An einem ganz normalen Dienstagmorgen klingelt der Wecker von Susanne Hausner um 6.45 Uhr. Nach Hause kommt sie aber erst gegen 21 Uhr. Dennoch hat sie im Monat kaum mehr als 882,50 Euro für Miete und Lebensmittel übrig. Und das, obwohl sie ihr Studium der Politk und Anglistik mit hervorragenden Noten abgeschlossen hat.

- Trotz politischer Bedeutung nur Mindestlöhne
- Vom Kargen Lohn geht noch die Sozialversicherung ab
- Fahrtkosten muss sie selbst tragen
- Kursausfall macht das Einkommen unkalkulierbar
- Schülerbetreuung und Sozialarbeiten
- Verwaltungsarbeiten und Ausnutzerei
- Idealismus im Job
- Kein Einzelfall
- Top Bücher zum Thema
- Text als PDF lesen
- Beratung zu Erfolg, Ziel-Erreichung oder Marketing
- eKurs on Demand buchen
- Individuelles eBook nach Wunsch
Trotz politischer Bedeutung nur Mindestlöhne
Susanne Hausner unterrichtet Deutsch als Fremdsprache in einem Integrationskurs an einer Weiterbildungseinrichtung in Nordrhein Westfalen. Der Name ist ein Pseudonym, denn Hausner riskiert mit diesem Interview ihren Job. Und der ist mehr als schlecht bezahlt:
Denn obwohl für den Staat die Integration von Ausländern eine wichtige Aufgabe darstellt, sieht er für deren Lehrkräfte nur ein Mindesthonorar von 15 Euro pro Unterrichtsstunde vor. Lehrkräfte wohlgemerkt, die in der Regel ein abgeschlossenes Hochschulstudium sowie eine Zusatzqualifikation für Deutsch als Fremdsprache vorweisen können. Zum Vergleich: Der gesetzliche Mindestlohn für Bauhilfsarbeiter beträgt etwa 1565 Euro; Löhne unter 1440 Euro gelten als Armutslöhne.
Vom Kargen Lohn geht noch die Sozialversicherung ab
Doch die 15 Euro in der Stunde kann Susanne Hausner nicht etwa behalten: Da sie nicht angestellt ist, sondern freiberuflich arbeitet, muss sie von ihrem kargen Honorar auch noch ihre Kranken- und Pflegeversicherung komplett selbst bezahlen, das sind noch einmal 15,1 Prozent weniger im Monat.
Außerdem gehören Honorarlehrer zu den Selbständige, die darüber hinaus gesetzlich verpflichtet sind, jeden Monat 19,9 Prozent ihres Einkommens in die gesetzliche Rentenkasse einzuzahlen. Dass sich viele Lehrer um diese Pflicht herumdrücken und lieber mit der ständigen Angst vor Entdeckungen und Nachzahlungen leben, ist ein offenes Geheimnis.
Fahrtkosten muss sie selbst tragen
Für Susanne Hausner bleiben nach den hohen Abzügen monatlich 1051,50 Euro übrig. Außerdem benötigt sie noch eine Monatskarte für die öffentlichen Verkehrsmittel, die weitere 169 Euro kostet, denn ein Auto kann sie sich nicht leisten. An der Volkshochschule gibt es zwar günstigere Jobtickets – allerdings nur für die Angestellten, nicht für die freiberuflichen Mitarbeiter.
Alle Abgaben und Kosten fallen natürlich monatlich an. Das Geld von der Volkshochschule trudelt jedoch nur alle acht bis zehn Wochen ein – “falls die Verwaltung pünktlich zahlt”, wie Hausner einschränkt. Denn: “Ich bekomme das Geld erst, wenn ein Sprachkurs zu Ende ist und ich meinen Vertrag voll erfüllt habe.”
Kursausfall macht das Einkommen unkalkulierbar
Susanne Hausner kann aber nie wirklich, sicher sein, ob sie im Monat wirklich 882,50 Euro zur Verfügung hat: “Melden sich für einen meiner Kurse weniger als zehn Schüler an, findet er nicht statt und ich bekomme kein Geld.” erklärt sie. Auch wenn sie krank wird ist das ihr persönliches Pech, denn “für einen krankheitsbedingten Ausfall von Stunden werde ich auch nicht bezahlt.”
