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Von Simone Janson (Mehr) • Zuletzt aktualisiert am 27.10.2017 • Zuerst veröffentlicht am 27.10.2017 • Bisher 6846 Leser, 1134 Social-Media-Shares Likes & Reviews (5/5) • Kommentare lesen & schreiben
#MeToo und die Causa Weinstein lösten weltweit Diskussionen rund um das Thema Sexismus aus, von dem auch die IT– und Gründerszene betroffen ist. Doch die Arbeitsbedingungen in Startups, längst Vorbild für andere Unternehmen, sorgen auch immer wieder für Kritik. Eine Studie hat beide Themen genauer untersucht.
Längst bestimmen NewWork und die neue Arbeitswelt 4.0 als Trendthema die Diskussion in der Recruiting-Branche – und zwar weit über Startups hinaus. Denn was dort als innovative Neuerung der Arbeitswelt begann, ist längst Vorbild auch für etabliertere Unternehmen, die den Schritt zur digitalen Transformation vollziehen Wollen.
Ein Grund mehr, sich diese neue Arbeitskultur genauer anzuschauen, sie zu hinterfragen und auch ihre Schattenseiten zu untersuchen. Joblift hat dazu rund 32 Millionen Online–Stellenanzeigen, die in den letzten zwölf Monaten in Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Frankreich und den Niederlanden veröffentlicht wurden, semantisch untersucht und im September 2017 eine Online-Umfrage unter rund 500 Startup-Mitarbeitern in den oben genannten Märkten durchgeführt.
Die Frage, die sich dabei aktuell stellt: Inwieweit ist auch die europäische Gründerszene von solchen Missständen wie sie im Fall Weinstein bekannt werden betroffen? Wie sehen dementsprechend die weiteren Arbeitsbedingungen und Verdienstmöglichkeiten in Startups hierzulande aus? Und welche Standorte bestimmen überhaupt die Gründerlandschaft in Europa?
Joblift kam dabei in seinem European Startup Job Report 2017 zu folgenden Erkenntnissen:
Der Hashtag #MeToo könnte offenbar auch in der Deutschen Gründerszene ausgerufen worden sein: In deutschen Startups ist Sexismus dabei offenbar weiter verbreitet als in anderen Ländern. Jeder achte Startup-Mitarbeiter in Deutschland war bereits persönlich von Sexismus betroffen – bis zu doppelt so häufig wie in anderen europäischen Ländern. Rund einem Fünftel aller befragten Angestellten in deutschen Startups widerfuhr bereits Diskriminierung.
Bei 68 % davon handelt es sich um Sexismus, allen voran sexistische Witze, die 80 % der Betroffenen bereits erlebten. Immerhin 40 % gaben an, Opfer von nicht einvernehmlichen Körperkontakt gewesen zu sein. In keinem anderen der untersuchten Länder waren die Umfrageteilnehmer Sexismus in diesem Maße ausgesetzt: Den 13 % der Befragten in deutschen Startups stehen nur je 9 % in Frankreich und dem Vereinigten Königreich sowie 7 % in den Niederlanden gegenüber.
Obwohl Frauen rund die Hälfte der Führungspositionen besetzen, verdienen sie rund 11 % weniger als ihre männlichen Startup-Kollegen. Jede dritte Geschäftsführung wird laut der Umfrage von einer Frau besetzt, zusätzlich ganze 79 % der Positionen, die Personalverantwortung aufweisen. Allerdings nimmt der Frauenanteil deutlich ab, sobald zur Personal- auch Budgetverantwortung hinzukommt – in diesem Fall beläuft sich der Wert auf 47 %. Nichtsdestotrotz liegt dieser über dem länderübergreifenden Durchschnitt (31 %) – nämlich über dem des Vereinigten Königreichs (29 %), Frankreichs (28 %) und der Niederlande (37 %).
