In Deutschland fehlt es an Unternehmern, die bereit sind Risiken einzugehen – und an der passenden Ausbildung dazu. Diese Meinung zumindest vertritt der ehemalige IBM-Manager Gunther Dueck – und nicht nur er.

Gunther Dueck über Ausbildung & Unternehmenskultur in Deutschland: "Kreativität wird als Krankheit betrachtet!"

Überraschende Erkenntnisse zum deutschen Bildungssystem

Vor einiger Zeit tagte die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Internet und digitale Gesellschaft“ zum Thema „Veränderungsprozesse in der digitalen Wirtschafts- und Arbeitswelt“. U.a. ging es um die StartUp-Förderung und Unternehmenskultur in Deutschland sowie das Bildungssystem.

Dabei gab es einige überraschende Erkenntnisse zum Digitalen Wandel und zum deutschen Bildungssystem – u.a. von Gunther Dueck, seines Zeichens Mathematiker, Ex-IBM-Manager, Publizist und Speaker: O-Ton seiner Ausführungen: Das Deutschen Bildungssystem erstickt jedes unternehmerische Denken bereits im Keim.

Kreativität als Krankheit?

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Kreativität wird in der Schule als Krankheit betrachtet“, urteilte er. Zudem sei die Vermittlung sozialer Kompetenz „kein Bestandteil des Bildungssystems“. Zwar werde auf das Zuhören Wert gelegt. Das Austeilen von Befehlen werde aber in der Schule aberzogen, kritisierte er. Das sei falsch, da man als Unternehmer auch mal „klare Ansagen“ machen müsse.

Etwas weniger hilfreich war Dueck Ausführung zur Frage von MdB Tabea Rößner, wie denn dem modernen Prekariat zu begegnen sei. Rößner, medienpolitische Sprecherin der Grünen, spielte damit auf die Situation vieler Kreativschaffender an.

Duecks Antwort darauf ist altbekannt und mir persönlich ein wenig zu oberflächlich: Wer die entsprechenden Soft Skills und Anpassungsfähigkeiten an die moderne, digitale Gesellschaft mitbringe, werde es schaffen. Der Rest fällt hinten runter. Das ist mir, gerade wenn es um weitreichende politische Entscheidungen geht, ein wenig zu einfach gedacht.

Wie verändert die Digitalisierung unsere Arbeitswelt?

Ebenfalls interessant fand ich die Ausführungen von Professor Ruth Stock-Homburg von der Technischen Universität Darmstadt (Fachgebiet Marketing und Personalmanagement), die unmittelbar vor Dueck zu Wort kam. Sie warnte vor der völligen Vermischung von Beruf und Familie. Dies sei schlecht für die Gesundheit aber auch für die Leistung.

Und sie hatte, im Gegensatz zu Dueck, ganz praktische Vorschläge. Man könne dem mit einer hohen Medienkompetenz entgegenwirken. So könne man Arbeit zuhause „nur an bestimmten Orten stattfinden lassen, um nicht das gesamte soziale Umfeld damit zu beglücken“. Eine solche Medienkompetenz sollte ihrer Ansicht nach in einem Technologieunterricht vermittelt werden. Es sei jedoch zu beobachten, dass Unterrichtsangebote, die schon in den Grundschulen beginnen würden, „sobald der Rotstift angesetzt wird, vom Tisch sind“.

Wie es um die Digitalisierung in Deutschland bestellt ist, zeigt sich u.a. auch in der Tatsache, dass das Video zur Sitzung leider nur in voller, fünfstündiger Länge zu finden war. Ganze 90 Minuten muss man dabei darauf warten, dass Gunther Dueck mit seinen Ausführungen an die Reihe kommt.

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Volldigitalisierung ist inhuman

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Was ich besonders spannend fand, waren Ihre Aussagen zur Digitalen Gesellschaft: Ebenso wie sich der Taylorismus, die vollständige Arbeitsteilung, zwar als wirtschaftlich effizienter anerkannt, aber aus Gründen der Inhumanität und der daraus resultierenden Unzufriedenheit wieder abgeschafft wurde.

