Wie werden wir in Zukunft lernen? Und wie wird sich unser Leben und Arbeiten durch das Internet verändern? Antworten darauf will die Kurzstudie „Zukunft der Bildung“ der Dualen Hochschule Baden-Württemberg geben. Klingt super, fundierte Beweise bleiben die Autoren allerdings schuldig.

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Wie seriös ist das?

Bei einer Hochschule ist man grundsätzlich geneigt, an eine seriöse, wissenschaftlich fundierte Datenerhebung zu glauben. Bei einem Blick in die Studie „Zukunft der Bildung – Vier Thesen, wie wir künftig lehren, lernen und arbeiten“ der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Mosbach (Download hier!) erweist sich das als Irrglaube:

Die Kurzstudie, die anlässlich des 30-jährigen Jubiläums der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Mosbach und des 10-jährigen Bestehens der Stiftung „Pro DHBW Mosbach“, erscheint besteht nicht etwa aus Material, das an der Hochschule selbst erforscht wurde, sondern greift einfach auf älteres, auch verschiedenen Quellen zusammengeschriebenes Datenmaterial zurück.

Prognosen gehen immer in die Hosen?

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Was dabei herauskommt, ist keine fundierte Analyse zukünftiger Bildungszenarien, sondern eine reich bebilderte, knackige Übersicht über aktuelle Trends im Bezug auf Bildung. Von der Machart erinnert mich das Stark an das Zukunftsinstitut.

Das muss nicht schlecht sein, so ein prägnanter Kurzüberblick kann sogar sehr praktisch sein; allerdings sollte man das beim Lesen im Hinterkopf haben – ebenso wie die Tatsache, die mir beim Lesen der Studie auf jeder Seite entgegensprang: Man kann eben aus aktuellen Trends nur Prognosen ableiten, wie die Zukunft tatsächlich mal aussehen wird, kann keiner wissen. Und Prognosen gehen bekanntlich gerne mal in die Hose..

Tiefgreifender Wandel?

In der Kurzstudie setzen sich die Autoren damit auseinander, wie Lehre und Lernen in Zukunft funktionieren werden. Ihre erste feststellung ist kaum überraschend: Sie konstatieren dabei einen tiefgreifenden Wandel: Unsere Gesellschaft befindet sich auf dem Sprung zur nächsten Komplexitätsebene, von der Industrie- zur Wissensgesellschaft, von der Marketing– zur Substanzgesellschaft.

Das Internet und vor allem das Web 2.0 haben die Spielregeln der Wissensvermittlung grundlegend verändert. Nach einer aktuellen wissenschaftlichen Untersuchung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung finden etwa 70 Prozent der Lernprozesse Erwachsener außerhalb von Bildungsinstitutionen statt, das heißt sie sind nicht formal-institutionell organisiert. Das ist für mich immer so eine zweischneidige Sache: Im prinzip finde ich Selbstbestimmtes Lernen super, aber sollte sich der Staat ganz daraus zurückziehen?

Institute als Wissensmanager

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Das Autorenteam jedenfalls ist überzeugt: Wir müssen uns davon verabschieden, dass Bildung ausschließlich in den traditionell dafür vorgesehenen Institutionen und Bahnen stattfindet. Stattdessen übernehmen Hochschulen in Zukunft immer mehr die Rolle des Wissensmanagers, der technische, inhaltliche und methodische Kompetenzen besitzt und Rahmenbedingungen für die (Weiter-)Bildung vorgibt.

Wenn Wissen über den Datenhighway Internet überall und zeitgleich zur Verfügung steht, geht es eben nicht mehr darum, dieses zentral an einer Hochschule zu sammeln und für sich zu bewahren, als vielmehr Strategien zu vermitteln, mit dieser Wissensflut umzugehen.

Doch wie könnten sie nun aussehen, die Zukünfte der Bildung? Die Kurzstudie stellt vier Thesen auf, welche Szenarien denkbar sind und welche Veränderungen sich heute schon diagnostizieren lassen. Ich habe die Thesen jeweils kurz kommentiert.

These 1: Die Weisheit der Masse revolutioniert das Wissensmanagement

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Die Autoren sind sich sicher: Wissensgenerierung findet künftig in der digitalen Gemeinschaft statt. Jeder kann mitreden, Rezipienten und Konsumenten sind dieselbe Person. Auch in der Hochschullandschaft wird vernetzt gedacht und gelernt. Wir nutzen virtuelle Bibliotheken, technologiegestützte Formen des Kursmanagements und der persönlichen Wissensverwaltung. Und wir erleben die Metamorphose der Studierenden vom passiven Konsumenten hin zum selbstbewussten Wissens-Kollaborateur, der stringenter und selbstbestimmter denn je auf seine kommende Rolle in der Berufswelt hinarbeitet.

Mein Kommentar: Das ist die klassische Web-2.0-These von der Weisheit der Masse – von der ich persönlich immer noch nicht weiß, was ich davon zu halten habe.

