Mentales Fasten und Digital Detox liegen im Trend, denn die digitale Überforderung ist allerorten präsent. Was liegt da näher, aus einfach mal auszusteigen aus der medialen Dauerberieselung. Aber ist das wirklich sinnvoll?

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Digital Detox – Alter Wein in neuen Schläuchen?

Die Idee, einfach mal auszusteigen, ist nicht neu: In der Petra schreibt Katja Kullmann schon vor einigen Jahren über sogenanntes mentales Fasten, der Journalist Christoph Koch veröffentlichte 2012 seinen Bestseller „Ich bin dann mal offline“ und Harpe Kerkeling war bekanntermaßen gleich ganz weg.

Der Wunsch auszusteigen, loszulassen ist heute gegenwärtiger denn je – dabei aber ein alter Hut: Denn wer heutzutage alle Aspekte des modernen Lebens, also Alltag, Liebe, Sport und Vergnügen vereinbaren will, hat dabei nicht nur unendliche Wahlmöglichkeiten, sondern auch in seinem Terminkalender kaum noch weiße Flächen.

Mentales Fasten – die Lösung aller Probleme?

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Die immer populärer werdende Antwort auf dieses Problem ist, wie mir scheint: Abschalten, Entspannen, Entstressen – und am besten noch das Hirn gleich mit ausschalten. Egal ob man dies nun Mentales Fasten, Frühjahrsputz für die Seelen, Digital Detox oder Downshifting nennt:

Die Namen variieren, doch der Inhalt ist immer der gleiche. Es geht darum, möglichst die mediale Dauerberieselung und vielleicht auch gleich das Nachdenken abzustellen. Doch wie macht man das genau?

9 Tipps fürs Abschalten

Wie aber schafft man das Abschalten im digitalen Dauerstress denn nun genau? Die wichtigsten 9 Tipps im Überblick:

  1. Nur die wichtigsten Kontakte pflegen: Ein Hauptaspekt der digitalen Überforderung für viele Menschen: Ein stetiges wachsendes Netzwerk an sozialen Kontakten, mit denen aber auch Ansprüche und Verpflichtungen wachsen. Niemand kann all seine digitalen Kontakte wirklich pflegen. Daher sollte man sich auf die wichtigsten konzentrieren.
  2. Richtig selektieren: Wie aber unterscheidet man gute und schlechte Kontakte? Die meisten Menschen sind geneigt, Zeitfresser und Nervensägen rigoros auszusortieren. Denn einseitige Beziehungen kosten Lebensenergie, die wir nicht zurückbekommen. Allerdings sollte man immer auch die Qualität der gesamten Beziehung im Auge haben: Von alten Freunden, die vielleicht gerade eine schwierige Phase durchmachen, sollt man sich nicht gleich trennen, um kurzlebigen Kontakten den Vorrang zu geben.
  3. Raum für Serendipität:   Digitale Beziehungen funktionieren deutlich fokussierter und nutzenorientierter als Offline-Beziehungen. Dadurch fehlt uns aber der Raum für zufällige Interaktion, was wieder zu Stress führt. Wie schrieb Harpe Kerkeling in „Ich bin dann mal weg“ so schön: „Auch die nervigsten Menschen meinen es manchmal gut mit einem“. Kreative Ideen, die uns voranbringen, erreichen uns manchmal nur durch zufällige Ereignisse. Was dabei herauskommt, kann man nicht vorher immer wissen oder steuern. Daher sollten wir auch Pausen und zufällige Interaktion. einplanen.
  4. Abschied von unrealistischen Zielen: Take it change it or leave it. Getreu diesem Motto sollte man rechtzeitig abschied nehmen, von unrealistischen Zielen. Das Leben findet im Jetzt und hier statt, nicht im Konjunktiv. Dabei hilft es, Illusionen bewusst zu visualisieren und anschließend zu verbannen – zum Beispiel, in dem man sie vergräbt oder ins All schießt.
  5. Kontrafaktisches Denken nutzen: Wir sollten aufhören, unsere kostbare Zeit mit Konjunktiven zu vertrödeln („Hätte ich nur damals…“, „Würde ich doch bloß…“). Allerdings nicht rigoros: Denn diese Art von kontrafaktischem Denken ist nach dem Psychologie-Professor Neal Roese sogar wichtig, um sich klar zu machen was schief gegangen ist und was man für die Zukunft besser machen kann. Man sollte es also gezielt für sich nutzen.
  6. Komplettreinigung für das Leben: Und noch ein Aspekt erscheint mir im Bezug auf vergangene Träume wichtig: Man diese auch nutzen, um sein Leben einer Komplettreinigung zu unterziehen und einige entscheidende Dinge anders zu machen, indem man sich seine alten Ziele vergegenwärtigt und überlegt, wie man diese mit der aktuellen Situation vereinbaren kann. Ich persönlich finde hier meine alten Ideen ausgesprochen konstruktiv. Und das Beste: Dafür muss ich nicht einmal radikal etwas ändern.
  7. Sich über eigene Ziele klar werden: Wichtig, um fokussiert durch den digitalen Wandel zu kommen ist übrigens, dass man sich klar wird, welches wirklich die eigenen Wünsche und Ziele sind – und welche einem vom Umfeld oder der Gesellschaft geradezu aufgepfropft wurden. Das zu unterscheiden ist, wie Prof. Dr. Petra Jansen von der Uni Regensburg im Interview erklärt, nicht immer ganz einfach.
  8. Nur keine Vergleichssucht! Perfektionismus und der Vergleich mit anderen ist Gift in der schnellebigen Social Media Welt, gleichzeitig wird dieser durch die Digitale Bilderflut noch befördert. Dabei gilt es immer wieder sich klar zu machen: Höchstleistungen sind nicht alltäglich und nur weil andere das Abnehmen geschafft haben oder bei Facebook ihre sonstigen Erfolge feiern, müssen wir längst nicht noch alles nachmachen.
  9. Entspannung statt Perfektionismus: Tappen Sie nicht mehr in die „Sonst macht es keiner“ oder „Ich kann alles“-Falle! Greifen Sie lieber zum dicken Marker und schwärzen Sie alle unnötigen Aktivitäten im Kalender – eine etwas ausführlichere Anleitung dazu bietet mein Buch „Die 110%-Lüge„. Wenn Sie sich also nur noch aus Prestige-Gründen auf den Golfplatz schleppen oder allein dem schlechten Gewissen auf die Familienfeier folgen, gehen Sie statt dessen ins Kino und sagen Sie Tante Emmi möglichst charmant, Sie hätten Wichtigeres zu tun…! Denn, das muss man manchmal klar sagen, die eigene Entspannung ist manchmal tatsächlich das Wichtigste.


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