Carinne Solo aus dem bretonischen Städtchen Guingamp war zwölf Jahre lang Personalerin. Dann wechselte sie den Job und eröffnete gemeinsam mit ihren Eltern in alten Villa ein Hotel. Heute arbeitet sie viel mehr als früher und hat weniger Geld – aber ist bedeutend glücklicher.

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Hart arbeiten für den Erfolg

Am Eingang der Villa aus dem 17. Jahrhundert empfängt uns ein knall-pinkes Plastikschwein. Drinnen geht es ungewöhnlich weiter: Eine gepunktete Kuh im Garten, das Metallpferd eines internationalen Künstlers im Atrium des Glasanbaus, im Speisesaal eine Marionette, die wie die eigene Urgroßmutter aussieht – und eine Besitzerin, die früher Personalerin war, bevor sie beschloss, lieber einen Job zu machen, an dem sie wirklich Freude hat.

Schon ihr Name Carinne Solo ist ungewöhnlich und eigentlich ein Schreibfehler ihres Vaters, wie sie erklärt. Ungewöhnlich ist auch das Hotel, dass sie gemeinsam mit ihren Eltern in dem bretonischen Städtchen Guingamp führt: Die Villa, von der Mutter auf dem Weg zur Arbeit zufällig entdeckt, konnte die Familie Anfang der 90er günstig kaufen. In mühevoller Handarbeit und mit viel Liebe zum Detail baute die Familie es Stück für Stück aus, restaurierte die Treppe, bemalte die Wände und nähte die Vorhänge selbst.

Familie und regionale Verwurzelung als Erfolgsrezept

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„Wir haben damals als BedundBreakfast angefangen, ein Zimmer zu vermieten, während wir in den anderen Zimmern noch gearbeitet haben und das dann immer weiter ausgebaut“, lacht Carinne. Die Gäste haben ihr das nicht übel genommen: Seit mittlerweile 8 Jahren ist Le Demeure nun ein Hotel. Und viele Gäste sind Stammgäste, die sogar oft monatelang bleiben.

Der besondere familiäre Zusammenhalt und auch die starke regionale Verwurzelung ist das Erfolgsgeheimnis des Unternehmens: So bekam die Familie beim Ausbau immer wieder Hilfe von den Nachbarn.

Steine von der Straße, der Frühstücksraum als Showroom

Die Steine, mit denen die Auffahrt gepflastert ist, stammen von der Straße: Als die vor 10 Jahren neu gemacht wurde, erlaubte man ihnen, die alten Steine zu nutzen. Der Glasanbau wurde von einem bekannten bretonischen Architekten umsonst entworfen. Die Stühle im Frühstücksraum stammen von einer Möbeldesignerin, die das als Showroom für potenzielle Kunden nutzt. „Ich habe nur das Material bezahlt,“ erklärt Carinne.

Und einer ihrer Nachbarn ist Experte für den Ausbau alter Häuser: „Er hat uns mit seinem Wissen sehr geholfen,“ berichtet die Hotelchefin. In Zukunft möchte sie im Hotel jungen Menschen und Studierenden die Möglichkeit geben, Erfahrungen im Ausbau von alten Häusern zu sammeln.

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Politikwissenschaftlerin, Personalerin, Hotelchefin

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Die heute 37jährige studierte in Rennes Politikwissenschaften bis zum Bachelor, hängte daran eine Spezialausbildung in Personalwesen an und arbeitete 12 Jahre in einem großen Unternehmen in Quimperlé als Human Resources Director.

„Das war eine gute Erfahrung, aber nicht das, was ich tun wollte – hat einfach keinen Spaß gemacht und war hart, viele Leute entlassen zu müssen“, berichtet sie und fügt hinzu: „Wie soll man seinen Job gut machen, wenn man nicht wirklich Lust auf die Sache hat?“

Ein Toyota-Pferd im Atrium

Nicht immer sind aber alle Familienmitglieder einer Meinung: Als Carinne vor einiger Zeit ein aus Bauteilen von Toyota gefertigtes Pferd kaufte, dass sie im MaisonundObjet in Paris gesehen hatte, war ihre Großmutter alles andere als begeistert.

„Das Pferd war ein Hauptwerk des international bekannten Designers Andrew Martin und sehr teuer.“ berichtet Carinne lachend. „Ich habe es dann mit viel Aufwand aus London mit der Fähre hierher transportiert Als ich damit heimkam, war meine Großmutter total sauer, weil ich so viel Geld für ein Toyota-Pferd ausgegeben hatte. Sie war früher Mechanikerin und ließ nichts über Renault kommen.“

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Eine Entscheidung fürs Leben

Ihr neuer Job sei, so sagt Carinne, eine Entscheidung fürs Leben gewesen: „Man wählt, was man tut, und macht das dann bewusst,“ sagt sie. Mit ihrem alten Job als Human-Resource-Direktorin verbindet sie jedoch auch gute Erinnerungen:

„Ich habe viele Freunde dort gefunden, die den Job zum Teil immer noch machen und den Vater meines Sohnes kennengelernt,“ berichtet die Hotelchefin und philosophiert: „Viele sind mit so Job auch glücklich. Nur ich war nicht am richtigen Platz. Es ist ja zum Glück nicht jeder gleich. Wichtig ist, dass man versteht, was die Freunde tun und dass man sich trotz der Unterschiede respektiert.“

Das neue Leben: Kein Paradies!

