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Offenlegung & Urheberrechte: Bildmaterial erstellt im Rahmen einer kostenlosen Kooperation mit Shutterstock. Text ursprünglich aus: „Sprint: Wie man in nur fünf Tagen neue Ideen testet und Probleme löst“ (2016), Mehr Zeit: Wie man sich auf das Wichtigste konzentriert“ (2018), erschienen bei Münchener Verlagsgruppe (MVG), Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags.
Von Jake Knapp (Mehr) • Zuletzt aktualisiert am 06.04.2022 • Zuerst veröffentlicht am 30.10.2020 • Bisher 4389 Leser, 2683 Social-Media-Shares Likes & Reviews (5/5) • Kommentare lesen & schreiben
Veränderungen beginnen meist mit großen Visionen. Doch wie genau wird aus einer Vision ein wirklicher Change-Prozess? Ein Beispiel-Überblick.
Im Jahr 2002 hängte ein Klarinettist namens James Freeman seinen Job als Profimusiker an den Nagel und gründete … einen mobilen Kaffeeausschank. James war ein leidenschaftlicher Liebhaber von frisch geröstetem Kaffee. Damals war es im Einzugsgebiet von San Francisco praktisch unmöglich, Kaffeebohnen zu finden, deren Röstdatum auf der Packung angegeben wurde. Also beschloss James, seinen Kaffee selber zu rösten. Er röstete die Bohnen zu Hause in einem Gartenschuppen und anschließend fuhr er zu einem Bauernmarkt in Berkeley und Oakland, Kalifornien, wo er einen mobilen Kaffeeausschank aufbaute. Jede Tasse war frisch gebrüht. James war freundlich und zuvorkommend, und sein Kaffee schmeckte ausgezeichnet.
Schon bald hatten James und sein Kaffeewagen namens Blue Bottle Coffee eine Fangemeinde. Im Jahr 2005 richtete er ein stationäres Blue-Bottle-Café in der Garage eines Freundes in San Francisco ein. Im Verlauf der folgenden Jahre wuchs sein Geschäft und er eröffnete peu à peu weitere Cafés. Im Jahr 2012 gab es Blue-Bottle-Cafés in San Francisco, Oakland, Manhattan und Brooklyn. Das war ein Geschäft, das viele als perfekt bezeichnet hätten. Der Kaffee galt als einer der besten des ganzen Landes. Die Baristas waren freundlich und verfügten über umfassende Kaffee-Kenntnisse. Auch die Innendekoration der Cafés war perfekt: Holzregale, geschmackvolle Keramikfliesen und ein zurückhaltendes Logo in perfektem Himmelblau. James fand sein Geschäft jedoch keineswegs perfekt oder vollständig. Er war nach wie vor ein leidenschaftlicher Kaffeespezialist und Gastwirt und wollte noch mehr Kaffeeliebhabern das Blue-Bottle-Erlebnis nahebringen. Deswegen wollte er weitere Cafés eröffnen.
Außerdem wollte er den Menschen frisch gerösteten Kaffee nach Hause bringen, selbst wenn sie nicht in der Nähe eines Blue-Bottle-Cafés wohnten. Wäre sein Kaffeewagen ein Sputnik gewesen, wäre die nächste Phase eher ein Raketenstart zum Mond gewesen. Im Oktober 2012 beschaffte sich Blue Bottle Coffee 20 Millionen Dollar von einer Investorengruppe aus dem Silicon Valley, darunter auch GV. James hatte viele Pläne für die Verwendung des Geldes, der naheliegendste war jedoch die Entwicklung eines besseren Onlineshops für den Verkauf frischer Kaffeebohnen. Blue Bottle war aber kein Technikunternehmen und James war kein Experte in Online-Einzelhandel. Wie konnte er den Zauber seiner Cafés auf Smartphones und Laptops übertragen?
Gute Ideen sind selten. Und selbst wenn eine Idee noch so gut ist, ist das noch keine Garantie dafür, dass sie sich in der echten Welt auch behaupten kann. Das gilt für jeden, ob er nun ein Start-up führt, in der Schule unterrichtet oder in einem großen Unternehmen arbeitet. Die Umsetzung von Ideen ist bisweilen eine schwierige Sache. Was ist der wichtigste Punkt, auf den Sie Ihre gesamte Energie konzentrieren müssen? Und wie packen Sie das Ganze an? Wie wird Ihre Idee in der realen Umsetzung aussehen? Ist es besser, einen besonders cleveren Menschen daranzusetzen, all das auszutüfteln, oder sollten Sie lieber ein Team-Brainstorming durchführen? Und woher wissen Sie, dass Sie die richtige Lösung gefunden haben? Wie viele Meetings und Diskussionen sind nötig, um sich sicher zu sein? Und wenn das einmal erledigt ist, interessiert sich dann auch irgendjemand für Ihre Idee?
