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Sylvia Paul engagiert sich seit über zehn Jahren als Vorstand und Geschäftsführerin der Stiftung KinderHerz für Kinder mit angeborenen Herzkrankheiten. Im Interview erzählt sie, wie Gelder eingesammelt und wofür sie verwendet werden – und welche Rolle das Internet, Crowdfunding und Open Science dabei spielen.
Sylvia Paul ist Betriebswirtin und war zunächst in der Tourismusbranche tätig, wo sie einige Jahre in leitenden Funktionen gearbeitet hat, so unter anderem im Deutschen Fremdenverkehrsverband. Später wechselte Sie in den Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Marketing und war u.a. Pressesprecherin der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Flughäfen und als Verbandskoordinatorin der Privatärztlichen Verrechnungsstellen tätig.

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Was hat Sie dazu bewogen, sich um herzkranke Kinder zu kümmern?

Im Jahr 1999 lernte ich Friedrich Ludwig Müller kennen, der unter anderem schon als PR-Berater für Hans-Dietrich Genscher und Walter Scheel gearbeitet hat. Er selbst konnte damals mit dem heutigen Ehrenpräsidenten der Stiftung KinderHerz, Herrn Friedhelm Rentrop, schon auf eine lange Erfahrung im Bereich Fundraising zurückblicken. So hat er unter anderem die Karl und Veronica Carstens-Stiftung und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz mit initiiert.

Von ihm habe ich mich überzeugen lassen, mich für die Herzkinder zu engagieren. Herr Müller beschäftigte sich damals schon mit der Idee einer internationalen Hilfsorganisation für herzkranke Kinder und wollte am Liebsten alle Publikationen in Deutsch, Englisch und Französisch veröffentlichen. Wir haben uns dann aber letztlich dafür entschieden, erst einmal eine professionelle Struktur in Deutschland aufzubauen und so wurde die Stiftung KinderHerz gegründet. Die Stiftung KinderHerz unterstützt seither deutschlandweit die Ausstattung von Herzstationen in Krankenhäusern und wichtige kardiologische und herzchirurgische Forschungsprojekte.

Stichwort Internet: Welchen Anteil an ihren Gesamteinnahmen haben Spenden, Aktions- und Shoperlöse, die Sie über Ihre Website http://www.stiftung-kinderherz.de einnehmen?

Das Online-Fundraising der Stiftung KinderHerz ist erst in der Entwicklungsphase. Wir können aber einen allgemeinen Trend feststellen, dass das Volumen der Einnahmen aus Erlösen und Spenden über unsere Website vor Jahr zu Jahr anwächst. Mit der Summe der Spendengelder, welche auf traditionellem Wege über Dauer- und Großspenden eingesammelten werden, können sie sich aber noch nicht messen. Das hängt aber wohl auch damit zusammen, dass Onlinespenden für unsere Organisation (noch) nicht typisch ist

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Woran liegt das?

Mein Eindruck ist, dass das Instrument der Onlinespende bisher vornehmlich von jenen Organisationen erfolgreich eingesetzt wird, die Hilfe im Katastrophenfall leisten. Wo schnelle Hilfe geleistet werden muss, wird, das Instrument der Onlinespende besser angenommen.

Bei uns ist es aber so, dass viele unserer Spender uns persönlich kennen und über andere Wege als das Internet oft langfristige Spenderbeziehungen entstanden sind. Diese Menschen spenden dann in der Regel nicht online.

Dennoch sind wir sehr zufrieden mit der bisher erreichten Struktur, denn Aktionen, wie die KinderHerzwälder, geben uns die Möglichkeit, Menschen auch über diesen Weg für ein Engagement zu Gunsten herzkranker Kinder zu gewinnen.

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Wollen Sie Ihre Onlinepräsenz in den nächsten Jahren weiter ausbauen?

Die Entwicklung unserer Website und dem damit verbunden Shop erfolgt bisher nach dem Prinzip: wenn uns jemanden bei einer Aufgabe unterstützen kann, dann setzen wir das Projekt auch um.

So hat uns die Neugestaltung unserer Website der Vater eines Herzkindes geschenkt, der in diesem Berufsfeld arbeitet. Leider rechtfertigen die bisherigen Online-Einnahmen es aber noch nicht, dass wir hier eine größere Investition tätigen und insbesondere den Web-Shop grundlegend neu ausrichten würden.

