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Offenlegung & Urheberrechte: Bildrechte bei lev radin. Außerdem Bildmaterial erstellt im Rahmen einer kostenlosen Kooperation mit Shutterstock. Text ursprünglich aus: “Menschen entschlüsseln: Ein Kriminalpsychologe erklärt, wie man spezielle Analyse- und Profilingtechniken im Alltag nutzt” (2015), erschienen bei Münchener Verlagsgruppe (MVG), Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags.
Von Dr. Jens Hoffmann (Mehr) • Zuletzt aktualisiert am 03.07.2024 • Zuerst veröffentlicht am 21.05.2015 • Bisher 5182 Leser, 1122 Social-Media-Shares Likes & Reviews (5/5) • Kommentare lesen & schreiben
Insgesamt überwiegt der Anteil der Männer beim Bosstypen, doch es finden sich durchaus auch weibliche Vertreter – zum Beispiel die Vogue-Chefin Anna Wintour. Genaue Zahlen über die Geschlechterverteilung existieren allerdings nicht.
Was wir gerade bei Bosstypen aber deutlich
feststellen können, ist der Umstand, dass unsere Geschlechtsrollen
und das damit verbundene Verhalten zwar einerseits einen biologischen
Hintergrund haben, aber andererseits sehr stark von unserer
Kultur und unserer Lebensgeschichte beeinflusst werden.
Gerade in den letzten Jahren ist eine Zunahme weiblicher Bosstypen zu beobachten.
Auch diese Frauen zeigen ein deutliches Dominanzverhalten,
auch sie rempeln im übertragenen Sinne gerne einmal andere an
und zeichnen sich durch ein handfestes Auftreten aus.
Wäre so ein Auftreten einer Frau früher nicht toleriert oder zumindest eher negativ
gewertet worden, gewinnt es heute allmählich an Akzeptanz. Ein
Beispiel für einen möglichen weiblichen Bosstypen ist die Chefredakteurin
der US-Ausgabe der Vogue, Anna Wintour, eine der einflussreichsten
Frauen in der Modebranche.
Wintour ist berühmt und berüchtigt für ihren harschen Umgang mit ihren Mitarbeitern und
zeigt so gut wie nie Gefühlsäußerungen, was in dem Hollywoodfilm
Der Teufel trägt Prada porträtiert wurde.
Ganz allgemein und unabhängig vom Geschlecht der Person
verlangen Bosstypen in ihrer Abteilung eine klare Unterordnung.
Eine Rebellion oder ein Aufstand gegen einen Bosstypen wird
schnell ungemütlich.
Diese Menschen können sehr entschlossen
und mit voller Härte vorgehen, sollte es jemand wagen, ihre Führungsrolle
infrage zu stellen. Sollte jemand Außenstehendes die
Machtfrage stellen und sie damit gefährden, sind Bosstypen durchaus
dazu in der Lage, der Bedrohung zu begegnen, indem sie den
Angreifer bloßstellen, ihn kleinmachen oder ihn schlicht attackieren.
Denn Angriffe auf ihre Stellung sind etwas, das sie gar nicht
mögen.
Bosstypen haben eine Affinität zu Dominanz und dazu, sich
durchzusetzen. In diesem Zusammenhang mögen sie das Kämpferische,
das auf dem Weg zur Position eines echten Bosses dazugehört.
Sie können daher in Machtkämpfen durchaus einmal etwas
einstecken.
Befinden wir uns selber mit einem derart geprägten
Menschen in einer Auseinandersetzung, sollten wir niemals zurückweichen
– genau das nämlich verachten sie und würden uns
dann gnadenlos attackieren.
Was sie mögen, sind Menschen, die würdige Gegner darstellen. Sie können es durchaus anerkennen, wenn der andere sich im Rahmen eines Schlagabtausches durchzusetzen
vermochte. Sie reagieren darauf mit Respekt für einen
guten Kampf – aber auch mit der Aussage, dass sie selbst beim
nächsten Mal sicher die Oberhand behalten werden.
Sie können also einerseits fair sein, auf der anderen Seite aber auch gnadenlos.
Lernt man jedoch, die typischen Rituale zu verstehen, und akzeptiert
daneben, dass man von einem Bosstypen auch mal regelrecht
durchgeschüttelt wird, kann man mit ihnen tatsächlich gut zurechtkommen.
Kehren wir noch einmal zu dem Beispiel Wladimir Putin zurück. Daran
zeigt sich, wie wichtig Wissen über Persönlichkeitsstile für den
politischen Umgang sein kann. Ein Putin respektiert Stärke, aber keine
Schwäche. Ihm bei Verhandlungen auf weiche Art zu begegnen
wäre sicher der falsche Weg.
Er wird eher Verhandlungspartner respektieren,
die selbstbewusst auftreten. Das bedeutet nicht, dass es
immer auf einen Machtkampf hinauslaufen muss, aber jede Verhandlung
sollte aus einer Position der Stärke heraus angegangen werden
– ohne dabei Putins Machtanspruch infrage zu stellen, denn das
würde zu großen Problemen und einer gnadenlosen Reaktion führen.
Gleichzeitig gilt es, immer zu berücksichtigen, dass der Bosstyp,
anders als ein Narzisst, nicht kränkbar ist.
Auch ist der Bosstyp nicht unbedingt auf die Bewunderung der anderen angewiesen.
Hier zeigt sich einmal mehr, wie ähnlich Persönlichkeitsstile auf
den ersten Blick wirken können, wie unterschiedlich sie schließlich
aber doch sind und wie sehr sich Nuancen beim Umgang mit
ihnen auswirken. So lassen sich Narzissten, Psychopathen und der
Bosstyp bei grobem Hinsehen schnell verwechseln.
Die Details je- doch zeigen die großen Unterschiede. Bei einem Narzissten ist vor
allem darauf zu achten, dass er nicht verletzt wird oder sich verletzt
fühlt. Gegenüber dem Bosstyp darf keine Schwäche gezeigt werden,
es ist eine gewisse Dominanz im eigenen Auftreten ratsam.
Wird der Persönlichkeitsstil des Bosstyps allerdings extremer,
sieht es wieder ganz anders aus – denn dann geht es in eine sadistische
und destruktive Richtung. Sadistische Persönlichkeiten mögen
es, andere zu erniedrigen. Wählt der normale Bosstyp gelegentlich
einmal eine ironische Spitze gegen andere im Gespräch,
kann es bei einem Sadisten zu willkürlichen Erniedrigungen kommen,
weil genau damit das Bedürfnis nach Dominanz und dem
Kleinhalten des anderen befriedigt wird.
Es ist immer wieder zu beobachten, dass gerade derart sadistisch geprägte Menschen in
Führungspositionen gelangen, was sehr unangenehm und bedrohlich
für die Mitarbeiter werden kann. Letztendlich kann die Arbeit
unter einem solchen Vorgesetzten sogar zu gesundheitlichen Problemen
führen.
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Dr. Jens Hoffmann ist Kriminalpsychologe und Experte für Profiling. Er leitet das Institut für Psychologie und Bedrohungsmanagement (I:P:Bm) und ist einer der Geschäftsführer des “Team Psychologie und Sicherheit”, einem Verbund von Kriminal- und ehemaligen Polizeipsychologen, die Unternehmen, Behörden und Personen des öffentlichen Lebens zum Thema Sicherheit beraten. Im Juni 2002 wurde er von EUROPOL in die Experten-Datenbank für europäische Polizeikräfte aufgenommen. Alle Texte von Dr. Jens Hoffmann.
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