Der beste Weg aus der Schuldenfalle ist, gar nicht erst hineinzugeraten. Vor allem wenn es um Investionen geht.

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Schulden machen kann gefährlich sein

Am Anfang von klugen Kapitalanlagen steht das Sparen. Die Weichenstellung für eine lebenslange Sparsystematik früh zu finden, lohnt sich. Der Ansatz »10 Prozent vom Bruttomodell« ist ein schmerzfreier Einstieg. Es ist verlockend für Unternehmer und Investoren mit Kredit zu arbeiten. Doch Schuldner leben gefährlich. Meine Erfahrung sagt mir: Mit Eigenkapital fährt es sich besser.

Ein junger Bekannter, Student der Betriebswirtschaft an einer namhaften deutschen Universität, berichtete mir neulich von seinem zweiten Semester. Wir sprachen über Unternehmertum und darüber, wie man sich selbstständig machen kann. Voller Stolz legte er mir das Fazit aus seinen Vorlesungen zum Thema Finanzierung dar: In jedem Fall und unbedingt solle der Unternehmer immer mit möglichst viel Kredit und mit vergleichsweise wenig Eigenkapital arbeiten. Er sprach von »Hebelwirkungen« und der tollen Eigenkapitalverzinsung. Ich konnte es kaum glauben. Ich war regelrecht geschockt. Auch sein älterer Bruder, der vor Kurzem eine kleine Firma in der Medienbranche gegründet hatte, fiel aus allen Wolken. Dieser theoretische Unfug ist weit verbreitet. Die Gefahren des Kreditnehmens werden weitestgehend unterschätzt.

Wann Schulden vertretbar sind

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Für mich sind Schulden in zwei Fällen vertretbar: Zum einen, bei der Finanzierung von Immobilien mit langlaufenden Hypotheken. Obwohl auch das eine Geschmacksfrage ist. Ich kenne eine ganze Reihe von Investoren, die grundsätzlich auch Häuser ohne Bankhilfe mittels ihrer Ersparnisse zu 100 Prozent bezahlen. Das macht frei und unabhängig. Und wenn man eines Tages mit einem Leerstand der Immobilie konfrontiert ist und die Mietausfälle sich in die Länge ziehen, wird man nicht von einem unfreundlichen Banker zum Rapport gebeten. Hinzu kommt, dass bei Erreichen gewisser Altersgrenzen, beispielsweise zum 75. Geburtstag, die Neigung der finanzierenden Banken zu Kreditverlängerungen rapide abnimmt.

Zum anderen ist eine Kreditfinanzierung von Warenbeständen und Kundenaufträgen bei Kaufleuten seit Jahrhunderten gang und gäbe. Hier geht es in der Regel um kurze Laufzeiten mit klar kalkulierbaren Gewinnmargen, die projektbezogen abgewickelt werden. Für den besonnenen Kaufmann ist der Warenkredit ein entscheidendes Werkzeug.

Die Herausforderung für den Kaufmann dieser Tage liegt in diesem Fall auf einem anderen Gebiet: Finden Sie erst mal eine Bank, die Ihnen auf Warengeschäfte überhaupt Geld leiht. Neulich war ein Exportkaufmann bei mir. Er hat jahrelange Erfahrung mit Geschäften im Iran. Nach Aufhebung der politischen Blockaden möchte er nun seine Landeskontakte nutzen und das Exportgeschäft in den Iran ankurbeln. Selbst bei fest vorliegenden Aufträgen mit wirklich enormen Gewinnmargen findet er keine Bank, die ihm 50.000 Euro an Kredit einräumt (so viel zum realen Effekt der Nullzinspolitik der Zentralbanken zur Ankurbelung der Konjunktur!).

Bitte keine Bankschulden!

In fast allen anderen Fällen rate ich von Bankschulden ab. Grundsätzlich wird der ZinseszinsEffekt von den Kreditnehmern unterschätzt. Darlehenszinsen, die gegen einen laufen und nicht sofort getilgt werden, summieren sich zu großen Summen. Wer sich zum Beispiel 100.000 Euro zu 7 Prozent pro Jahr leiht und nach zehn Jahren zurückzahlen möchte, auf den kommt eine Endabrechnung in Höhe von 196.715 Euro zu. Es ist eben immer schon so gewesen: Sparer mit thesaurierten Zins oder Dividendeneinnahmen werden im Zeitablauf immer reicher. Die KreditzinsZahler hingegen werden immer ärmer.