Sie sammeln Ihr Geld also eher auf traditonelle Weise?

Richtig. Wir veranstalten zum Beispiel Charity-Events und bieten auch Unterstützung bei der Ausrichtung exklusiver Charity-Events an. Im Gegensatz zu Agenturen, die Charity-Events vollständig für eine Organisation gestalten und dann auch durchführen, beschränken wir uns aber auf eine begleitende und unterstützende Rolle.

Wie stark nutzen Sie dabei Online-Ticketverkäufe oder Social Media Tools (Facebook, Twitter usw.), um die Events vorzubereiten und die Teilnehmer zu erreichen?

Wir helfen z.B. bei der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, stellen interessante Kontakte her und kümmern uns um attraktive Tombola-Preise aus dem Kreis unserer Spender.

Ich weiß von einigen unserer Partner, dass sie ihre Veranstaltungen auch über Social Media Kanäle kommunizieren. Wir selber haben bisher darauf aber verzichtet.

Warum?

Nun, das hängt mit dem Selbstverständnis der Stiftung KinderHerz zusammen. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, dass ein möglichst großer Teil der Einnahmen und Spendengelder direkt den Herzkindern zu Gute kommt und deshalb setzen wir auf eine möglichst schlanke Organisationsstruktur. Das hat natürlich zur Folge, dass wir Schwerpunkte in unserer Arbeit setzen müssen. Der Aufbau und die Pflege von sozialen Medien wie Facebook, Twitter oder Xing ist bisher an fehlender Zeit und Manpower gescheitert.

Den Gedanken, sich im Social Web stärker zu präsentieren, gibt es bei uns aber schon seit zwei Jahren. Und wir haben uns auch erst vor kurzem intern intensiv darüber verständigt, wie wir unseren Auftritt im Bereich Social Media strukturiert und professionell gestalten möchten. Solange wir uns aber personell und zeitlich nicht in der Lage sehen, die nötigen Ressourcen bereitzustellen, ohne dabei unsere Arbeit für die Herzkinder zu vernachlässigen, nehmen wir noch Abstand von diesem Schritt.

Haben Sie schon einmal Online-Elemente, wie etwa Auktionen, in ein Charity Event integriert?

Ja, mir ist mir diese Möglichkeit bekannt. Einer unserer Partner hat solche eine Online-Auktion vor kurzem selbst erst in ein Charity-Event eingebaut. Wir haben es mit großem Interesse verfolgt, konnten es aber bisher noch nicht in unser eigenes Portfolio für Charity-Events integrieren.

Bei solch innovativen Methoden herrscht auf Seiten der Veranstalter grundsätzlich immer eine gewisse Skepsis und uns fehlt bisher leider die eigene Erfahrung damit. Es wird wohl also noch eine Weile dauern, bis sich Online-Auktionen als fester Bestandteil unseres Portfolios etablieren.

Sie setzen also auf andere Strategien?

Nein, nicht unbedingt. Gut Ding will manchmal Weile haben. Ähnlich war es auch bei unseren KinderHerz-Wäldern. Die Idee wurde schon vor vielen Jahren geboren.

Aber es hat bis zum Oktober 2010 gedauert, bis wir genügend Überzeugungsarbeit geleistet hatten, um den ersten KinderHerz-Wald in Schleswig-Holstein einweihen zu können. Heute sind es schon fünf Wälder, darunter ein KinderHerz-Apfelwald in der Uckermark. Zwei weitere stehen kurz vor der Umsetzung.

„Crowdfunding” wird in den letzten Jahren verstärkt als neue Finanzierungsform für Kunst- und Kulturprojekte, aber auch für soziale Projekte diskutiert. Sehen Sie hier Möglichkeiten für Ihre Stiftung?

Wir haben schon einmal über ein Projekt auf Betterplace.org eine kleine Spende für unsere Herzkinder erhalten. Daraufhin sind wir mit betterplace ins Gespräch gekommen. Außerdem haben wir auch schon ein eigenes Projekt entworfen, mit dem wir für die Stiftung KinderHerz auf einer entsprechenden Plattform Spenden sammeln möchten. Für die Umsetzung stehen wir gegenwärtig in Verhandlung mit weiteren Kooperationspartnern und Prominenten, die wir an dem Projekt beteiligen möchten.

