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Offenlegung & Urheberrechte: Bildmaterial erstellt im Rahmen einer kostenlosen Kooperation mit Shutterstock.
Von Christian Bernhardt (Mehr) • Zuletzt aktualisiert am 18.11.2023 • Zuerst veröffentlicht am 08.05.2022 • Bisher 4064 Leser, 4373 Social-Media-Shares Likes & Reviews (5/5) • Kommentare lesen & schreiben
Für den Bestand eines Unternehmens sind die Team-Zusammensetzung und Mitarbeitermotivation entscheidend. 5 Tipps, wie das gelingen kann.
Neben der Kriegskasse und einer starken Wertebasis entscheiden in schwierigen Zeiten zwei Dinge über die Überlebensfähigkeit von Unternehmen: Die Substanz der Belegschaft und wie gut es die Führung schafft, eine starke Gemeinschaft daraus zu formen.
In der Praxis sieht das oft ganz anders aus: Vergraulte Talente, Imageverlust und eine gefährdete Wettbewerbsfähigkeit durch Fehlbesetzungen, die ganz nebenbei auch noch die Kosten treiben, wenn der Betrieb im ersten Jahr die Reißleine zieht oder der Mitarbeiter sich „durchfüttern“ lässt.
Ja, Unternehmer stehen für die Kernwerte ihrer Unternehmen. Und ja, es ist gut, wenn sie sich als Führungspersönlichkeit selbst in den Wind stellen und auch selbst entscheiden, wer sie dabei begleitet. Man kann auch sagen: Recruiting ist Chefsache! Ja, aber …
Tatsächlich gibt es ab einer gewissen Unternehmensgröße gute Gründe, in bestimmten Bereichen die Verantwortung an die fachlichen Vorgesetzten zu übergeben und sich selbst lediglich ein Vetorecht vorzubehalten. Ein Beispiel? Die Personalauswahl!
Einmal scharf hingeschaut und schon erkennt der Profi den geeigneten Kandidaten! Wirklich? Nein! Häufige Fehlerquelle in Unternehmen: Die Verführung der spontanen Entscheidung.
Auch Daniel Kahneman freute sich als junger Psychologe über sein untrügliches Gefühl, mit dem er die Bewerberspreu vom Weizen trennte, während er für die Armee angehende Offiziere rekrutierte. Die Ernüchterung folgte auf dem Fuß, als er später das Feedback der Offiziersschule erhielt.
Kahnemann musste einsehen, dass er genauso gut hätte würfeln können. Der spätere Wirtschaftsnobelpreisträger entwickelte ein strukturiertes und valides Einstellungsverfahren, das bis heute verwendet wird.
Wer im Wettbewerb um die besten Mitarbeiter mitspielen will, muss sauber rekrutieren. Fehler bei der Personalauswahl können durch spätere Qualifizierung nicht kompensiert werden. Zudem gilt: Wer billig rekrutiert, rekrutiert zweimal – wenn nicht noch öfter.
Das belastet die Mitarbeiter. Wie sollen diese effizient arbeiten, wenn das Personalkarussell durchdreht und immer wieder improvisiert werden muss? Von daher gilt: Lieber eine solide Grundlage schaffen.
Aber welches Unternehmen prüft im Nachhinein schon, wie gut oder schlecht wirklich rekrutiert wurde? Stattdessen richten wir unsere Aufmerksamkeit auf jene Lichtblicke, bei denen alles geklappt hat. Oder schieben den Umständen, ja sogar dem Mitarbeiter die Schuld in die Schuhe. Das ist menschlich, aber sicherlich nicht professionell!
Was steht denn nun aber einer guter Personalauswahl tatsächlich im Weg? Zwei Dinge: Das Problembewusstsein und die (fehlende) Kompetenz der entscheidenden Akteure.
Ersteres beginnt mit der Verkennung der Situation: Meist werden zwar die Mitarbeiter aus dem Personalwesen geschult, aber nicht die Führungskräfte. Davon sind 90 % noch dazu der Meinung, echte Naturtalente zu sein, obwohl sowohl die Erfahrung als auch wissenschaftliche Untersuchungen klar das Gegenteil belegen.
