Besonders in der Finanzwirtschaft sind Krisen quasi an der Tagesordnung. Doch sie lassen sich verhindern, wenn man die Ursachen bekämpft.

Krisenmanagement & Prävention in der Wirtschaft: Ursachen bekämpfen in 4 Schritten

Finanzkrise: Warum sie entsteht

Obwohl Medien und die Politiker sehr damit beschäftigt sind, uns etwas anders zu erzählen, passieren besonders Finanzkrisen in der Regel nicht überraschend.  Und wir können uns gegen sie wappnen.

Die Krise von 2008 beispielsweise begann nicht mit der Immobilienblase in den USA, wie allerorts kolportiert. Ihr Ursprung liegt viel, viel weiter zurück, ihre Zerstörungskraft ist viel größer als vorstellbar und bisher angenommen. Darüber spricht kaum jemand. Ich tue es. Anlässlich meiner siebenjährigen Recherchen zu meinem Buch „Verlorenes Vertrauen – Das Tsunami Modell der Finanzkrise“ habe ich mich intensiv mit einer Frage beschäftigt, die mich seither nicht mehr losgelassen hat: Was hat diese Krise wirklich ausgelöst?

Mein Tsunami Modell basiert darauf, dass es einen Auslöser geben muss, der diese Welle in Gang gesetzt hat. Einen Tsunami. Tsunami heißt „Welle im Hafen. Der Begriff wurde durch japanische Fischer geprägt, die vom Fischfang zurückkehrten und in ihrem Hafen alles vollkommen zerstört vorfanden. Und das, obwohl sie auf offener See keine Weile gesehen oder gespürt hatten.

Ein kleines Ereignis lässt die gesamte Wirtschaft zusammenbrechen

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Ähnlich einem See- oder Erdbeben, das unter der Meeresoberfläche vorerst ungesehen eine Welle in Bewegung setzen kann, vermag ein kleines, lokal beschränktes Ereignis in einer global vernetzten Finanzwelt weit reichende Folgen bis hin zu Zusammenbrüchen von ganzen Wirtschaftssystemen auslösen.

Und genau das ist auch passiert. Nun hatte ich verstanden, wie eine Finanzkrise prinzipiell entsteht. War jedoch dem Auslöser noch keinen Schritt näher. Ich wusste nur eines: Irgendwo, irgendwann war etwas passiert, das diese Welle verursacht hatte.

Von Mauerfall zur Finanzkrise

Die Welle hatte sich dann lange unterirdisch, zuerst noch klein, dann immer größer werdend ausgebreitet. Bis, ja bis wir sie nicht mehr übersehen konnten, weil sie uns schon überrollte und ein Chaos auf den Finanzmärkten verursachte.

Es hatte mich also gepackt und ließ mich nicht mehr los. Nach langen und intensiven Recherchen in den USA, London und der Schweiz kam ich dem Kern immer näher Die gleiche Kraft, die die Berliner Mauer zu Fall brachte, löste die schwerste Finanzkrise unseres Jahrhunderts aus!

Reagonomics

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Sie wird Reagonomics genannt. Genauer gesagt der neo-liberale Wirtschaftskurs der Reagan-Ära und der damit fest verbundene Glaube an die selbstheilenden Kräfte des Marktes! Durch das ungeheure Wettrüsten zwang die Reagan Ära die Sowjetunion in die Knie.

Das kommunistische System der Planwirtschaft unterlag schlussendlich dem kapitalistischen System der freien Marktwirtschaft und musste sich 1989 geschlagen geben. Damit war der Weg frei zur Wiedervereinigung Deutschlands und damit zum Fall der Berliner Mauer!

Ronald Reagan ist Schuld!

Auf den Finanzmarkt umgemünzt heißt das: Die Amtsträger der Reagan Ära und auch ihre Nachfolger, allen voran Alan Greenspan, waren der festen Überzeugung, dass durch den Abbau von Kontrollen und Schranken nicht nur die Wirtschaft belebt würde.

Sie glaubten viel mehr auch, dass es dadurch zu einer gerechten Verteilung von Kapital und Ressourcen in einer Gesellschaft käme. Ronald Reagan war ein Verfechter des Neo Markt-Liberalismus, geistig unterstützt durch den Nobelpreisträger Milton Friedman mit seinem Laissez-Fair-Prinzip.

Mangelnde Regulation der Kapitalmärkte

Wie horrend falsch diese Annahme war und zu welchen katastrophalen Folgen sie führte, stellte sich erst viel später heraus. Ohne es zu wissen, löste die Reagan Ära vor so langer Zeit damit ein Seebeben aus, dessen Wellen heute die bestehende Finanzwelt aus ihren Angeln zu kippen droht und das uns noch immer mit seiner vollen zerstörerischen Kraft in Atem hält.

Alan Greenspan gestand übrigens bei einer Anhörung im Ausschuss des U-Parlaments 2010 es sei ein Fehler gewesen, die Kapitalmärkte nicht stärker zu regulieren! Eine späte Einsicht, aus der hoffentlich für die Zukunft gelernt wurde.