An einem strahlenden Dezembernachmittag, trafen sich Braden Kowitz und John Zeratsky mit James. Sie saßen an einem Bartresen, tranken Kaffee und sprachen über die Herausforderung. Der Onlineshop war wichtig für das Unternehmen. Um ihn gut hinzukriegen, waren Zeit und Geld nötig, und wo und wie sollte man anfangen? Mit anderen Worten, Blue Bottle Coffee klang nach dem perfekten Kandidaten für unsere Methode. James ließ sich darauf ein.
Braden, John und James überlegten, wer am Meeting teilnehmen sollte. Ein ganz klarer Kandidat war der Programmierer, der für die Einrichtung des Blue-Bottle-Onlineshops verantwortlich sein würde. James wollte aber auch den Vorstand für das operative Geschäft, den Finanzvorstand und den Kommunikationsmanager dabei haben. Außerdem lud er die Leiterin des Kundenservice ein, die Kundenfragen und -beschwerden behandelte, und sogar den Chairman Bryn Meehan – ein Einzelhandelsexperte, der in England eine Öko-Lebensmittelmarktkette gegründet hatte. Und natürlich würde James selbst teilnehmen.
Der Onlineshop war im Wesentlichen ein Softwareprojekt, etwas, womit unser GV-Team sehr vertraut war. Aber diese Gruppe sah überhaupt nicht aus wie ein traditionelles Software-Team. Die Teilnehmer waren vielbeschäftigte Manager, die eine ganze Woche lang ihre wichtige Arbeit liegenlassen mussten. Würde es diese Zeit wert sein? Am Montagmorgen traf sich das Blue-Bottle-Team in einem Konferenzraum der GV-Niederlassung in San Francisco. Wir zeichneten ein Diagramm auf ein Whiteboard, um darzustellen, wie die Kaffeekonsumenten sich möglicherweise durch den Onlineshop bewegten. Das Blue-Bottle-Team konzentrierte sich auf einen Neukunden, der Kaffeebohnen kaufen wollte. James wollte, dass wir uns auf dieses Szenario konzentrierten, weil es so schwierig war. Wenn es dem Unternehmen gelang, Glaubwürdigkeit zu erzielen und einem Neukunden, der noch nie zuvor von Blue Bottle gehört, geschweige dessen Cafés besucht und seinen Kaffee probiert hat, ein großartiges Kauferlebnis zu vermitteln, dann wäre jede andere Situation im Vergleich ein Spaziergang.
Wir standen vor einer großen Frage: Wie sollten wir die Kaffeesorten strukturieren? Der potenzielle Käufer in diesem Szenario würde ungefähr zwischen einem Dutzend Kaffeebohnen auswählen können, die jeweils in beinahe identischen Tüten angeboten wurden. Aber anders als im Blue-Bottle-Café gab es keinen Barista, der ihn beriet. Auf den ersten Blick schien die Lösung auf der Hand zu liegen. Von kleinen, exklusiven Kaffeeröstereien bis zu Massenunternehmen wie Starbucks neigen Einzelhändler dazu, Kaffee nach Anbauregion zu sortieren: Afrika, Lateinamerika, Pazifikregion. Kaffee aus Honduras versus Kaffee aus Äthiopien. Es wäre nur logisch, wenn Blue Bottle seine Bohnen genauso strukturieren würde.
»Ich muss etwas zugeben«, verkündete Braden. Alle sahen ihn an. »Ich stehe auf Kaffee, okay? Ich habe eine Waage und die ganzen diversen Accessoires zu Hause.« Elektronische Waagen sind das Kennzeichen eines echten Kaffeefreaks. Mit der Waage konnte Braden das Wasser und die Kaffeebohnen abmessen, sodass er mit verschiedenen Mengenverhältnissen experimentieren konnte. Es geht hier um eine ganze Wissenschaft. Kaffeewaagen sind bis auf den Bruchteil eines Gramms präzise.
Braden grinste und hob hilflos die Hände. »Ich habe keine Ahnung, was die Regionen bedeuten.« Daraufhin herrschte Stille. Wir vermieden es, James anzusehen. Immerhin wäre es möglich, dass Bradens tapferes Eingeständnis als Ketzertum gewertet würde. »Das ist in Ordnung«, antwortete James. Die Schleusentore öffneten sich. John und Jake kannten die Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen auch nicht, noch kannte sie Daniel Burka. Wir tranken ständig zusammen Kaffee, aber niemand von uns hatte jemals seinen Mangel an Expertentum zugegeben.
Dann schnipste Serah Giarusso, Blue Bottles Kundenserviceleiterin, mit den Fingern. »Was machen wir in den Cafés?« fragte sie. Die Baristas müssen ständig mit Kunden konfrontiert sein, denen es so ähnlich geht wie Braden: Ein Kunde möchte Kaffeebohnen kaufen, weiß aber nicht genau, welche.