These 2: Die Selbstkompetenz wird zum wichtigsten Leitbild auf einem fluiden Arbeitsmarkt

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Die Zeit kontinuierlicher Erwerbskarrieren ist vorbei, diese Diagnose des Forscherteams liegt der zweiten These zu Grunde. Deshalb wird es in Zukunft nicht mehr darum gehen, seinen Arbeitsplatz zu verwalten, sondern sich selbst als Unternehmer im Unternehmen zu begreifen. Die eigenen Fähigkeiten und nicht die Dauer der Betriebszugehörigkeit werden zum Garanten für eine lebenslange Beschäftigung – unabhängig vom Arbeitgeber. Weiterbildungen lösen sich gleichzeitig von Abschlüssen und werden stattdessen dezentral organisiert und individuell durchgeführt.

Mein Kommentar: Im Prinzip begrüße ich, wie schon gebloggt, selbstbestimmtes Lernen. Das Lösen von Abschlüssen und Scheinen würde ich persönlich sehr begrüßen. Und natürlich muss jeder für seine Weiterbildung selbst verantwortlich sein. Allerdings darf daraus nicht werden, dass sich Arbeitgeber und auch der Staat komplett aus der Weiterbildung zurückziehen und dass nur derjenige in den Genuß einer Weiterqualifikation kommt, der es sich auch finanziell leisten kann. Das zeichnet sich ja heute schon ab. Bildungskredite, die immerhin dafür sorgen, dass sich der Weiterbildende verschuldet, oder zuschüsse von ein paar 100 Euro (in anbetracht der Tatsache das viele anerkannte Ausbildungen einige 1000 Euro kosten) sind da nur halbherzige Lösungen.

These 3: Bildung und Lehre finden künftig in Realzeit überall auf der Welt statt

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Der technische Fortschritt in immer kürzeren Beschleunigungszyklen hat unseren Alltag seit Beginn des neuen Jahrtausends massiv verändert. Mobile Endgeräte bestimmen nicht mehr nur unsere tägliche Kommunikation, sie eignen sich zunehmend auch für Bildung und Forschung. Smartphones und elektronische Lesegeräte entkoppeln Lernen von festen Orten und Zeiten. Relativ neue und noch wenig bekannte „Wissensvermittler“ wie die „Augmented Reality“ und „Serious Games“ werden immer häufiger zu Bildungszwecken eingesetzt. Statistiken zeigen: Überall dort, wo sich Informationen mit audiovisuellen Effekten anreichern lassen, steigt die Beteiligung des Betrachters und damit die Faszination des Wissens und Lernens.

Mein Kommentar: Mobiles Lernen, wann und wo ich grade Zeit habe, klingt super. Erhöht natürlich auch den Druck. Und: Bislang ist die Technik noch nicht ganz ausgereift.

These 4: Die Face-to-Face Kommunikation erlebt im digitalen Zeitalter ihr Comeback

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Das soll die vielleicht die überraschendste Erkenntnis der Veröffentlichung sein: Die Welt wird trotz ihrer immer stärkeren digitalen Ausrichtung nicht gänzlich virtuell. Mit jedem weiteren Schritt auf technologisches Neuland gewinnen altbekannte Werte aus der analogen, der „Offline“-welt wieder vermehrt an Bedeutung.

Denn die Emanzipation des Bildungsbürgers führt gleichzeitig auch zu einer Informationsüberlastung. Wenn alle Inhalte verfügbar sind, wer entscheidet dann über die Relevanz und gibt (glaubwürdige) Empfehlungen? Lehrende schlüpfen künftig in eine neue Rolle des Wissensmanagers und schlagen für den Lernenden eine Schneise durch das Gestrüpp der schier unüberschaubaren Fülle an Informationen. Der menschliche Faktor wird gerade im digitalen Zeitalter zum Premium-Gut in Alltag, Bildung und Lehre.

Mein Kommentar

Diese These höre in letzter Zeit immer öfter und weiß nicht so recht: Ist das nun Realität, weil der Mensch tatsächlich in Gegenreaktion auf den Informations-Overload das Gegenteil von dem machen wird, was alle befürchten. Oder ist das nur die Angst von Leuten, die dem Web 2.0 nun doch noch nicht ganz trauen und daher irgendwie eine Gegenreaktion erhoffen?

Und wenn, dann hätte ich das anders, nämlich positiver, begründet, nämlich damit, dass es im digitalen Zeitalter einfacher ist, über längere Distanzen Kontakte zu halten. So war ich gerade auf Daten zu diesem Thema gespannt – und dann von der mageren Datenbasis mehr als enttäuscht. Schön natürlich, wenn der Trend zum persönlichen Coaching geht, das ja auch viel effizienter ist. Nur ist auch da wieder der Knackpunkt, dass das vor allem eine schöne Sache für die ist, die sich das leisten können.


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