Denn mein Tsunami Modell besagt, dass ein vielleicht unbemerktes Ereignis oft erst Jahre später eine Finanzkrise über mehreren Ländern oder gar Kontinenten verursachen kann, ähnlich wie ein Tsunami von einem Erdbeben im Meer ausgelöst wird. Und wie geht es weiter? Wie kommt es nun vom Moment der Auslösung zu dieser gewaltigen, schlagkräftigen Welle, wie breitet sie sich aus? Wie erreicht sie Ihre ganze zerstörerische Kraft?

4 Schritte für ein effektives Krisenmanagement

Um gegen die Krise vorzugehen, müssen wir zunächst erkennen: Wie kommt es überhaupt zur Schlagkraft der Welle? Es gibt im Wesentlichen diese vier Elemente, die zur Entwicklung einer tsunamihaften Finanzkrise beitragen – und genau hier finden wir auch die wesentlichen Schritte zur Prävention:

1. Zu hohe Geschwindigkeit durch Globale Vernetzung

Anfang der 60er Jahre entwickelte Stanley Milgram eine Theorie. Er stellte die Hypothese auf, dass jeder auf dieser Welt mit jedem über sechs Kontakte verbunden ist. Die Theorie ging als das „Kleine-welt-Phänomen“ in die Sozialforschung ein. In einer Welt, wo jeder mit jedem bereits über ein soziales Netzwerk verbunden ist, gilt dieses Phänomen für die Finanzwelt noch stärker.

Statt Menschen betreiben Maschinen dort miteinander Handel und sind rund um die Uhr vernetzt – 7 Tage die Woche, 24 Stunden am Tag. Dies hat zur Folge, dass sich durch die starke Vernetzung die Innovationen im Finanzbereich sehr viele schneller ausbreiten können, als die regulativen Kräfte je die Möglichkeit haben, einzuschreiten. Diese Tatsache führt sehr rasch zu katastrophalen Fehlentwicklungen führen.

2. Riskante Finanzinnovationen

Innovationen sind eng mit dem Finanzwesen verknüpft. Durch die Entwicklung von Optionen konnten zum Beispiel Risiken besser abgesichert werden. Durch die Entwicklung von Credit Default Swaps konnten Banklimits erweitert werden.

Die Kehrseite all dieser innovativen Entwicklungen war: sie öffnete Tür und Tor für Spekulanten. Ähnlich einem Pyramidenspiel wurden dadurch einige wenige sehr reich und viele Investoren sehr arm. Nicht um sonst bezeichnete Warren Buffet diese Instrumente als Massenvernichtungswaffen. Diese Finanzinnovationen fanden schlussendlich Einzug in das Finanzwesen und richteten dort enormen Schaden an.

3. Die Gier ist ein Laster

Hier kommt eine treibende Kraft zum Ausdruck, die nur allzu menschlich ist. Das unermessliche Streben nach Reichtum und Macht. In meinem Buch beschreibe ich, wie sich Genialität (die menschliche Seite der Innovation) gepaart mit Gier zu einer ungeheuren zerstörerischen Kraft entfalten konnten.

Ich hatte dazu die Gelegenheit in persönlichen Interviews, mit Menschen wie zum Beispiel John Meriwether oder Andy Krieger – von beiden wird später noch die Rede sein – diese dunkle Seite des Finanzwesens zu beleuchten.

4. Der Schmetterlingseffekt

Dass kleine Ursachen große Wirkungen haben können, entdeckte Edward. N. Lorenz bei seiner Modellierung der Zustände in der Erdatmosphäre zum Zwecke von Langzeitwetterprognosen. Dieser Effekt, auch Schmetterlingseffekt genannt, spielt in unseren heutigen Finanzsystemen eine große Rolle und erklärt unter anderem, warum sich Blasen über Jahre durch positive Rückkoppelung rasch vergrößern können.

Ein neues innovatives Geschäftsmodell oder Produkt kann sich durch permanente Adaption und positive Rückkoppelung schnell ausbreiten. Die Risiken und Implikationen, die dem Geschäftsmodell zu Grunde liegen, werden am Anfang meistens übersehen. Im Laufe der Zeit kommen sie aber klar zum Vorschein und vergrößern sich, bis sie schließlich kaum mehr in den Griff zu bekommen sind. Es ist also die initiale Unterschätzung der Folgen einer Finanzinnovation, die später zu einem Problem wird.

Die Baumeister der Finanzkrise

Wie sich bei meinen Recherchen herausgestellt hat, spielen alle vier Elemente eine wichtige Rolle bei der Entstehung eines Tsunamis und sind damit die Baumeister der heutigen Finanzkrise. Voraussetzung dafür sind die globale Vernetzung der Handelssysteme, sowie die untaugliche Praxis, in der Finanzwelt ganze Mannschaften abzuwerben und damit erfolgreiche Produkte und Geschäftsmodelle einfach zu kopieren, ohne Rücksicht auf die damit einhergehenden Risiken.

Durch Finanzinnovationen ist man noch dazu dem bestehenden Regelwerk meistens einen Schritt voraus und kann so risikoreiche Finanzprodukte unter das Volk bringen. Zusätzlich spielt noch die menschliche Schwäche der Selbstüberschätzung, gepaart mit dem Streben nach noch mehr Reichtum, eine entscheidende Rolle. Gemeinsam sorgen sie dafür, dass die Welle immer mehr Fahrt aufnimmt.


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