Fünf Punkte machen „richtige“ Profis, sie sind sozusagen entscheidend für die richtige Personalauswahl, die zu einer guten Team-Zusammensetzung führt.
Das Folgende mag zunächst trivial klingen, ist aber absolut erfolgskritisch: Wer nicht weiß, was er will, kann es auch nicht bekommen. Besonders wichtig ist das, wenn Stellen regelmäßig besetzt werden oder sich strategisch neu ausgerichtet wird. Erstellen Sie also im ersten Schritt ein Anforderungsprofil.
Das gelingt am besten, wenn sich HR, der Vorgesetzte und zwei Mitarbeiter aus der Fläche zusammensetzen und die „Critical Incidents“ erheben. Jene Ereignisse, deren gute oder schlechte Bewältigung darüber entscheiden, ob eine Stelle erfolgreich oder nicht gut besetzt ist.
Wer erfolgreich interviewen will, muss die richtigen Fragen stellen. Jeder Bewerber, dem es halbwegs ernst ist, kennt die Lehrbuch-Antworten auf Klassiker wie „Erzählen Sie mal was von sich“ oder „Warum haben Sie sich bei uns beworben?“.
Ein weiterer Fallstrick: Die Standardfragen zielen regelmäßig am Anforderungsprofil vorbei. Auch hier ist bekannt, was wirklich funktioniert: Situative und biografische Fragen und Rückfragen nach dem STAR Prinzip. Dieses erhebt strukturiert die Situation, die damalige Herausforderung, das Verhalten des Bewerbers und schließlich das, was dabei herausgekommen ist.
Hilfreich ist ein strukturierter Interviewleitfaden. Er stellt sicher, dass jedem Bewerber die gleichen Fragen gestellt werden. Neben anderen Vorteilen reduziert das auch die Wahrscheinlichkeit, dass zu 80 % die Führungskraft redet, um ihrem Wunschbewerber das Unternehmen zu verkaufen.
Im Recruiting gilt: Die besten Ergebnisse erzielen Sie, wenn die Redeanteile ausgeglichen sind. Genauso wichtig: Interviewen Sie den Bewerber mindestens zu zweit, wer allein ins Gespräch geht, kann genauso gut zur Münze greifen.
Profis kennen die Hindernisse, die einer erfolgreichen Auswahl im Wege stehen. Wenn ich nicht weiß, was mich sabotiert, bin ich diesem hilflos ausgeliefert. Es gibt rund zwei Dutzend solcher Saboteure, zum Beispiel den Ähnlichkeitsbias, bei dem Schmidt am liebsten Schmidtchen einstellt. Oder den Erwartungsanker, bei dem Bewerber mit dem früheren Stelleninhaber verglichen werden. Dass dieser in der Rückschau idealisiert wird, macht das Vorgehen sehr gefährlich.
Die Intuition der Führungskraft kann und soll bei der Auswahl nicht außen vorgelassen werden. Wenn sich Ihr Bauchgefühl warnend meldet, dann sollten Sie das weiterhin unbedingt beherzigen. Voreilige Entscheidung auf Basis eines verführerischen ersten Eindrucks allerdings öffnen Fehlentscheidungen Tür und Tor und lassen den ganzen Prozess zum Glückspiel verkommen.
Damit wären die wichtigsten Punkte benannt, würde nicht noch der letzte Schritt zur erfolgreichen Auswahl fehlen. Ferdinand Piëch kannte diesen: „Ob jemand wirklich für eine Tätigkeit taugt, kann man erst entscheiden, wenn er den Job tatsächlich verrichtet.“
Also halten Sie die Augen, Ohren und vor allem die abschließende Entscheidung offen, bis die Probezeit vorbei ist und legen Sie sich erst dann fest.
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Christian Bernhardt ist Hochschuldozent für nonverbale Kommunikation, Kommunikationspsychologie und Kommunikation im digitalen Raum. Der Fachbuchautor hält Vorträge und Hybrid-Trainings zu den Themen Recruiting sowie Wertschätzende Kommunikationskultur und berät dazu Unternehmen in Deutschland und der Schweiz. Mehr Informationen unter www.bernhardt-trainings.com Alle Texte von Christian Bernhardt.
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