Die Automatisierung und der Vormarsch der Denkmaschinen bestimmen die Trends. Doch leider wird dabei gerne vergessen: Jeder Transformationsprozess ist immer zugleich auch eine unternehmenskulturelle Herausforderung. Das Heil ist nicht nur in Technologien zu finden. Wem es nicht gelingt, die Menschen mitzunehmen, wird scheitern.

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Erst Transformation, dann digital

Das Digitale macht vielleicht 20 Prozent aus, 80 Prozent ist Transformation. Zwingend betrifft der Veränderungsdruck auch die Organisationsstrukturen und Führungsprozesse. Viele Unternehmen werden den Anschluss an die Zukunft allein deshalb verpassen, weil sie in alten Vorgehensweisen verharren. Dies lässt sich nur dadurch vermeiden, dass sie die Talente derjenigen nutzen, denen die Zukunft gehört: Das sind die Millennials, die ins Internetzeitalter hineingeborenen Digital Natives.

Mit hohem Tempo, digitaler Kernkompetenz und einem Riecher für Innovationen treibt die junge Generation neue Geschäfts-, Vertriebs-, Marketing-, Organisations-, Arbeits-, Finanzierungs-, Kommunikations-, Kauf- und Lebensmodelle voran. So hat sie, von tradierten Modellen völlig entkoppelt, längst eine Parallelwelt erschaffen, die sich der Old Economy, wenn überhaupt, nur ansatzweise erschließt.

Wer deren Denke implementiert, das Jungvolk im eigenen Unternehmen systematisch mobilisiert und passende Startups in seine Wertschöpfungsketten integriert, kann es schaffen. Denn Jungunternehmer agieren agil und blitzschnell, sie hassen interne Bürokratie, und sie lieben die Kunden. Customer Obsession nennen sie das.

Während herkömmliche Manager weiterhin umständlich planen, an ihre Quartalsziele und die Kosten denken, haben die Jungunternehmer längst verstanden, dass sich alles um das Kundenwohl dreht. Die Finessen der Digitaltechnologie sind ihr Werkzeugkasten. Sie agieren nicht Topdown und in Silos, sondern crossfunktional in sich selbst organisierenden Teams rund um Kundenprojekte herum.

Selbstorganisation statt Command und Control

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Die Menschen sehnen sich danach, in einer anderen Arbeits- und Führungskultur als der gestrigen tätig zu sein. Der Chef als Ansager und Aufpasser ist ein Auslaufmodell. Für die Herausforderungen, die die Zukunft bringt, ist Command und Control nicht länger geeignet. Denn zentrale Steuerung funktioniert nicht in komplexen Systemen. Und wenn anweisungsbasierte Topdown-Formationen auf vernetzte Organisationen treffen, wird es langfristig für erstere eng.

Disruptive Zeiten erzeugen nicht nur Rasanz, sondern auch permanente Vorläufigkeit. Alles steht ständig zur Disposition. Selbst die Oberen können nicht einmal ahnen, wohin der richtige Weg führt. „Ihre neue Aufgabe ist es, das Finden von Antworten zu organisieren“, schreibt Christoph Keese in seinem Buch Silicon Germany. Sich dezentralisierende Organisationen und sich selbst steuernde Teams werden dafür gebraucht. Agil und kollaborativ müssen sie sein. Das bedeutet: So viel Selbstorganisation wie möglich mit nur so viel zentraler Steuerung wie unbedingt nötig.

Teamentscheidungen auf dem Vormarsch

Entscheidungen und die Verantwortung dafür verbleiben im Team. Die Führung achtet vor allem darauf, dass nichts Operatives zu ihr zurückdelegiert wird. Nur noch in Ausnahmefällen und im strategischen Kontext greift sie direktiv ein. Ansonsten ist sie vor allem fördernd tätig. Sie sorgt für ein angenehmes Arbeitsumfeld, für perfekte Rahmenbedingungen und für umfassende Weiterbildungsmöglichkeiten.

