Wir alle wollen gesünder essen und leben. Daher wird auch das Thema ökologische Landwirtschaft immer wichtiger. Die Stunde der Biobauern.

salagon

Ökobauern: Weltfremde Idealisten?

Viel Natur, wenig Chemie – bislang galten Ökobauern vor allem als weltfremde Idealisten. Denn während es konventionellen Landwirten vor allem darum geht, möglichst hohe Agrarerträge einzufahren, um entsprechende Gewinne einzufahren, haben Ökobauern ein anderes Ziel: Nachhaltigkeit.

Bei der ökologischen oder biologischen Landwirtschaft steht die Ressourcennutzung unter Berücksichtigung des Stoff- und Naturkreislaufs im Vordergrund. Durch den Rückgriff auf natürliche Regulationsmechanismen soll der Ersatz von natürlichem durch künstliches Kapital weitgehend verhindert beziehungsweise rückgängig gemacht werden. Detaillierte Richtlinien garantieren die Verwirklichung der Grundsätze und geben Mindeststandards für die Produktion und Verarbeitung von ökologischen Erzeugnissen vor.

Der Kerngedanke des ökologischen Landbaus

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Ursprüngliche Kerngedanken des ökologischen Landbaus sind die Idee der Selbstversorgung und die Bewahrung der bäuerlichen Traditionen: Dabei denken nicht wenige bei Ökobauern Menschen, die mit Brennholz Heizen, Quellwasser trinken und nur für denen eigenen Bedarf anbauen – und die nebenbei auch Lebensmittel verkaufen.

Doch das Bild vom klassischen Selbstversorger, der nur von der Hand in den Mund lebt, stimmt so nicht mehr: Längst erwirtschaften Ökobauern gleich hohe Gewinne wie ihre konventionell arbeitenden Kollegen. Das belegt eine europaweite Studie der Braunschweiger Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft. Denn viel Ökobauern vermarkten Ihre Arbeit mittlerweile sehr geschickt: Sei es ob Sie Ihre Ernte im Direktvertrieb verkaufen oder auch Agritourismus anbieten.

Was unterscheidet Ökobauern von normalen Bauern?

Dabei sind Ökobauern zunächst einmal Bauern wie alle anderen auch: Unter Berücksichtigung klimatischer Bedingungen bestimmen sie weitgehend selbst, ob und welche Tiere sie halten und welche Feldfrüchte sie anbauen. Erzeugt werden vielfältige pflanzliche Produkte wie Getreide, Hülsenfrüchte, Kartoffeln, auch Gemüse, Hopfen und Kräuter.

Außerdem betreuen Ökobauern auch Nutztiere wie Kühe, Schweine, Schafe oder Hühner. Die Tiere müssen jeden Tag im Jahr versorgt werden. Sehr früher Arbeitsbeginn und Arbeit bei jedem Wetter – auch an den Wochenenden – sind typisch. Besonders bei der Ernte, wenn Tiere erkrankt sind oder bei Tiergeburten leisten Bauern zusätzliche Arbeit.

Mit der Hand oder Maschine?

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Ökobauern machen allerdings keinesfalls alles mit der Hand, sondern benutzen auch landwirtschaftliche Maschinen und Geräte, die sie warten und reparieren müssen. Nachweise und Buchführungen sowie Abrechnungen werden wie bei anderen Unternehmern auch an modernen Computer erledigt.

Der unterschied zu konventionellen Landwirten liegt darin dass Ökobauern besonders sorgfältig auf artgerechte Tierhaltung achten . Die Tiere werden soweit möglich mit Futter aus dem eigenen Bio-Betrieb ernährt.

Energieeffizient und mit Umweltstandards

Außerdem düngt ein Ökobauer keinesfalls mit leicht löslichen mineralischen Düngemitteln, sondern mit stickstoffhaltigen Pflanzen (Leguminosen ), die als Gründüngung eingepflügt werden, mit aufbereitetem Stallmist und mit stark verdünnter Gülle und mit Kompost. Das führt zu Energieeinsparung zwischen 20 und 60 Prozent, was zur Folge hat, dass 40 bis 60 Prozent weniger Kohlendioxid (CO2) emittiert werden.

Außerdem sorgen Ökobauern auch für die Erhaltung der Umwelt: Sie bekämpfen Unkraut nur auf natürliche Art, reißen es z. B. mit der Hand aus, hackt es mit dem Hackhäufler oder tötet Unkrautkeimlinge mit einer Flamme ab. Als Spritzmittel zum Pflanzenschutz verwenden Ökobauern organisches Material wie Brennnessel-Jauche , Rainfarnauszüge. Sie führen auch Forstarbeiten durch und pflanzen zwischen den Feldern Hecken, die Unterschlupf für Vögel und andere nützliche Tiere bieten sowie die Bodenerosion durch Wind vermeiden.

