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Offenlegung & Urheberrechte: Bildmaterial erstellt im Rahmen einer kostenlosen Kooperation mit Shutterstock. Text ursprünglich aus: „Der Arsch geht auch vorbei: Wie Sie sich gegen schlechte Chefs und andere Zumutungen des Arbeitsalltags wehren können“ (2018), Keinen Bock mehr? Mehr Spaß und Motivation im Management“ (2012), Der freche Vogel fängt den Wurm: 7 überraschende Führungsprinzipien für mutige Manager“ (2010), 11 Managementsünden, die Sie vermeiden sollten: Wie Führungskräfte sich um Karriere, Verstand, Ehepartner und Spaß bringen“ (2009), erschienen bei Münchener Verlagsgruppe (MVG), Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags.
Von Klaus Schuster (Mehr) • Zuletzt aktualisiert am 16.02.2024 • Zuerst veröffentlicht am 03.02.2021 • Bisher 4285 Leser, 2307 Social-Media-Shares Likes & Reviews (5/5) • Kommentare lesen & schreiben
Viele Menschen leiden unter schlechten Chefs, Narzissten und Psychopathen. Doch die gute Nachricht ist: Man kann etwas gegen solche Leute tun – selbst wenn sie scheinbar mehr macht haben.
Als ich bei meinen Exkursionen in der Praxis durchsickern ließ, an welchem Buch ich aktuell arbeite, wurde ich mit Leidensgeschichten nur so zugeschüttet. Unfassbar viele Menschen leiden unter Bossmonstern. Die meisten jammern nicht nur und lästern hinter seinem Rücken über den Chef, sondern unternehmen etwas. Überraschend oft mit einem anonymen Brief an die Geschäftsführung. Ich rate davon ab. Chef-Hack 7: Schreib keine anonymen Briefe! Das geht leider meist nach hinten los. Was logisch ist: Wenn die Geschäftsführung etwas taugte, hätte sie ihren Monsterboss schon vor langer Zeit an die Leine genommen. Hat sie aber nicht: Auch über dem Arsch sitzen Ärsche. Das Unternehmen ist weitgehend arschifiziert und müsste eigentlich vom Bundesgesundheitsamt in Quarantäne gesteckt werden.
Diese Breitbandinfektion des Managements erklärt, warum viele Geschäftsleitungen selbst dann nichts gegen ihre schwachen Chefs unternehmen, wenn anonyme Brandbriefe eintrudeln. Da ist zum Beispiel, um einen Fall herauszugreifen, der Brandbrief einer Konzernsparte, der Missstände offenbart, die nicht mal unter Kriegsrecht durchgehen würden. Ein Spartenleiter in diesem Konzern macht Management by Mobbing und brüllt ständig alles und jeden in der Lautstärke einer dauerfeuernden Panzerhaubitze an, terrorisiert Mitarbeitende und schreit sogar schwangere Kolleginnen an, sodass sie sich krankmelden. Also schicken die Mitarbeitenden einen Brief los, der auf siebzehn Seiten vierunddreißig Beispiele von verbalen Misshandlungen und Drangsalierungen enthält, die jedem anständigen Menschen die Zornesröte ins Gesicht treiben.
Was macht die Geschäftsleitung? Sie stellt die Missstände nicht ab. Sie bestellt den Chef, der für alle Chefs eine Schande ist, noch nicht einmal zur Gardinenpredigt ein. Nein, sie schickt ihm den anonymen Brief mit der lapidaren Bemerkung: »Was ist bei Ihnen los? Kriegen Sie Ihren Laden schnellstmöglich wieder in den Griff!« Das tut er. Anhand der detailliert im Brief geschilderten Missstände kann er trotz Anonymisierung problemlos die Opfer seiner Misshandlungen identifizieren – und feuert sie. Zur Misshandlung kommt noch die Kündigung. Ergo: Anonymität ist kein Schutz. Anonymität schützt in einem arschifizierten Unternehmen (Amt, Ministerium, Verein …) nur einen: den und die Täter. So schlimm dieser Fall ist – und er ist nicht der einzige: Die Überlebenden haben etwas daraus gelernt.