Erprobungsphasen sind überaus wichtig, damit sich sowohl die Führungskräfte als auch die Mitarbeiter in die neue, noch ungewohnte Situation einüben können. Eine fehleroffene, sanktionsfreie Lernkultur begleitet den Weg. Etappensiege werden gefeiert. Keinesfalls darf das Pendel zu abrupt oder zu radikal in Richtung Hierarchiefreiheit schlagen, weil das die Menschen überfordert.

Kletterwand- statt Leiterkarrieren

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Bislang waren Karrierewege meist vorgezeichnet: Auf einer Stufe um Stufe zu erklimmenden Karriereleiter ging es voran. Das Prinzip, so paradox es auch klingt: Gute Leistungen werden zwangsläufig mit einer Führungsaufgabe belohnt. Ob fähig oder unfähig dazu? Egal! Man ist einfach „dran“. Doch nicht jeder gute Fachmann ist gleichzeitig auch eine gute Führungskraft. Das Ergebnis, so Gallup: „People join companies but they leave managers.“

In neuen Zeiten wird auch der Begriff des Karrierewegs neu definiert. Rollenflexibilität und Kletterwandkarrieren werden in den Unternehmen Einzug halten. Mal ist jemand Führungskraft eines Teams, mal Leiter eines Projekts, mal Verantwortlicher eines Prozesses, mal agiert er ohne Führungsaufgaben in einem Expertenteam.

Wird eine Führungsrolle abgegeben, ist das weder mit Gesichtsverlust noch mit Demontage verbunden – und kein Rückschritt, sondern eine Seitwärtsbewegung. Fach- und Führungskarrieren werden gleichgesetzt. Laufbahnen gehen nicht länger wie auf einer Leiter nach oben, was bei einem Fehltritt mit einem jähen, oft würdelosen Absturz verbunden sein kann.

Ohne Schande kann man in die Fachexpertise wechseln. Dies ist schon allein deshalb höchst sinnvoll, weil Spitzenfachleute immer dringender benötigt werden. Die Führungskarriere gilt nicht länger als der bessere Weg. Sie sollte ausschließlich den Menschenexperten vorbehalten sein. Den anderen ist die Führungslizenz sofort zu entziehen. Statt Zwangsaufstieg ermöglicht man guten Fachspezialisten besser Herausforderungen in der Breite der Unternehmenslandschaft.

#minus50 statt Monsterbürokratie

Je schwerfälliger eine Organisation, desto anfälliger ist sie für Überholmanöver. Von daher ist mehr Schnelligkeit dringend vonnöten. Alles, was eine Organisation langsam macht, muss schleunigst weg. Um das schaffen zu können, muss vehement umgebaut werden. Mit Werkzeugen von gestern ist die Zukunft nun mal nicht zu packen.

Denn klassische Managementformationen sind die meiste Zeit damit beschäftigt, sich selbst zu organisieren, anstatt sich ums Geschäft und die Kunden zu kümmern. Prozessbesessenheit, Zielfetischismus und verkrampfte Regelwerke sind eine kolossale Verschwendung von Zeit, Geld, Engagement und Talenten, die sich niemand mehr leisten kann.

Bürokratie macht ein Unternehmen langsam und dumm, weil alles einem vordefinierten Weg folgen muss und in starren Verfahrensweisen versinkt. Standards erzeugen zudem Isomorphie: Alles gleicht sich immer mehr an. Doch nur das Besondere, Faszinierende, Bemerkenswerte hat eine Zukunft. Bei Vergleichbarem hingegen entscheidet am Markt der Preis. Dann soll es wenigstens billig sein.

Im Eilschritt die Zukunft erreichen heißt also zuallererst: rigide Strukturen lockern, Altlasten entsorgen und Hürden entfernen, um flotter laufen zu können. Alles Unkraut, das die jungen Triebe am Wachsen hindert, muss weg. 50 Prozent weniger Bürokratie, Administration, Hierarchie, Regelwerke, Reportings und Planungsmanie sind dabei eine vernünftige Zielzahl. #minus50 heißt dieses Programm, das zukunftsfit macht.


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