Edwin Kisuto ist Massai. Er lebte ein Leben als Hirte und Nomade und in einfachen, fensterlosen Hütten. Dass er von der Polizei gezwungen wurde, zur Schule zu gehen, veränderte sein Leben. Ein Bericht über den Zwiespalt zwischen Traditon und Moderne.

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Von der Stroh-Hütte zur eMail

Die Hütten der Massai sind einfach: Zwei Betten aus Stroh und Fellen und eine Feuerstelle. Ein kleines Loch als Fenster und der Eingang gleicht einem kleinen Labyrinth zur Abwehr von Feinden.

Edwin Kisuto ist 28 und so aufgewachsen. Denn Edwin ist Massai. Heute besitzt er ein Handy, eine eMail-Adresse und einen Führerschein. Er transferiert sein Geld mit dem Mobile-Payment-System MPESA. Und er würde gerne mal nach Amerika reisen.

Von Schulbildung nicht viel gehalten

Verändert hat sich sein Leben radikal dadurch, dass eines Tages Männer in sein Dorf kamen und bestimmten, dass jede Familie ein Kind zur Schule zu schicken hat.

Dennn die Massai hielten von Schulbildung nicht viel. Sie lebten von Viehzucht und zogen umher. Ein Kind zur Schule schicken zu müssen, war daher für sie eine Strafe: “Wenn ein Kind erstmal wegging, kam es vielleicht nie mehr zurück”, erzählt Edwin.

Schule als Strafe?

Daher mussten sie die Massai zwingen. Edwin erinnert sich nocht gut daran, dass die Männer mit Polizisten in sein Dorf kamen, um ihn abzuholen. Edwin war von seinem Vater ausgewählt worden: “Ich glaubte, die wollten mich bestrafen”, erzählt er. Fünf Kilometer musste er jeden Morgen laufen und Fünf Kilometer am abend: “Ich war den ganzen Tag weg.”

Lange wehrte sich Edwin gegen seine Strafe: “Irgendwann jedoch jabe ich verstanden, dass Schule etwas gutes ist, dass ich hier wirklich etwas lerne – und dann war ich auch richtig gut, weil ich etwas erreichen wollte.”

Stipendium für die High School

So gut, dass er ausgewählt wurde, um nach der Grundschule zur High Shool zu gehen: “Das hätten sich meine Eltern nur leisten können, wenn sie einen Bullen oder Schafe verkauft hätten”, berichtet Edwin. Aber Edwin hatte Glück: Er bekam ein Stipendium für besonders begabte Schüler.

Und mehr noch: Stipendiengeber Richard Bonham stellte ihn sogar als Fahrer ein und finanzierte ihm den dazu nötigen Führerschein. Dafür musste er für einige Wochen nach Nairobi – das erste mal in eine große Stadt: “Ich hatte ständig Husten, weil die Luft so schlecht wahr”, erzählt er.

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Matratzen sind viel zu weich

Auch mit einer anderen Normaliät unsere täglichen Alltags hat Edwin Probleme – zum Beispiel mit Matratzen: “Anfang war ich völlig erschrocken, wie weich die sind”, berichtet er. Und auch heute noch schläft er im Dorf lieber auf denn Fellbetten.

Überhaupt vermeidet er strickt, seinen Eltern zu erzählen, wie die moderne Welt aussieht: “Sie sollen nicht denken, dass es ihnen schlecht geht”, sagt er.

Leben zwischen Tradition und Moderne

In solchen Momenten merkt man dem jungen Massai an, wie zerissen er zwischen seiner ursprünglichen, traditionellen Lebensweise und der Moderne ist: Einerseits hat er noch Löwen als Inititationsritus gejagt und man merk ihm den Stolz auf seine Wurzeln und Traditionen deutlich an.

Andererseits möchte er auch nicht zur traditionellen Lebensweise zurück und auch verheiratet ist er bislang nicht: “Ich bin für einen Massai spät dran”, kommentiert er mit einem Grinsen.

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“Meine Kinder sollen selbst entscheiden, wie sie leben wollen”

Vielleicht ist dieser Widerspruch für seine Generation aber auch nichts Ungewöhnliches. Wie man in der Gegend um Mbirikani sehen kann, kehren sich immer mehr Massai ab von der traditionellen Lebensweise, werden Sesshaft, bauen Pflanzen an und eröffnenen Läden.

Seine Kinder, sagt Edwin, sollen einmal in beiden Welten zu Hause sein: Auf jeden Fall möchte er sie auf tradionelle Weise erziehen, aber sie sollen auch zur Schule gehen. “Meine Kinder sollen einmal selbst entscheiden können, wie sie leben wollen.”

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