Perfektionswahn befreit. Jetzt liegt der Ratgeber in deutscher Sprache vor.

„Mir reicht’s“ ist ein empathisches, freundliches Buch. Die Autorin nutzt die persönliche „Du“-Ansprache, um in einen virtuellen Dialog mit ihrer Leserschaft zu treten. Dazu gehören auch kleine Übungen, anhand derer Sie das eigene Stresslevel ergründen oder Ihre unausgesprochenen Bedürfnisse ausformulieren.

Raus aus dem Hamsterrad

Der Druck, fehlerfrei funktionieren zu müssen, führt in vielen Alltagssituationen Regie. Er lenkt das Verhalten und Denken im Job, der Familie, in der Liebe und erst recht bei Abenden mit Freunden oder Familienfesten.

Gummesson berichtet ausführlich aus ihrer Coaching-Praxis, um die unterschiedlichen Auswüchse des Perfektionismus zu beschreiben samt der Ursachen und Folgen. Im Anschluss an jede Fallstudie zeigt die Autorin, welche Lösungsmöglichkeiten sich bieten.

Kontrolle abgeben, offener Kommunizieren

Kurz auf den Nenner gebracht: Wer Kontrolle abgibt, offener kommuniziert, die Messlatte für den persönlichen Erfolg neu justiert und in der Konsequenz sein Ego stärkt, wird das Hamsterrad der eigenen Ansprüche schnell verlassen.

Rote Karte für den Perfektionswahn: „Mir reicht’s“ ist ein warmes und nachhaltiges Selbstcoaching-Buch für Frauen, die in Job und Privatleben mehr von sich fordern, als sie leisten können. Anhand vieler kleiner Übungen verhilft Ihnen Gummesson zu mehr Gelassenheit und Fairness in der Selbstbeurteilung. Gutes Buch!

Nur wo Schrammen und Kratzer sind, ist auch Leben

Heute geht es um ein Buch, das thematisch natürlich hervorragend zu diesem Blog und zum Thema Perfektionismus passt: Wabi Sabi geht davon aus, dass wir niemals mit irgendetwas fertig werden. Daher ist Perfektion und Stillstand nicht zu erreichen – und das wäre ja auch langweilig. Und: Diese Sichtweise entspannt ungemein!

Es sind die Kratzer, die Beulen und Schrammen, die Persönlichkeit verleihen. Den Menschen genauso wie den Dingen. Einzigartig ist, was lebendig ist und die Vergänglichkeit akzeptiert.

Das Perfekte, das Fertige ist dagegen leblos. Auf diesen Grundannahmen der japanischen Kultur des Wabi Sabi entwickelt Christopher A. Weidner die Perspektive für ein entspanntes und bewusstes Leben in der modernen Welt.

Sich an der Vergänglichkeit des Augenblicks erfreuen

Der Blick von außen ermöglicht immer wieder neue Sichtweisen auf scheinbar Altbekanntes. Sehr gut gelingt dies Christopher A. Weidner mit dem Rückgriff auf die in Japan heute noch präsente Kultur des Wabi Sabi.

Entstanden als Gegenbewegung gegen die prunkvollen Teezeremonien Chinas, entwickelte Sen no Rikyu im 16. Jahrhundert eine ästhetisch auf das Wesentliche reduzierte Kultur. Im Zentrum steht die Achtsamkeit auf den Augenblick. Das bedeutet das bewusste Wahrnehmen des Vergänglichen. Berühmtestes Beispiel dafür sind die abgefallenen Kirschblüten auf dem sauber gerechten Kieselweg.

Gegen die Illusion, irgendwann einmal mit etwas „fertig“ zu sein

Wabi Sabi gibt uns auch Hinweise für das ganz alltägliche Leben. So stellt Christopher A. Weidner dem klassischen Zeitmanagement einen scheinbar provokanten Wabi-Sabi-Satz entgegen: „Wabi Sabi geht davon aus, dass wir niemals mit etwas fertig werden… es geht darum, das, was wir tun, aus ganzem Herzen zu tun und es zu genießen.“

Aus dieser Perspektive erschließt sich das Potenzial dieser sehr alten japanischen Kultur. Sie setzt ein Gegengewicht zum materialistischen Primat der Quantität, indem sie den Fokus auf die Qualität setzt. Als Beispiel dient ein schönes Abendessen mit Freunden.

Die Kunst des Lebens

Lebensfreude und Lebenszufriedenheit wird nur finden, wer den Augenblick und damit auch die Vergänglichkeit des Augenblicks wahrnehmen und genießen kann. Wer dagegen gleich an eine Wiederholung (und damit Vervielfachung) des Essens und der Stimmung denkt, wird immer einer Schimäre hinterherjagen.

„Nicht perfekt und trotzdem glücklich“ heißt das Buch im Untertitel. Das Versprechen löst der Autor Christopher A. Weidner ein, indem er seine Leser durch viele Fragen und Anregungen dazu anleitet, die wahren Motive und Werte zu erkennen.

Dazu führt er auch in einem Schnelltest durch die 16 Lebensmotive des amerikanischen Psychologen Steven Reiss. Ziel ist es, aufgrund des individuellen Persönlichkeitsprofils eine eigene Lebenskultur zu entwickeln, die auf den Prinzipien des Wabi Sabi beruht. Eine gute Hinführung zur japanischen Wabi-Sabi-Kultur und eine Einladung, die Welt aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten.


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