Sie schreiben keine anonymen Briefe mehr. Wenn der Chef jetzt wieder brüllend auf ein Opfer zustürmt und es in die Ecke treibt, ziehen zwei, drei KollegInnen das Feuer auf sich. Sie lenken den Chef ab. Allein, indem sie auch etwas sagen. Das reicht schon. Dann brüllt der Chef zwar immer noch, aber dann verteilt sich seine Tirade auf mehrere KollegInnen. Das ist für jede(n) leichter zu ertragen. Das Opfer merkt: Ich bin nicht allein! Die andern halten zu mir! Solidarität verhindert zwar den Biss des tollwütigen Hundes nicht, wirkt aber therapeutisch: Die Wunde verheilt schneller und tut längst nicht mehr so weh.
Dieser Hack erfordert anfangs etwas Mut, gibt danach aber ein umso besseres Gefühl: Wenn der Chef eine(n) von euch zur Sau macht – spring ihm/ihr sofort bei! Nicht, indem Sie ihn/sie verteidigen. Das regt Choleriker noch mehr auf. Sondern indem Sie sich sachlich an der »Diskussion« beteiligen. Je mehr das tun, desto weniger allein ist das Opfer – und desto schneller verliert der Choleriker die Lust an seinen Anfällen.
Man könnte in so einem Fall natürlich die Rolle des Betriebsrates diskutieren. Aber ehrlich: Welcher vernünftige Mensch könnte hier dem Betriebsrat einen Vorwurf machen? Der hat ja selbst Angst vor dem tollwütigen Berserker und will sich nicht zur Zielscheibe seiner Wutausbrüche machen. Klar: Der Betriebsrat könnte klagen. Doch die Anwälte sind im Zweifel: Kann man Chefs wegen seelischer Grausamkeit belangen? Solange die Juristen daraus keine wasserdichte Anklage basteln können, lässt der Betriebsrat lieber die Finger davon. Außerdem herrschen in diesem Konzern inzwischen Zustände wie bei der Mafia: Kein Opfer traut sich mehr, gegen die Bossmonster auszusagen. Nicht einmal vor Gericht, nicht einmal unter Zeugenschutz, weil die Bosse mächtiger als Anwälte, Polizei und Gerichte sind. Das ist nicht das Ende der Welt. Es gibt andere Mittel. Eines davon kennen wir aus der Traumatherapie: Kontaktabbruch.
Wenn der Chef übergriffig, persönlich beleidigend oder gar handgreiflich wird: Sofort wortlos und ohne Blickkontakt den Raum verlassen! Seit der Organisationspsychologe des Konzerns dieses Rezept unter der Hand durchsickern ließ und den Opfern auch dessen Anwendung erklärte, praktizieren es viele in der Sparte.
Sobald der Berufscholeriker wieder zu brüllen anfängt, verlassen sie den Raum: Kontaktabbruch. Viele befürchteten anfangs: »Aber dann wird er noch wütender und verfolgt mich!« Der Psychologe wusste: Nein, tut er nicht. Denn ein cholerischer Anfall ist eine Affekthandlung. Wird der Affekt unterbrochen, wird die Handlung unterbrochen – in den meisten Fällen. Jedenfalls öfter, als wenn man es über sich ergehen lässt. Deshalb schützt Kontaktabbruch die Opfer und wirkt auf Täter als Separator, als Musterunterbrecher. Außerdem empfiehlt es sich, in eine Gruppe von KollegInnen zu flüchten: Choleriker toben am liebsten unter vier Augen. Sobald sie in der Minderzahl sind, setzt meist ihr gesunder Menschenverstand wieder ein. Dieses Rezept funktioniert nicht immer. Aber sehr viel häufiger, als sich wehrlos, grundlos, unangemessen und unverhältnismäßig anbrüllen zu lassen.
Viele Menschen betreiben den Kontaktabbruch innerlich. Sobald der Chef herumbrüllt, schalten sie geistig auf Durchzug und begeben sich in ihrer Vorstellung an ihren »sicheren Ort«. Also an jene imaginäre Stelle, zu der sie in Gedanken immer dann gehen, wenn die Realität gar zu unverschämt wird. Der »sichere Ort« funktioniert immer dann zuverlässig, wenn Sie ihn in aller Ruhe vor der nächsten Stresssituation anlegst, ausformst und die Reise dorthin zwei Dutzend Mal trainierst. Dann sind Sie hier auch in Sicherheit, wenn das Donnerwetter losbricht – mein Wort darauf. Innere Sicherheit ist eine reine Trainingsfrage.