Dennoch ist ihr jetziges Leben kein Paradies und es sei auch nicht einfach gewesen, alles umzukrempeln, wie sie extra betont: „Früher hatte ich eine schöne Wohnung, ein Auto, habe Fernreisen in tolle Länder gemacht und konnte mir Kleidung und Schuhe kaufen, wie ich wollte.

Heute habe ich nur eine kleine Wohnung hier im Haus, statt Auto nur ein Fahrrad und wir machen gerade mal zwei Wochen im Jahr Ferien, in denen wir das Hotel schließen. Die Realität ist eben einfach eine Andere,“ fasst sie ihr Lebenskonzept schlicht zusammen.

Jeder Cent fließt in das Hotel

Fast jeden Cent steckt Carinne in ihr Hotel, ein eigenes Gehalt hat sie quasi nicht. Dafür steht sie jeden morgen um 4 Uhr auf, um Obst und Gemüse vorzubereiten und arbeitet dann 19 Stunden pro Tag an 7 Tagen in der Woche.

Dennoch möchte sie nicht tauschen: „Wenn Du man etwas gerne macht, tut man immer mehr, als man muss. Und wenn man alles selbst macht, ist es nicht so teuer“ sagt sie. Lieber ein kleines Fahrrad und hier bleiben als in Paris wohnen und viel Geld haben.“ Ein weitere Vorteil sei die Arbeitsatmosphäre: „Heute kann ich mir die Leute aussuchen, mit denen ich zusammenarbeite. Daher haben wir auch sehr viel Spaß und lachen sehr viel“, sagt Carinne.

Die Mitarbeiter sollen eigenverantwortlich arbeiten

Das Hotel hat drei Mitarbeiterinnen von denen jede ganz unterschiedliche Aufgaben übernimmt: Hausarbeit, Patisserie, Tee-Verkauf. „Jeder macht von allem bisschen“, sagt Carinne, der es wichtig ist, dass die Mitarbeiter eigenverantwortlich arbeiten:

„Natürlich gibt es viel zu tun, aber Vieles muss man nicht sofort erledigen, es reicht oft auch noch am nächsten Tag, wenn man mehr Lust hat. Es ist doch besser, wenn man selbst entscheidet, wann man etwas tut und einem das niemand sagt.“

Extra-Ausbildung für Küche und Buchhaltung

Carinne kocht. Dafür – und für die Buchhaltung – hat sie eine Extra-Ausbildung gemacht. „Das war keine Pflicht, aber ich fühlte mich besser damit.“ Auch die Buchhaltung möchte sie lieber selbst machen: „Einen Buchhalter einzustellen, wäre zu teuer und so behält man den Überblick“, sagt sie.

Ihr kreatives Betätigungsfeld ist die Küche. „Ich bin kein Meister-Koch, aber man kann schöne Dinge machen, wenn man das nötige Wissen hat. Wichtig ist, dass man mit Liebe isst.“ Viele Produkte, die sie im Hotel und in dem kleinen Laden verkaufen, sind hausgemacht. Andere stammen von regionalen Bauernhöfen mit teilweise biologischem Anbau.

Leben wie die Urgroßmutter

Der Gesundheitsaspekt ist für Carinne sehr wichtig. Wein, eigentlich typisch französisch, sucht man im Sortiment hingegen vergeblich: „Ich trinke selbst keinen Alkohol – daher verkaufen wir hier keinen Wein. Ich möchte nur Produkte verkaufen, die ich auch empfehlen kann,“ sagt Carinne.

Ihr Vorbild war ihre Urgroßmutter Sidonie, nach der auch der kleine Shop mit regionalen und ökologischen Produkten benannt ist: Sidonie e Companie. Nach ihrem Foto wurde eine Marionette gefertigt, die jetzt im Speisesaal hängt. „Ich habe so viel studiert und gelernt und jetzt lebe ich doch nicht viel anders als meine Urgroßmutter“, sagt Carinne und lächelt.

Die Gäste sollen sich fühlen wie zu Hause

Genau das ist die Philosophie, nach der Corinne das Haus einrichtet: „Die Gäste sollen sich wohlfühlen, zu Hause wie bei der eigenen Großmutter – nur mit vielen lustigen Dingen. Dementsprechend heißt das Hotel ja auch Le Demeure.

Wie Kronleuchter aus Besteck, die Uhreinsammlung über der Treppe oder das pinkfarbene Plastikschwein, ein für viel Geld in Belgien erworbenes Kunstobjekt, das Carinne in speziell in dieser Farbe in Auftrag gegeben hat, weil Pink ihre Lieblingsfarbe ist.

Moderne Kunst hellt das alte Haus auf

Jeder Raum anders mit eigener Atmosphäre, manches wirkt auch ein wenig überladen aber immer charmant. Ein Konzept, nachdem sie Kunstobjekte sammelt, hat Carinne nicht:

„Alte Häuser haben oft etwas Düsteres und die Kunstobjekte sollen die Stimmung aufheitern,“ lächelt Carinne. Jedes mal, wenn wir nach Paris oder London reisen und neue Dinge sehen, die uns außerordentlich gut gefallen, kaufen wir sie.“

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Besonderer Service für die Gäste

Aber Carinne macht auch ganz praktische Dinge anders: Die Gäste können sich das Essen auch mal mit aufs Zimmer nehmen oder bekommen auf Wunsch auch mal Extras. Im Speisesaal ihres Restaurants gibt es eine Spielecke für Kinder.

Das sei, sagt die Hotelchefin, selbst Mutter, für die Gäste, deutlich entspannender: „Die Eltern können dann eine schöne Zeit im Restaurant haben, während die Kinder einfach spielen, statt am Tisch herumzuquengeln.“


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