Für dieses Honorar unterrichtet Susanne Hausner etwa 26 bis 30 Stunden in der Woche in drei verschiedenen Kursen. Dabei kann sie sich nicht aussuchen, viele Stunden sie täglich arbeiten muss, denn das hängt vom Unterrichtsplan ab, auf den sie keinen Einfluss hat: “Daher arbeite ich an einem Tag zehn Stunden und am nächsten nur vier,” berichtet Hausner, die jeden Tag den Unterricht nicht nur halten, sondern auch vor- und nachbereiten muss.
Schülerbetreuung und Sozialarbeiten
Daneben fallen in der Praxis viele weitere Aufgaben an, für die Hausner eigentlich gar nicht bezahlt wird: “Vielleicht bringt mir in der Pause Fatima aus der Türkei ihren Antrag auf Sozialhilfe mit oder Antonella aus dem Kongo ihren Antrag auf Wohngeld.”
Auch wenn die Lehrerin keine Ahnung davon hat, hilft sie gerne und übersetzt die Fragen ins Englische oder Französische, denn: “Die kennen ja sonst niemanden, der Deutsch kann.”
Verwaltungsarbeiten und Ausnutzerei
Am schlimmsten findet Susanne Hausner jedoch, dass sie für die geringe Bezahlung auch noch Verwaltungsarbeit mit übernehmen muss, obwohl sie weder angestellt ist noch ein Büro hat:
“So soll ich ständig fehlenden Kursteilnehmern hinterher telefonieren, ihnen ihre Zertifikate nachzuschicken oder sie an anderen Institutionen anmelden, wenn sie für meinen Kurs ungeeignet sind”, ärgert sich Hausner, die sich durch solche Extraufgaben ausgenutzt fühlt: “Wie wenig wir Lehrkräfte verdienen, ist der ganzen Verwaltung bekannt. Doch ich weiß, dass die Verwaltung am längeren Hebel sitzt und mir einfach keinen neuen Vertrag geben kann, wenn ich mich unkooperativ zeige.”
Idealismus im Job
Warum macht sie den Job überhaupt? “Es macht tatsächlich auch Spaß. Denn ich denke, dass ich das Deutschlandbild unsere Zuwanderer mit prägen kann.” nennt Hausner die positiven Aspekte ihrer Arbeit.
“Wenn diese sich in meinem Kurs wohl finden und etwas Positives mitnehmen können, werden sie sich vielleicht auch besser in Deutschland zurecht finden und sich mit Demokratie und Rechtstaatlichkeit identifizieren können.”
Kein Einzelfall
Dass der Fall von Susanne Hausner kein Einzelfall ist, kann man auch auf der Website der Aktion Butterbrot http://www.aktionbutterbrot.de nachlesen, einer Interessenvertretung, die bundesweit für bessere Arbeitsbedingungen von Honorarlehrern kämpft.
Top Bücher zum Thema
Text als PDF lesen
Diesen Text als PDF erwerben (nur zur eigenen Nutzung ohne Weitergabe gemäß AGB): Bitte schicken Sie uns nach dem Kauf eine eMail mit gewünschten Titel an support@berufebilder.de, wir schicken das PDF dann umgehend zu. Sie können auch Text-Reihen erwerben.
4,99€Kaufen
Beratung zu Erfolg, Ziel-Erreichung oder Marketing
Sie haben Fragen rund zu Karriere, Recruiting, persönliche Entwicklung oder Reichweitensteigerung. Unser KI-Berater hilft Ihnen für 5 Euro im Monat – für Buchkäufer kostenlos. Für weitere Themen bieten wir spezielle IT-Services
5,00€ / pro Monat Buchen
eKurs on Demand buchen
Bis zu 30 Lektionen mit je 4 Lernaufgaben + Abschlusslektion als PDF-Download. Bitte schicken Sie uns nach dem Kauf eine eMail mit gewünschten Titel an support@berufebilder.de. Alternativ stellen wir gerne Ihren Kurs für Sie zusammen oder bieten Ihnen einen persönlichen regelmäßigen eMail-Kurs – alle weiteren Informationen!
29,99€Kaufen
Individuelles eBook nach Wunsch
Falls unser Shop Ihnen nicht Ihr Wunschthema bietet: Wir stellen gerne ein Buch nach Ihren Wünschen zusammen und liefern in einem Format Ihrer Wahl. Bitte schreiben Sie uns nach dem Kauf unter support@berufebilder.de
79,99€Kaufen
Schreiben Sie einen Kommentar