Wenn ich an der Börse nach guten Unternehmen Ausschau halte, dann meide ich Firmen mit hoher Bankverschuldung. Mir geht es dabei gar nicht so sehr um den Zinseffekt. Mir ist die Unabhängigkeit und Sicherheit der jeweiligen Aktiengesellschaft wichtig. Es hat sich in Krisen immer wieder ganz klar gezeigt, wie gefährlich eine Bankverschuldung für die Unternehmen sein kann. Wenn über Nacht, wie in den Jahren 2008 und 2009, in manchen Branchen die Aufträge wegbrechen, wird es mit dem Banker ungemütlich. Viele Unternehmer haben mir erzählt, dass sie ihren Augen und Ohren kaum trauen konnten. Die Tonlage und Atmosphäre, einst freundlich und verständnisvoll, verwandelte sich im Bankbesprechungszimmer dramatisch. Die lieben Financiers von einst waren kaum wiederzuerkennen. Die Daumenschrauben wurden angelegt. Sicher gibt es löbliche Ausnahmen, aber auf die würde ich als Unternehmensführer nicht hoffen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass im Krisenfall von der Bankenseite massiv in die Geschäftspolitik des Unternehmens eingegriffen wird, ist hoch. Da lobe ich mir die Lindt & Sprüngli AG in der Schweiz. 2008 verkündete der Vorstand klipp und klar, dass er – trotz der schwierigen und damals ungewissen weltwirtschaftlichen Situation – an seinem FünfjahresInvestitionsprogramm zur Verbesserung der Produktionsabläufe festhalten werde. Das hat mir gut gefallen. Die Banken spielen bei Lindt & Sprüngli in Finanzierungsfragen keine große Rolle. Die Firma hat eben viel Eigenkapital, Rücklagen aus Jahrzehnten und einen starken Cashflow. Danach suche ich als Börseninvestor gerne. Den sogenannten »LeverageEffekt« durch den gezielten Einsatz von Fremdkapital auf der einen Seite und einer Verringerung von Eigenkapital auf der anderen Seite empfinde ich als zu gefährlich.

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Das ist etwas für »SchönWetterSegler«. Bei denen gehe ich nicht an Bord. Mein Kapital bekommen diese Firmen an der Börse nicht. Was nun den Geldanleger angeht, so sollte auch er seine Position gut überdenken. Investments an der Aktienbörse sind immer mit Risiken verbunden. Und auch die besten Aktien mit noch so viel Eigenkapital und wunderbaren Marktanteilen in ihrer Branche können in einer Börsenpanik im Kurs zusammenkrachen. 50 oder 70 Prozent und mehr an Kursverlusten, das hat es schon häufiger in der Vergangenheit gegeben – auch für »Blue Chip«Aktien. Und das wird auch immer so bleiben. Denn die Aktienkurse an der Börse richten sich nicht nach objektiven Bewertungskriterien dessen, was tatsächlich vorhanden ist. Nein, die Kurse werden rein durch Angebot und Nachfrage gemacht. Wenn keiner kaufen will, andere aber verkaufen müssen, dann brechen Aktienkurse bis auf null zusammen. So unerfreulich es auch ist, wenn ich mein Depot mit meinen Ersparnissen finanziert habe, so kann ich jedoch eine Phase der Irrationalität und des Wahnsinns aussitzen. Aber mit Bankschulden? Wie wird es da mit mir wohl nervlich bestellt sein?

Ich rate deshalb von Lombardkrediten ab, also der Beleihung eines Aktiendepots, um damit mehr Aktien kaufen zu können. Auch wenn der Kreditzins noch so niedrig sein sollte, spielt der Aktieninvestor mit dem Feuer. Im großen Internet und TelekomCrash der Jahre 2002 und 2003 hatten wir solche Fälle. Ich kenne Geldanleger, die ihre Depots bei luftig hohen Kursen, mit gutem Zureden und Applaus der Bank, zu 25 Prozent beliehen hatten. Zum Tiefpunkt der Kurse im März 2003 hatten sie ihr gesamtes Vermögen verloren. Ihre Aktien wurden von der Bank zwangsverkauft. Das ist eben der Effekt bei den Lombardkrediten: Die Schulden bleiben, beziehungsweise sie wachsen weiter an durch die Zinsbelastungen, während beispielsweise TelekomAktien damals von 80 Euro auf zehn Euro fielen.

Ganz unabhängig von Lombardkrediten sage ich: Wer Bankschulden hat, sollte sich generell kein Aktiendepot zulegen. Tilgen Sie erst Ihre Schulden, sparen Sie echtes Eigenkapital an und erst dann wagen Sie sich auf das Börsenparkett. Das ist zwar altmodisch und erfordert vielleicht ein paar Jahre Geduld. In der nächsten Finanzkrise werden Sie aber (hoffentlich) an mich denken.


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