Aus dem gleichen Grund werde sich auch eine vollständige Digitalisierung der Gesellschaft nicht durchsetzen, auch wenn das erstmal praktisch klinge. Es werde immer Unternehmen geben, die stärker digitalisiert seien als andere. Das ist ein Aspekt, der in weiten Teilen der digitalen Gesellschaft meiner Meinung nach oft übersehen wird!

Finanzierungsmöglichkeiten für Startups

Was gabs noch? Nicht so viel Neues. Dass es bei den Finanzierungsmöglichkeiten für Start-Up-Unternehmen in Deutschland Nachholbedarf gibt, ist für mich ein alter Hut – dazu muss man nur das Interview mit Carsten Foertsch auf Best of HR – Berufebilder.de® lesen. Aber die recht unterschiedlichen Lösungswege für dieses Dilemma sind recht interessant:

Für eine „nachhaltige Förderung von risikokapitalfinanzierten Finanzierungsmodellen“ sprach sich Heiko Hebig von der SPIEGELnet GmbH aus. Mit den in Deutschland zumeist üblichen Bankkrediten sei Start-Up-Unternehmern oftmals nicht geholfen, da deren Geschäftsmodelle für derartige Kredite nicht geeignet seien, betonte Tom Kirschbaum, Mitgründer der Penelope Ventures GmbH. Durch Venture-Capital-Gesellschaften vergebenes Risikokapital dürfe man daher „nicht verteufeln“.

Steuererleichterungen für Wagnis-Kapital-Geber

In Frankreich habe man positive Erfahrungen mit Steuererleichterungen für Wohlhabende gemacht, die in Wagniskapitalmodelle investieren, sagte Frederic Hanika von der Software AG. Dadurch hätten sich mehr Wagniskapitalfonds gegründet, wodurch die Finanzierung von Start-Up-Unternehmen einfacher geworden sei.

Schwieriger als ein Start-Up-Unternehmen zu gründen, so Hanika weiter, sei jedoch der Schritt zu einem „großen Unternehmen“. Dafür bedürfe es eines hohen Vermarktungsaufwandes, betonte er. Dies sei oft teurer als die eigentliche Entwicklung.

Ein weiteres Problem für junge Unternehmensgründer, so Heiko Hebig, sei der hohe bürokratische Aufwand. Hier wäre es aus seiner Sicht sinnvoll, wenn zumindest im Anfangsstadium Erleichterungen ermöglicht würden.

Mehr Chancen als Risiken sehen

Die Bewertung von Chancen und Risiken müsse sich ändern, forderte Tom Kirschbaum. „In Deutschland wird nicht die Vision gesehen sondern die Bedenken“, befand er. Facebook etwa werde in den Medien zumeist im Zusammenhang mit eventuellen Verstößen gegen den Datenschutz genannt.

„Ich würde mir wünschen, dass wir stärker über die Chancen reden“, sagte der Unternehmensgründer. Eine dieser Chancen liege in der neuen Arbeitskultur, welche den Mitarbeiter zum „Teil des Projekts“ mache, sagte er. Die neuen Arbeitszeitmodelle, die keine festen Anfangs- oder Endzeiten und auch keine festen Arbeitsorte kennen würden, böten Vorteile und seien „spannend für die Familienplanung“, sagte auch Heiko Hebig.

Unabhängigkeit oder Isolation?

Dem Vorteil von Unabhängigkeit durch die neue Arbeitskultur stünden soziale Isolation, mangelnder Arbeitsrhythmus, fehlende Infrastruktur und fehlende Professionalität entgegen, sagte Holger Eggerichs, mitverantwortlich für „Cloudsters“ – einem gemeinnützigen Projekt zur „Zukunft der Arbeit“ des Lübecker Vereins Lubeca.

Mit dem Projekt habe man ein gemeinnütziges, städtisches „Co-Working Konzept“ geschaffen, dass allen Bürgern Zugriff auf eine virtuelle Arbeitsplattform gibt, und ihnen erlauben, unternehmensübergreifend zu kommunizieren und zu kooperieren.


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