Starre Zeitplanungs-Methoden gelten längst als überholt, weil sich die Realität oft schneller ändert, als man planen kann. Chaotisches Zeitmanagement klingt daher verlockend. Ein Realitätscheck.

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Chaotisches Zeitmanagement: Ein Selbsttest

Vor einiger Zeit hatte ich einmal was über chaotisches Zeitmanagement gelesen. Das geht ungefähr so: Die dringenden Sachen abarbeiten, alles andere liegen lassen und schauen, was passiert. Doch daraus kann schnell eine endlose Spirale werden. Erst dachte ich, das sei völliger Quatsch. Aber der Gedanke hat mich seitdem nicht mehr losgelassen.

Daher habe ich es selbst ausprobiert. Mein Fazit: Wenn ich vieles liegen lassen, weiß ich bald nicht mehr wo mir der Kopf steht – und es entsteht eine Endlosspirale, weil die losen Enden endlos werden. Doch wie sieht das genau aus?

3 Schritte zum chaotischen Zeitmanagement

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Die dringenden Sachen abarbeiten, alles andere liegen lassen und schauen, was passiert – Chaotisches Zeitmanagement läuft im Wesentlich in 3 Schritten ab:

  1. Man muss warten und verzichten können. Warten Sie ab, bis sich etwas von selbst erledigt hat. Wenn nicht, laufen Sie zur persönlichen Hochform auf und bekommen es schnell noch hin. Warten Sie, bis es ein Anderer erledigt hat. Die Arbeit geht schließlich dorthin, wo sie getan wird. Verzichten Sie möglichst darauf, dort zu sein.
  2. Verzichten Sie auf Planung, es kommt immer anders, als man denkt. Warten Sie lieber, wie es tatsächlich kommt. Dann improvisieren Sie, und garantiert werden Sie es irgendwie hinbekommen. So trainieren Sie gleichzeitig Ihre Überraschungskompetenz und bald kann Sie gar nichts mehr erschrecken.
  3. Bleiben Sie unterorganisiert und verzichten Sie auf so sinnlose Aktivitäten wie Schreibtisch aufräumen und Ablegen. Sie haben mehr Zeit gespart, als Sie jemals für das Suchen benötigen. Verzichten Sie auf den Unfug, Wichtiges künstlich dringend zu machen, wie es die Geplanten tun.

Sollte man mal ausprobieren

Nun bin ich kein Fan festgefügter Zeitmanagement-Pläne – ich sehe so etwas eher als Orientierungshilfe denn als “Must-do!”. Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Daher ist ein starres Planungskorsett meiner Erfahrung nach eher hinderlich. Allerdings: Gar nicht planen genau so. Denn was man plant beziehungsweise sich vornimmt, zieht man auch eher durch.

Aber, die Idee, sich nicht an starre Planungslisten zu halten, fand ich durchaus attraktiv. Und so habe ich einen Selbsttest gestartet: Die dringenden Sachen abarbeiten, alles andere liegen lassen und schauen, was passiert.

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Da ist zunächst die Idee, alles bis auf den letzten Drücker rauszuschieben. Sie kommt der Tendenz entgegen, dass die meisten von uns unter Stress und Druck meinen, effektiver zu sein. Zudem können wir gerade bei wichtigen Dingen prima prokrastinieren – zum Beispiel weil man eigentlich Angst vor der Aufgabe hat oder nur einen Berg von Arbeit sieht und nicht weiß, wo anfangen.

Ehrlich gesagt halte ich das für ziemlich gewagt. Man erinnere sich an die Geschichten von Freunden, denen einen Tag vor Abgabe der Magisterarbeit die Festplatte abgeschmirrt ist oder ähnliches. Daher… klar, manche Sachen erledigen sich wirklich von selbst: Ich wollte kürzlich meinen Ex-Gasanbieter anrufen, wusste aber, dass mich das unendlich viel Zeit in der Warteschleife kosten würde. Dann habe ich via Twitter erfahren, dass er pleite ist. Den Anruf konnte ich mir schenken!;-)

Die Sache mit den losen Enden

Aber das wichtigste Argument: Wer hat denn die Nerven, eine wichtige Aufgabe bis zum Ende hinauszuzögern und dabei ruhig und entspannt zu bleiben?  Wirklich entspannt ist man doch in der Regel erst, wenn man die Sache erledigt hat. Oder bin ich die Einzige, der das so geht? Also mein Tipp: Die Sache besser gleich erledigen, dann kann man ruhiger weiterarbeiten.

Das ist auch meine Hauptkritik am chaotischen Zeitmanagement: So wie in dem Artikel beschrieben, bleiben zu viele lose Enden liegen. In meinem Selbsttest habe ich mich in den vergangenen Wochen auf eine wichtige Sache konzentriert: Mein neues Buch, das im September erscheinen wird. Mit Tunnelblick und Scheuklappen habe ich wirklich viel bewerkstelligen können. Allerdings türmten sich links und rechts die Papierberge. Schlimmer waren noch die gedachten losen Enden im Kopf. Ich wusste, dass da vieles liegen bleibt und hatte ständig ein schlechtes Gewissen.

Chaotisches Zeitmanagement und die Realität

Ich musste deshalb eine Pause einlegen, um alles abzuarbeiten und wegzusortieren. Und siehe da: Jetzt geht es mir besser. Aber entspannend war das nicht gerade. Eine ausgewogene Mischung zwischen Hauptaufgabe und Nebenaufgaben wäre sicher besser gewesen.

Das Experiment “Chaotisches Zeitmanagement” ist für mich gescheitert. Vielleicht beim nächsten Mal doch wieder To-Do-Listen machen? Oder bekommt man das mit dem ausgewogenen Arbeiten einfach nicht hin, weil es zwischendurch immer mal wieder stressige Hoch-Produktiv-Phasen gibt? Wie sieht das bei Euch aus? Vielleicht ist das ja die wichtigste Erkenntnis bei der ganzen Sache: Dass es DIE eine Zeitmanagement-Methode nicht gibt. Weil jeder ganz anders funktioniert. Und wir daher eine flexible Zeitplanungsmethoden brauchen.


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