Viele Geisteswissenschaftler haben in den Augen der Gesellschaft nichts anständiges studiert. Dabei sind genau sie es, die zu einem positiven Wandel der Arbeitswelt beitragen können.

geisteswissenschaftler

Kind, studier „was Anständiges“

Nach dem Abitur stand mir die ganze Welt offen und ich entschied mich ausgerechnet für ein Germanistik Studium. Dabei war ich gewarnt worden. Jeder in meiner Familie hatte „etwas Anständiges“ – eine Lehre. Und ich wollte etwas studieren, dass mir in den darauffolgenden Jahren bei jeder WG-Party mit neuen Leuten diese Frage einbrachte: „Germa.. was? Also Deutsch? Was kannst Du dann später damit machen?“

Im ersten Semester zählte ich mein google-Wissen auf: „Ganz viel kann ich damit machen, zum Beispiel…“ Und im Zweiten dann: „Journalismus und so. Oder Medien halt.“ Im Dritten war es lediglich ein müdes Achselzucken, das übrig blieb. Perspektivlos, ahnungslos, nutzlos – so fühlte ich mich. An der Uni wurde man nicht auf den Job-Alltag vorbereitet. „Zu viele Möglichkeiten, die können nicht alle abgedeckt werden, machen Sie doch mal ein Praktikum“, hieß es da nur.

Raus aus dem Elfenbeinturm, rein in die Wirtschaft

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Raus aus dem Elfenbeinturm und rein in die Wirtschaft. Für jeden anderen Studiengang eine Selbstverständlichkeit, als Geisteswissenschaftler vermutlich DIE Hürde des Studiums schlechthin: Mit Goethe und Schiller, mittelalterlichen Sprachkenntnissen und dem Nibelungenlied am Ende einen Beruf erlangen, irgendwie Geld zu verdienen, ohne Professor werden zu wollen.

Bei mir war der persönliche Tiefpunkt nach dem Grundstudium erreicht: Kapitulation auf halber Strecke. Und dazu noch Generation Y sein: Die, die in den Augen der älteren Generationen eh nichts so richtig können oder so richtig wollen und auf Arbeiten eigentlich auch „kein‘ Bock“ haben. Denkbar gute Voraussetzungen für totale Perspektivlosigkeit.

Erste Praktika

Durch einen Freund kam ich in dieser Phase zu meinem ersten Praktikum bei einer Online-Zeitung. Das Berufsfeld des Journalismus war mir zwar nicht unbekannt und ich hatte sogar schon im Diddl-Freundebuch drin stehen, dass ich später einmal „Autorin“ sein möchte (allerdings nur, falls ich keine Hexe werden sollte), aber auch mich traf relativ früh der Fluch des „geringen Selbstbewusstseins der Geisteswissenschaftler“, weshalb ich es mir nicht zugetraut hatte, mein ganzes theoretisches Wissen einfach mal in die Praxis umzusetzen und mich irgendwo zu bewerben.

Man muss wissen, dass ein Ingenieur oder ein BWL-Student schon relativ früh, wenn nicht sogar bereits vor dem Studium, weiß, was er damit „später anfangen kann“. Berufsorientiertes Studium eben, am Arbeitsmarkt ausgerichtet und auf Nachfrage vom Staat (MINT) gefördert.

Wenn klare Perspektiven fehlen

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Als Geisteswissenschaftler studiert man eher aus Passion oder Interesse und es gibt kaum berufsvorbereitende Seminare oder Infoveranstaltungen… Schon die Jobsuche im Netz gestaltet sich als schwierig, da es einfach keine Jobs ausgeschrieben nur für Altphilologen, Romanisten oder Kulturwissenschaftler gibt. Jedenfalls war das Praktikum in dieser jungen Online-Redaktion für mich unglaublich lehrreich und spannend. Den Stein ins Rollen gebracht und motiviert haben mich diese Wochen für die restliche Studizeit, weshalb ich auch noch beim Fernsehen und in einem weiteren Online-Portal Erfahrungen sammelte.

Mittlerweile weiß ich ganz genau, wo ich hin will. Ein Volontariat wünsche ich mir, egal ob Online, beim Fernsehen, im Radio oder ganz klassisch bei einem Print-Magazin. Auch der PR-Bereich fasziniert mich und wenn mir jemand die Chance gibt, würde ich auch im Marketing zeigen, dass man als wirtschaftsfremder Geisteswissenschaftler spannende und andere Denkweisen zu bieten hat. Ich versuche, mich gut zu vernetzen, frage herum, wo es Jobs geben könnte, betreibe mit meiner Website „Marketing in eigener Sache“ und schreibe klassische und Initiativ-Bewerbungen.

Man muss nicht Taxifahrer werden

Ich bin offen und gleichzeitig gefestigt in meinem Berufswunsch, weil mir mittlerweile einfach klar geworden ist, dass nicht jeder, der ein Orchideen-Studium absolviert hat, Professor oder Taxifahrer werden muss. Es gibt unzählige Branchen und Sparten, alle abhängig vom eigenen Profil. Das kann Fluch und Segen zugleich sein.

Wenn man beispielsweise wenige Interessen hat oder vor allem nicht weiß, wie man diese „zu Geld machen kann“ wird es schwierig und man steht vor einem Prozess voller Umwege und Selbstzweifel. Wenn man aber weiß, was man kann und was man will, dann empfiehlt sich ein geisteswissenschaftliches Studium sehr. Denn wo sonst kann ich mich so allgemein bilden und mir ein persönliches „Berufsprofil“ aneignen und erarbeiten, welches es mir ermöglicht, meine tatsächlichen Talente zu entfalten und nicht nur in einer bestimmten Branche zu arbeiten, weil man eben leider das falsche Studium gewählt hat.

Blick in die Zukunft

Falls ich diesen Text hier in einem Jahr erneut lesen sollte und wieder wie zu Schulzeiten beim Restaurant „Zum goldenen M“ an der Kasse stehe, weiß ich, dass ich alle getroffenen Aussagen revidieren sollte und lieber schnell reich heiraten müsste.

Falls ich aber diesen Text hier in einem Jahr erneut lesen sollte und einen Platz in der Gesellschaft habe, an dem ich mit meinen Ideen und meinem Engagement für mich oder für alle anderen oder zumindest für den Geldbeutel meines Vorgesetzten ein Stück weit zu einem bunteren, sinnvolleren oder gar besseren Ort gemacht haben sollte, dann hoffe ich, dass auch andere Zweitsemester der Germanistik diesen Text lesen und aktiv werden, Praktika machen wollen oder ihre Interessen und Talente erkennen werden. Bleibt mutig und denkt an mich bei Eurem ersten Gehaltseinzug.


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