James ist ein langsamer und bedächtiger Redner. Er legte eine kurze Pause ein, bevor er antwortete. »Die Brühmethode ist sehr wichtig«, sagte er. »Wir schulen die Baristas, damit sie den Kunden eine einfache Frage stellen: ›Wie bereiten Sie Ihren Kaffee zu Hause zu?‹« James erklärte, je nachdem, ob der Kunde Filterkaffee von Hand überbrüht, einen Kaffeebereiter mit Presse benutzt, eine normale Kaffeemaschine oder irgendeine andere Methode verwendet, würde der Barista eine passende Kaffeebohne empfehlen.
»Wie bereiten Sie Ihren Kaffee zu Hause zu …?«, wiederholte Braden. Alle machten sich Notizen. James hatte begonnen, indem er seine Vision darlegte: Der Onlineshop sollte genauso einladend und gastfreundlich sein wie die Cafés. Wir hatten das Gefühl, auf der richtigen Fährte zu sein.
Das Team verbrachte den folgenden Tag damit, Ideen für den Onlineshop zu skizzieren. Am Mittwochmorgen hatten wir fünfzehn verschiedene Lösungsvorschläge. So viele Lösungen kann man nicht am Kunden testen. Daher wählte das Team seine bevorzugten Alternativen aus, um die Auswahl einzugrenzen. Der zweite Lösungsvorschlag enthielt viel Text, der die Gespräche widerspiegelte, die die Baristas oft mit Kunden führen. Schließlich entschied sich James für den dritten Lösungsvorschlag, der die Kaffeesorten nach Brühmethode sortierte. So ließ sich die Frage »Wie bereiten Sie Ihren Kaffee zu Hause zu?« auf den Computerbildschirm übertragen.
James hatte drei konkurrierende Ideen ausgewählt. Von welcher sollten wir einen Prototyp erstellen und testen? Die Idee einer Website, die wie ein Café wirkte, war die attraktivste. Die Ästhetik von Blue Bottle ist berühmt; eine darauf abgestimmte Website würde sich von allen anderen Websites auf dem Markt unterscheiden. Wir mussten die Idee ausprobieren, aber sie war nicht mit den anderen Lösungsvorschlägen kompatibel. Diese anderen Lösungsansätze waren aber genauso faszinierend. Wir konnten uns nicht entscheiden.
Also beschlossen wir, von allen drei einen Prototyp zu erstellen. Schließlich brauchten wir keine funktionsfähige Website. Um für unsere Testzwecke echt zu wirken, brauchte jeder Test-Onlineshop nur wenige Bildschirmseiten. In unserer Zusammenarbeit mit dem BlueBottle-Team erstellten wir mithilfe der Präsentationssoftware Keynote eine Serie an Folien, die wie drei echte Websites wirkten. Mit ein wenig Einfallsreichtum und ohne jede Programmierleistung bastelten wir aus diesen Seiten einen Prototyp, den unsere Testkunden verwenden konnten.
Am Freitag sah sich das Team die Kundeninterviews an. Jeder Testkunde kaufte in mehreren Onlineshops ein. Blue Bottles drei Prototypen wurden zwischen die Websites der Wettbewerber geschaltet. (Um den Kunden keinen Hinweis zu geben, gaben wir jedem Prototyp einen Fantasienamen.)
Es begannen sich Muster herauszubilden. Der Shop mit den Holzregalen, auf den alle so große Hoffnungen gesetzt hatten? Wir fanden den Prototyp sehr schön, aber die Kunden fanden ihn »kitschig« und »nicht vertrauenswürdig«. Die anderen beiden Prototypen schnitten weitaus besser ab. Das Design mit der Frage »Wie bereiten Sie Ihren Kaffee zu Hause zu?« funktionierte reibungslos. Und das textbeladene Design schockierte uns: Die Kunden lasen tatsächlich den ganzen Text und all die zusätzlichen Informationen, die Blue Bottles Stimme und Fachwissen Leben einhauchten. Ein Kunde sagte: »Diese Leute kennen sich mit Kaffee aus.«
James und das Blue-Bottle-Team bildeten Vertrauen. Sie waren der Bestimmung, wie ihr Onlineshop funktionieren sollte, sehr viel näher gekommen. Vor allem hatten sie das auf eine Weise erreicht, die ihrem Prinzip von einladender Gastfreundschaft entsprach. Sie waren davon überzeugt, dass der Onlineshop eine wirklich authentische Blue-Bottle-Erfahrung sein könnte. Einige Monate später führte Blue Bottle seine neue Website ein, und von da an verdoppelte sich das Wachstum im Online-Absatz.
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Jake Knapp entwarf für Google Ventures den Sprint-Prozess.Bei Google leitete er Sprint-Prozesse für Gmail bis Google X. Aktuell ist er einer der wichtigsten Entwickler der Welt. Alle Texte von Jake Knapp.
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