Sobald die vorbereitenden Gespräche abgeschlossen sind und die Präsentation auf einer eigenen Projektwebseite erfolgreich umgesetzt wurde, werden wir unser erstes Projekt starten. Ob uns das noch in diesem Jahr gelingt, oder erst Anfang des kommenden Jahres, kann ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt aber noch nicht mit hundertprozentiger Genauigkeit sagen.

Wie werden die Spendengelder eingesetzt?

Wir finanzieren vor allem Forschungsprojekte. Damit die Behandlung der Herz-Kinder heute und in Zukunft noch besser und mit geringeren Belastungen für die kleinen Körper erfolgen kann, bedarf es einer intensiven Forschung im kardiologischen und kinderherzchirurgischen Bereich.

Die gewonnenen Forschungsergebnisse können zudem für die Optimierung weiterer Forschungsprojekte genutzt werden.

Sie nutzen Forschungsergebnisse, um Ärzte und Firmen zur Entwicklung neuer kadiologischer Verfahren zu ermutigen? Wie genau sieht das aus?

Ein gutes Beispiel, wie die gewonnenen Forschungsergebnisse für die Optimierung weiterer Forschungsprojekte genutzt werden kann, ist das KinderHerz-Zentrum in Gießen. Dort ist man gegenwärtig dabei, einen Antrag auf Unterstützung durch die Stiftung KinderHerz vorzubereiten.

Wir haben dann auf der Basis dieser Projektskizze feststellen können, dass wir ein ähnliches Projekt schon in Tübingen gefördert haben. Daraufhin haben wir dann eine Kooperation zwischen den Ärzten in Gießen und Tübingen angestoßen. So können unsere Ressourcen für die Herzkinder noch optimaler genutzt werden.

Auf ihrer Internetseite lässt sich gegenwärtig noch keine Dokumentation der Forschungsergebnisse finden, die durch Spendengelder der Stiftung KinderHerz finanziert wurden. Wird sich das im Interesse ihrer Spender bald ändern?

Wir sind gegenwärtig sehr bestrebt, die Ergebnisse unserer Forschungsprojekte stärker in die Öffentlichkeit zu tragen. Dafür haben wir im vergangenen Jahr einen Bereich auf unserer Internetseite eingerichtet, auf dem umfassend Berichte, Daten und Forschungsergebnisse dokumentiert werden sollen. Dieser Bereich ist gegenwärtig aber noch nicht freigegeben.

Bisher haben wir unsere Spender über einen regelmäßig erscheinenden Newsletter umfassend über die Verwendung der Spendengelder und die Forschungsergebnisse informiert. Wir stehen als Organisation bei dieser Frage aber vor einem gewissen Dilemma.

Inwiefern?

Einerseits sind wir angehalten, die Verwaltungskosten im Interesse der Herzkinder möglichst gering zu halten. Andererseits zeigt der gesellschaftliche Diskurs, dass Spender in Deutschland immer umfassender über die Verwendung der Spendengelder und die Ergebnisse informiert werden möchten.

Dafür müssten wir mehr Personal anstellen und das ginge nur zu Lasten der Herzkinder. Unter den gegenwärtigen Bedingungen haben wir uns deshalb dazu entschieden, dass die Hilfe für herzkranke Kinder wichtiger als eine noch umfassendere Dokumentation ist. Unsere Spender haben diese Entscheidung bisher auch unterstützt.

Open Science bietet heute die Möglichkeit, Forschungsergebnisse offen und transparent zu dokumentieren, die Verbreitung von Wissen zu beschleunigen und schneller neue Techniken und Verfahren zu entwickeln. Nutzt die Stiftung KinderHerz die Möglichkeiten von Open Science bei der Umsetzung von Forschungsprojekten?

Die Implementierung von Open Science ist bisher, so kann ich das grundsätzlich sagen, noch nicht vorgesehen. Aber es ist ein interessanter Ansatz, über den man zukünftig stärker nachdenken sollte. Hier gilt es sicherlich auch, Überzeugungsarbeit bei unseren kooperierenden Ärzten zu leisten.

Bisher veröffentlichen die Ärzte nach unserem Wissen ihre Forschungsergebnisse vornehmlich in renommierten Fachpublikationen. Sicher wäre eine verstärkte gesellschaftliche Auseinandersetzung über Open Science hilfreich, um diese Form des kollaborierenden Arbeitens für unsere Forschungsprojekte nutzbar zu machen und Hemmnisse abzubauen.


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