Das Berufsbild des Social-Media-Managers ist stetig in der Kritik: So hat Best of HR – Berufebilder.de® – Autor Johannes Lenz betont, wie wichtig Enthusiasmus für Social-Media-Manager ist. Und Thilo Specht hat in der Huffington Post geantwortet.

revolution

Meine Replik auf Thilo Specht

Die Diskussion wird auf LEAD Digital und bei der Huffington Post geführt und hat auch Wellen in andere Medien geschlagen. Sie hat auch mich nicht ganz ruhig gelassen. Daher hier meine Replik auf Thilo Specht.

“Lieber Thilo Specht,

vielen Dank für die ausführliche Darlegung der Fakten. Die Länge meiner Antwort zwingt auch mich zu einem eigenen Blogbeitrag, da ich das Kommentarfeld der Huffington Post um ein Vielfaches überschritt. Leider kann ich weder Ihnen noch Ihrem Kollegen Johannes Lenz uneingeschränkt zustimmen. Sie beiden sprechen Punkte an, die ich sofort unterschreiben würde – gleichsam interpretieren Sie diese so unterschiedlich, dass ich mich mit keiner Interpretation wirklich wohlfühle.

Social Media ist mehr als eine Situationsproblematik

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Social Media Manager im Sinne einer reinen Stabsstelle Social Media in Unternehmen war von Beginn an doch nicht ernsthaft zu erwarten: Dafür gibt es viel zu wenig Unternehmen, die überhaupt Social Media verstanden haben. Ich hoffe wir sind uns alle darüber einig, dass das Verständnis der Materie die Voraussetzung für die passende Eingliederung in die Unternehmenshierarchie – nämlich als Schnitt- und nicht als Stabsstelle – nötig macht.

Ich selbst habe schon mehrfach dazu aufgerufen, sich vor allem den Themengebieten inhaltlich zu widmen, welche einen selbst bewegen: Wer sich nicht für Ernährung interessiert, wird es schwer haben einen Draht zu den Kunden – und den Blick über den Tellerrand hinaus zu finden. Daraus entsteht nämlich das, was man gemeinhin Leidenschaft nennt.

Kreativer Content bedingt nämlich – auch das ist nichts Neues – ein Verständnis für die Zielgruppe. Habe ich das nicht, kommen die zitierten Nonsense Beiträge dabei heraus. Man kann darüber streiten, ob ein Foto des DHL Paketwagens mit dem Hinweis Wir sehen uns guter Content ist. Eigentlich finde ich eher den Begleittext mies. Die Idee und das Bild empfinde ich als gelungen – da sind wir aber auch im Kern Ihrer Debatte angekommen: Sie reden über Geschmack – und über den lässt sich schwerlich streiten.

Die digitale Revolution: Falscher Begriff, weil unblutig?

Hier musste ich gleich mehrfach den Kopf schütteln: Die industrielle Revolution brachte vor allem eine Veränderung der Arbeit mit sich. Die sozialen Reformen wie sie beispielsweise ein Bismark mit den Sozialversicherungen einführte waren die logische Folge einer Umwälzung der Lebensverhältnisse in Folge neuer Arbeit gab. Im Klartext: Stürmt das Land die Städte, fehlt Wohnraum, Krankheiten entstehen und dadurch werden Dinge wie Schutz der Arbeitnehmer – nämlich im Sinne der Erfassung von Menschen als wirtschaftlichem Wert – wichtig.

Die industrielle Revolution ging übrigens ähnlich unblutig zu Ende. Den ersten Weltkrieg als Folge der Industrialisierung zu interpretieren halte ich genauso falsch wie die Auseinandersetzungen mit zu berücksichtigen. Tatsächlich müssen wir uns erstmal darüber verständigen, dass Revolution nicht unbedingt mit der Idee der französischen Umwälzung der Machtsituation zu tun hat. Auch die Revolution 1918/19 hat damit weniger zu tun, als viel mehr mit dem Inhalt des Wortes. Dieses ist definiert als die strukturelle Veränderung eines Systems in relativ kurzer Zeit. Dies ist nicht unbedingt an Politik und Krieg gebunden.

Muss es immer Krieg sein?

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Die Frage, was also die Digitalisierung unserer Gesellschaft mit sich bringt und den Begriff einer Revolution rechtfertigt, muss anders beantwortet werden: Wir verändern unser komplettes Leben, indem wir soziale Netzwerke wirklich nutzen. Es gibt Dinge, die  es künftig einfach nicht mehr gibt: Ich erinnere mich noch gut daran, wie meine Eltern sich früher gehetzt haben, um Fähren in den Urlaub zu bekommen. Wir müssen das nicht mehr, denn via Smartphone können wir die Route berechnen, Staus vorher sehen und die nächste Fähre schon per Uhrzeit sehen bzw. das Ticket online umbuchen.

Wenn das nicht als brachiale Veränderung des eigenen Seins verstanden wird, muss man sich fragen, ob es nötig ist, Kriege zu führen, um die Veränderungen im eigenen Sein, im eigenen Leben und in der eigenen Gesellschaft anzuerkennen.

Die Schlacht um Social Media ist geschlagen?

Diese Aussage lässt mir wirklich die Galle hochkommen. Was zieht diese nämlich nach sich? Die Feststellung, dass Social Media angekommen sei. Mal ehrlich: Wie kann eine elektronische Anwendung ankommen? Die einzigen aktiv Handelnden in diesem Sinne sind wohl die Anwender – und allein diese Unterscheidung zeigt, dass Cluetrain lange nicht mehr so aktuell ist wie Effekte der Filtre Bubble oder dergleichen.

Die Schlacht ist noch lange nicht geschlagen und dies als Sieg des Marketings über den Verstand anzusehen, halte ich für wagemutig. Es widerspricht nämlich der Argumentation, dass Social Media Manager die neuen PR Fuzzis seien. In diesem Sinne wäre Social Media als Disziplin nämlich eher in der Kommunikation anzusiedeln und nicht unbedingt im Marketing.

Social-Media als Schnitt- nicht Stabsstelle

Damit bin ich aber eben wieder am Anfang meines Briefs, an Sie, Herr Specht: Wenn Social Media als Schnitt- und nicht als Stabsstelle verstanden wird – nämlich so, dass es alle Facetten an Möglichkeiten des Onlinemarketings abdeckt und gleichwohl ausnutzt -, dann sind wir erst am Anfang.

Das ist im Übrigen auch mein Eindruck: Wir sind alle auf Facebook (gut ich nicht, aber zumindest Sie) – und was kommt nun?

Unternehmen ziehen sich in den sicheren Hafen zurück

Viele Unternehmen sind doch geradezu überfordert mit der Frage, was man mit Facebook und Co. macht. Anstatt hier eine kompetente Antwort geben zu können, ziehen sich immer mehr Kommunikations (!) berater in den sicheren Hafen von Marketingkennzahlen zurück – so funktioniert Social Media aber eben leider nicht.

Aktuelle Studien belegen noch einmal sehr deutlich, dass Social Media vor allem eins braucht: Freunde, die sich auf Augenhöhe begegnen. Dazu gehören Gespräche, dazu gehört Austausch und vor allem gehört dazu ein Mensch, der die anderen Menschen versteht. Fehlt der, wird ein Unternehmen nur bedingt erfolgreich werden können.”


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