Um im Einklang mit der Natur zu wirtschaften, planen sie die Fruchtfolge genau (Vielfelderwirtschaft). In frühestens fünf Jahren wird dieselbe Pflanzenart wieder auf demselben Acker angebaut. Wild lebende Tiere finden in den ökologisch bewirtschafteten Feldern günstigere Lebensbedingungen und auch seltene Ackerwildkräuter findet man hier häufig.

Neuste wissenschaftliche Erkenntnisse

Außerdem bedienen sich Ökobauern neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse, denn sie müssen viel über das Wesen des Bodens, der Pflanzen und der Tiere wissen und auch das Wirken von Ökosystemen kennen. Darauf stellen sie ihre Arbeitsweisen ein und müssen sie ständig überdenken. Nur so können sie im Einklang mit der Natur handeln.

Der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) Herstellung und Handel e. V. vertritt die Interessen der Naturkostbranche auf politischer und wirtschaftlicher Ebene, ist an der Gestaltung internationaler und nationaler Gesetzesvorhaben beteiligt und verabschiedet Qualitätsrichtlinien für den Naturkostfachhandel.

Umwelt- und sozialverträgliche Reisen auf dem Vormarsch

Ökobauern provitieren darüber hinaus vom Trend des Umwelt- und sozialverträglichen Reisens. Denn auf diesem Markt hat sich ein neuer weltweiter Reiseluxus ausgebreitet, der Exklusivität, besondere Naturerlebnisse, Bildung und Öko-Verantwortung kombiniert.

Selbst Mallorca, das Sinnbild für Billig- und Pauschaltourismus hat längst die Zeichen der Zeit erkannt und bemüht sich mit entsprechenden Maß- nahmen, die Insel als zunehmend exklusiveres Reiseziel zu etablieren. Übrigens: Zukunftsforscher Eike Wenzel hat das in diesem Interview auch schon gesagt.

Grüne Veranstalter mit Aufwind

Das forum anders reisen e.V. ist ein Zusammenschluss von etwa 130 Veranstaltern, die sich dem nachhaltigen Tourismus verpflichtet haben. Und es meldet:

Mit 11% durchschnittlichem Umsatzplus lagen die grünen Veranstalter deutlich über dem Schnitt der restlichen Branche. Dieser betrug laut einer im Dezember 2010 veröffentlichen Analyse des touristischen Fachmagazins fvw bei Veranstaltern vergleichbarer Größe (<10 Millionen Euro) lediglich 1,2%.

Wandern als Reisetrend

Der Wunsch nach Sozialverträglichkeit und Nachhaltigkeit zieht aber noch weitere Trends nach sich: Immer mehr Menschen wollen Land, Leute und Natur ganz unmittelbar erleben – zum Beispiel zu Fuß. Und dabei zu sich selbst finden. Fernsehkomiker Harpe Kerkeling hat es vorgemacht.

Wanderlustige können heute unter einem breiten Angebot an Wander- und Naturreisen mit mehr oder weniger spirituellen Inhalten wählen: Von der Fahrradpilgerreise nach Assisi über die Eremitage auf Zeit auf Sinai bis hin zur Teilnahme an spirituellen Ritualen der Hopi-Indianer.

Land und Leute kennen lernen

Das EcoCamp in Patagonien, Chile, greift die nomadische Tradition der Ureinwohner wieder auf: Im Mittelpunkt stehen tägliche Exkursionen, die in die Gepflogenheiten, Ernährungsweisen etc. der Nomaden einführen.

Die Navajo-Indianer in den USA bieten zahlreiche Touren zu speziellen Zielen an, etwa zu den 300 Meter hohen Monolithen oder den einstigen Höhlenwohnungen der Anasazi-Indianer.

Regionale Sitten und Bräuche

Es geht aber auch eine Nummer beschaulicher: Unweit von Forcalquier in den Französischen Alpes-de-Haute-Provence laden das Priorat von Salagon und seine Gärten mit rund 2000 Pflanzenarten zum Entspannen ein. Die Anlage beherbergt heute das ethnobotanische Museum der Hochprovence.

Sein Ziel ist es, die historische Flora der Region zu rekonstruieren und bewahren. Der Garten der Düfte beispielsweise lockt mit allerlei Aromen und ein Rundgang durch den mittelalterlichen Garten demonstriert, wie unser Flora vor der Entdeckung Amerikas ausgesehen hat. Eine Besonderheit ist der Garten mit Pflanzen der Hochprovence: Um ihn anzulegen, machte man sich das Wissen der lokalen Bevölkerung zu Nutze (siehe Foto).

Arbeiten statt Faulenzen

Doch lieber aktiv sein? Es gibt auch Reiseangebote, die eine Mischung aus Freiwilligeneinsätzen und Freizeit sind. Solche Reisen werden längst nicht mehr nur von engagierten NGOs und NPOs angeboten, sondern auch von kommerziell arbeitenden Reiseanbietern, wie etwa dem englischen Reiseveranstalter i-to-i oder dem Großanbieter TUI.