Diese Art der Delegation kennt jede(r). Der Haken ist: Jene, die sie kennen und praktizieren, sind meist nicht jene, die sie am dringendsten bräuchten. Wer vor Arbeit nicht mehr aus noch ein weiß und dann auch noch vom Vorgesetzten drangsaliert wird, denkt vor lauter Überlastung selten darüber nach, wie er oder sie den Chef sozusagen zum eigenen Sachbearbeiter degradieren könnte.
Streng genommen ist die kalte Rückdelegation eine informelle, aber äußerst wirksame Änderungskündigung auf Zeit. Sie kündigen Ihrem Chef und stellst ihn gleichzeitig befristet als deinen Sachbearbeiter ein. Sabine macht das. Obwohl sie völlig überlastet ist und seit Wochen abends erst um sieben aus dem Büro kommt (ihr Mann bringt die Kleinen dann ins Bett), gibt ihr der Chef eine Aufgabe, die für die nächsten drei Monate locker nochmals zehn Wochenstunden erfordert – die sie nicht hat. Zum Glück ist es eine recht technische Aufgabe: Sabines Chef ist Ingenieur und hat ein Faible für alles Technische. Was macht Sabine also?
Jammer nicht, dass Sie völlig überlastet sind: Das will kein Chef hören. Stellen Sie sich lieber dumm und fragen Sie so lange wegen trivialer Details nach, bis der Chef Ihnen die Arbeit abnimmt. Bei 10 bis 20 Prozent der Aufgaben funktioniert das. Wende diesen Hack nicht häufiger als bei diesen 20 Prozent an, damit der Chef Sie nicht tatsächlich für dumm hält. Sabine stellt sich schusselig. Sie geht zwei-, dreimal zum Chef und »holt sich Rat« für Dinge, die sie gut und gerne selbst weiß und kann. Irgendwann springt der Chef darauf an und sagt: »Sie kriegen das einfach nicht gebacken! Geben Sie schon her, dann mach ich das eben selbst!« Was das Ziel der Übung war. Der Chef hat sich selbst als Sachbearbeiter eingestellt; als Sachbearbeiter von und für Sabine.
Sie möchten aber nicht als »schusselig« gelten? Sabine auch nicht. Deshalb sagt sie: »Dass ich was draufhabe, sieht er ja bei allen anderen Aufgaben. Und die sind klar in der Mehrzahl.« Sie wendet die Methode des Rückdelegierens nicht immer an. Nur dann, wenn es nötig ist. Gib dem Chef, was er will! Eine besonders elegante Art, den Chef zu entmachten, ist: Wenn er etwas Bescheuertes von will – geben Sie es ihm!
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Klaus Schuster ist Manager, Managementberater, Executive Coach und Führungstrainer.Nach seiner Ausbildung und Berusausübung im Elektrofachhandel begann Klaus Schuster seine Tätigkeit im Bankensektor. Seine Managementlaufbahn begann 2001 bei der Österreichischen Volksbank (ÖVAG), zu deren Vorstand er 2001 bis 2003 gehörte. Von 2003 bis 2006 war verantwortlicher Projektleiter für die Übernahme der serbischen Trust Banka und den Aufbau der Volksbank Serbien zuständig. Gleichzeitig leitete er dort im Vorstand die Bereiche Organisation, IT, Privatkundengeschäft, Controlling, Rechnungswesen, Produktmanagement, Marketing und Human Resources der serbischen ÖVAG-Tochter.Von September 2007 bis November 2011 war Schuster Vorstandsmitglied des slowenischen Managerverbandes und erster Präsident der Foreign Managers Section, deren Gründung er federführend begleitete. Im November 2006 gründete er sein eigenes Beratungsunternehmen mit Sitz in Ljubljana, Slowenien und betreut seither Führungskräfte aller Ebenen und Branchen.An der IEDC-Bled School of Management in Bled erlangte Schuster den Grad eines Master of Business Administration. 2011 erhielt er den Alumni Achievement Award der IEDC-Bled School of Management. Alle Texte von Klaus Schuster.
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