Gestern feierte sich die Social-Media-HR-Szene mal wieder selbst – bei der Social Media Personalmarketing Conference (SMPC)  in Kerpen bei Köln. Die Innovator-Awards gewannen die üblichen Verdächtigen und auch schienen alle happy. Wenn man da nur nicht vor lauter Begeisterung die Zielgruppe aus den Augen verliert!

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Personaler: (zu) begeistert von den eigenen Ideen?

Gestern erreichte mich der oben dargestellte Tweet von Heiko Schomberg, Personaler von Detecon International. Er zeigte sich begeistert von dem Bayersong, den Bernd Schmitz, Head of University und Talent Relations bei Bayer, auch mal wieder auf der  SMPC  präsentierte.

Und man kann die Begeisterung teilweise nachvollziehen, denn die Grundidee ist wirklich gut: Mitarbeiter Karlheinz wurde zum vierzigjährigen Dienstjubiläum in der Kantine mit einem eigens komponierten Song samt Flashmob der Kollegen überrascht. Schöne Idee, altverdiente Mitarbeiter so zu honorieren – eigentlich!

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Nett, aber unauthentisch

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Es findet sich bei youtube nur diese zweiminütige Kurzversion. Ich hatte im vergangenen Jahr das „Glück“, anlässlich einer Presseveranstaltung das Making of ansehen zu „dürfen“ – das ganze dauerte ungefähr eine Stunde, zusätzlich gabs noch einen Vortrag dazu.

Nun freut es mich prinzipiell, wenn Leute Spaß an ihrer Arbeit haben und diese nach außen tragen. Und prinzipiell ist es auch interessant, zu erfahren, wie so ein Song entsteht. Wenn es denn ein ehrlicher Blick hinter die Kulissen gewesen wäre. Hier mal ein Auszug, der sich bei youtube noch findet:

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Ein Grundproblem der Szene: Klassische PR in neuem Gewand

Leider wirkte auf mich das ganze Video samt dazugehöriger Präsentation etwas gestellt – die Zuschauer sahen eben nur, was sie aus Unternehmenssicht sehen sollten. Mit einem echten Flashmob bei dem es um Spontanität geht, hatte das ganze für mich nichts tun. Eher mit klassischer PR, die man versucht, in neue Kleider zu stecken.

Authentizität? Fehlanzeige! Und so war das ganze denn auch ziemlich langweilig. Dass Bayer dennoch für diese Idee von anderen Personalern bejubelt wird und gestern auch mit dem Social Media Innovator Award ausgezeichnet wurde, zeigt nur das Grundproblem. das die ganze Social-Media-HR-Szene hat:

Echtes Social Media scheitert an Unternehmensstrukturen

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Einerseits möchte man mit Social Media arbeiten, ist euphorisch bei der Sache und hat gute Ideen; die komplette Umsetzung scheitert dann aber an der klassischen Unternehmensstruktur. Und so kommt dann doch wieder ein klassisches Werbeprodukt dabei heraus.

Denn mal ehrlich: Wie realistisch ist es heute noch in Zeiten von Mobilität, Jobhopping, Fluktuation und Wirtschaftskrisen, dass junge Menschen irgendwann ihr vierzigjähriges Diensjubiläum bei einem Unternehmen feiern werden? Wie realistisch ist es überhaupt heute noch, dass man 40 Jahre lang den selben Job macht?

Altbacken und trotzdem hipp?

Bayer aber nutzte mit diesem Video die Gunst der Stunde, um eben genau das zu suggerieren: Dass man in so einem Traditionsunternehmen einen festen, sicheren Job bekommen könnte. Altbacken und trotzdem hipp – den Widerspruch löst man spielend auf:

Denn gleichzeitig will man mit einem flotten, eingängigen Song, der sich musikalisch auf dem Niveau des Eurovision Song Contest bewegt, vogetragen von einer hübschen Sängerin, junge Leute ansprechen. Nur bezweifle ich, dass man mit diesem Musikstil so ganz den Geschmack der Zielgruppe getroffen hat.

Fachkräfte gewinnen mit einem Recruiting-Song?

Denn eigentlich geht es dem Unternehmen ja darum, die zukünftigen Fachkräfte von morgen von sich zu gewinnen. Die werden sich aber wohl kaum mit einem solchen Song überzeugen lassen sondern letztlich nur von den Fakten wie Arbeitsbedingungen, Entwicklungschancen und dem Gehalt.

Aber Hauptsache, den Personalern und Marketingverantwortlichen gefällt es – so gut, dass man aus dem Geburtstagsständchen kurzerhand den neuen Bayer-Recruiting-Song machte, der professionell von Mitarbeitern des Unternehmens eingespielt wurde.

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Virales Marketing mit getürkten Abrufzahlen?

Wurde das Video zum Dienstjubiläum noch als sympathische Geste des Unternehmens wahrgenommen und erreichte auf diese Weise auch entsprechende Abrufzahlen und Kommentare, war das beim Nachfolgevideo, das deutlich werblicher daherkommt, dann offenbar nicht mehr so.

Denn bei dessen Abrufzahlen hat man offenbar auf mysteriöse Weise ein wenig nachgeholfen, als klar wurde, dass virale Erfolg des Videos zu Wünschen lässt – wie Video-Punk Markus Hündgen erklärt: Mehr als 130 000 Abrufe – da sollten die Kommentare doch brummen. Oder auch nicht. Ganze 18 Kommentare haben sich unter das Video verirrt. Davon sind zwei Spam, drei entfernt und der klägliche Rest nur mäßig begeistert. Ein Nutzer mit dem Namen „Tumbolisu“ hat es schon frühzeitig auf den Punkt gebracht: „ich glaub der hat nur so viele clicks wegen so seiten wie steampowers. net. schließlich sind hier nur 3 kommentare aber 85.578 views.“

Bitte die Zielgruppe im Auge behalten!

Klar ist: Wer verkaufen will, muss von seinem Produkt überzeugt sein – denn nur dann überträgt sich die Begeisterung auch auf andere. Das gilt fürs Employer Branding ebenso wie für alle anderen Marketing-Bereiche.

Euphorie und Begeisterung für das was man tut, sind toll und hilfreich. Nur seine Zielgruppe sollte man dabei nie aus den Augen verlieren.


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