Allerdings: In keinem der vier untersuchten Länder empfinden so viele Befragte das Geschlechterverhältnis in ihrer Firma als unausgewogen wie in Deutschland. Dort trifft diese Einschätzung auf 41 % der Umfrageeteilnehmer zu, in den Niederlanden auf 40 %, in Frankreich auf 31 % und im Vereinigten Königreich auf lediglich 23 %. Und: Ungeachtet des relativ hohen Frauenanteils in Führungspositionen lässt sich in deutschen Startups eine geschlechtsspezifische Lohnlücke von rund 11 % beobachten: Die befragten Frauen verdienen im Mittel 40.087 Euro, ihre männlichen Kollegen 44.309 Euro.
Überhaupt zahlen Startups 7 % schlechter und erfordern 10 % längere Arbeitszeiten als die durchschnittlichen deutschen Arbeitgeber – was damit bisher eine subjektive Einschätzung war, mit dem sich einzelne unzufriedene Mitarbeiter in den Medien Luft machten, wird damit zur Gewissheit. Immerhin: In Deutschland zahlen Startups immer noch besser als in anderen Ländern.
Aus den Angaben der unter deutschen Startup-Mitarbeitern durchgeführten Umfrage ergibt sich ein mittleres jährliches Brutto-Gehalt von 41.510 Euro, wobei 22 % der Befragten weniger als 25.000 Euro verdienen. Dieses Einkommen liegt zwar rund 7 % unter dem von Statista berechneten Wert des bundesweiten Durchschnitts, jedoch 5 % über dem der Umfrageteilnehmer aus Startups aller vier Länder. Knapp über die Hälfte der befragten deutschen Startup-Angestellten arbeitet zwischen 40 und 49 Stunden pro Woche.
Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit beträgt 45 Stunden – vier Stunden mehr als der gesamtdeutsche Durchschnitt, wie Zahlen des Statistischen Bundesamts aufzeigen. Die mittlere länderübergreifende Wochenarbeitszeit liegt mit 46 Stunden noch höher. Diese Mehrarbeit gleichen Startups häufig mit Flexibilität aus – 90 % der deutschen Jungunternehmen stellen flexible Arbeitszeiten in ihren Stellenprofilen in Aussicht. Damit bilden diese die beliebteste Zusatzleistung, vor Freigetränken und -speisen (86 %) sowie Mitarbeiterveranstaltungen (78 %).
Überraschend: Mehr als ein Drittel aller deutschen Startup-Jobs werden in Berlin geschaffen, jedoch wächst der Stellenmarkt in anderen Städten um bis zu 15 % stärker. In Deutschland ließen sich insgesamt 47.319 Stellenanzeigen des letzten Jahres der Gründerbranche zuordnen. Allein 37 % davon wurden in der deutschen Hauptstadt ausgeschrieben, es folgen München mit 14% und Hamburg mit 7 % der Jobanzeigen.
Auch wenn sich Berlin als deutsches Gründerzentrum behauptet, schwindet dessen Bedeutung: Während die Zahl der veröffentlichten Stellen in anderen Städten monatlich anstieg, so etwa in Köln um 5 % und in Frankfurt am Main um 6 %, stagnierte sie in Berlin. Zudem konkurriert Berlin auf europäischer Ebene mit anderen Gründermetropolen, allen voran London – dort wurden im genannten Zeitraum 21.549 Startup-Jobs geschalten, 24 % mehr als in Berlin.
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Simone Janson ist Verlegerin, Beraterin und eine der 10 wichtigsten deutschen Bloggerinnen laut Blogger-Relevanz-Index. Sie ist außerdem Leiterin des Instituts Berufebilder Yourweb, mit dem sie Geld für nachhaltige Projekte stiftet. Laut ZEIT gehört ihr als Marke eingetragenes Blog Best of HR – Berufebilder.de® zu den wichtigsten Blogs für Karriere, Berufs- und Arbeitswelt. Mehr zu ihr im Werdegang. Alle Texte von Simone Janson.
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