Der Verein Freiwillige Arbeitseinsätze in Südtirol vermittelt ehrenamtliche Helfer an Südtiroler Bergbauern, die in Not geraten sind. Die Einsätze werden individuell vereinbart. Mindestdauer: eine Woche. Außer der Anreise entstehen keine Kosten.

Wein, Weib und Gesang?

Erntehelfer im Weinbau sind fast schon Tradition. Jedenfalls beginnen Tourismusanbieter in ganz Deutschland, umfangreiche Pakete um die Plackerei im Weinberg zu schnüren.

Im ostdeutschen Wingert Saale-Unstrut beginnt das Wein-Wellness-Wochenende in der Toskana-Therme in Bad Sulza. Am nächsten Tag startet die Weinlese nach einem Sektfrühstück. Das Badehaus Bad Bibra belohnt die Wochenend-Weinbauern schließlich mit einer Massage.

Die pauschale Bio-Reise

Wem das dann doch zu erlebnishaltig ist: Demeter-Reisen bietet auch einen pauschalen Bio-Urlaub an.  Auf die Reisen kommt in der Regel ein Demeter- Koch mit, der nicht nur biodynamisch kocht, sondern zu- gleich Ernährungs- und Kochtipps an die Teilnehmer weiter- gibt.

Zudem wird auf jeder Reise ein ökologisch geführter Betrieb besucht. Die Unterkünfte sind selbstverständlich familiengeführt, die Gruppen auf maximal 20 Teilnehmer begrenzt.

Voraussetzungen, Aus- und Weiterbildung

Auch wenn Sie formal keine besonderen Voraussetzungen erfüllen müssen, um Ökobauer zu werden: Für die erfolgreiche Arbeit in der Landwirtschaft ist eine solide Ausbildung notwendig. Entweder, man macht eine dreijährige Lehre zum Landwirt. In ökologisch wirtschaftenden Betrieben lernt man auch gleich die besonderen Anforderungen des Öko-Landbaus.

Oder aber man entscheidet sich für den wissenschaftlicheren Weg und studiert an einer Universität oder Fachhochschule. Dort gibt es verschiedene Studiengänge, von denen sich einige auf die Öko-Landwirtschaft spezialisiert haben. Sowohl in Österreich wie auch der Schweiz ist ökologische Landwirtschaft eine staatlich anerkannte Zusatzqualifikation des Berufs Landwirt. Weitere Informationen gibt es beim Deutschen Bauernverband.

Formalitäten bei der Existenzgründung in Kürze

Um sich als Ökobauer selbständig zu machen, benötigen Sie einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb. Außerdem Als müssen Sie in der Gemeinde-/Stadtverwaltung, in der Sie Ihr Büro oder Ihre Betriebsstätte haben werden, ein Gewerbe anmelden. Zuständig ist hier das Ordnungsamt, manche Kommunalverwaltungen haben auch ein eigenes Gewerbeamt. Die Anmeldung Ihres Gewerbes kann persönlich oder schriftlich erfolgen.

Als Anmeldegebühr ist einmalig ein Betrag von 15 bis 50 Euro zu entrichten (variiert von Gemeinde zu Gemeinde). Gewerbetreibende müssen ab einem Gewinn von 24.500 Euro im Jahr Gewerbesteuer zahlen, ab einem Umsatz von 500.000 Euro im Jahr beziehungsweise 50.000 Euro Gewinn Bilanzen erstellen und sofort Pflichtmitglied der IHK werden. Das Gewerbe- oder Ordnungsamt leitet die Gewerbeanmeldung an andere Stellen wie das Finanzamt, die oder die Industrie- und Handelskammer, das Registergericht und die Berufsgenossenschaft weiter.

Seit Inkrafttreten der EG-Öko-Verordnung 1991 müssen Ökobauern mindestens nach diesen anerkannten ökologischen Richtlinien wirtschaften und produzieren. Interessant für Gründer ist außerdem das Bundesprogramm Ökologischer Landbau (BÖL) des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) zur Unterstützung des Ökolandbaus (http://www.bundesprogramm-oekolandbau.de)

Chancen

Der Markt für Bio-Lebensmittel ist einer der wenigen Wachstums-Segmente im deutschen Lebensmittelmarkt mit einem Jahreszuwachs um 1–5 Prozent. Da die Nachfrage nach Produkten aus biologischem Anbau noch zunehmen werden, der Beruf aber gleichzeitig ein gehöriges Maß an Einsatz, Fachwissen und Idealismus erfordert, was zu einer entspannten Konkurrenzsituation führt, stehen die Chancen gut.

Viele Ökobauern haben sich in verschiedenen Anbauverbänden zusammengeschlossen wie in der Bundesrepublik Deutschland z. B. Bioland, Demeter, Naturland, Gäa e. V. oder Biopark, welche durch ihre im Vergleich zur EU-Gesetzgebung nochmals strengeren Bestimmungen und Kontrollen dem Verbraucher zusätzlich Produktsicherheit garantieren. In der Schweiz ist Bio Suisse der größte Anbauverband, in Österreich Bio Austria.


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