Digitale Transformation, disruptive Technologien, Change und Agilität sind Schlagworte, um die sich das Business im Moment dreht. Muss sich dank der sich schnell entwickelnden Technik, zwangsläufig auch die “Ressource” Mensch verändern?

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Sind wir noch zu retten?

Obwohl sich alles um uns herum agilisiert, changed und digital transformiert, die Probleme in der Arbeitswelt sind die Gleichen geblieben. Burnout, Depression und negativer Stress sind weiterhin auf dem Vormarsch.

In Japan gibt es sogar ein Wort für den Tod durch Überarbeitung: Karoshi. Sind wir noch zu retten? Wir entwickeln uns auf technischer Ebene immer weiter und vergessen anscheinend das Wesentlichste dabei: den Menschen.

Mensch oder Technik?

Geht es immer nur um Umsatz, Wachstum und Rendite? Oder lautet das Ziel, die Zeit, in der wir arbeiten, so spannend, kreativ und sinnstiftend wie möglich zu gestalten? Interessant ist, dass beides gar nicht so getrennt voneinander gesehen werden kann.

Denn wenn die Menschen einen Sinn in ihrer Arbeit sehen, sind sie motivierter und engagieren sich weit mehr. Das wiederum schlägt sich natürlich klar auch im Umsatz, im Wachstum und in der Rendite nieder. Also machen wir weiter wie bisher. Vielleicht bauen wir ein paar coole und angesagte Technik-Gadgets dazu, aber grundsätzlich ändert sich nichts. Warum sollte es auch?

Leben und Arbeit sind untrennbar miteinander verknüpft

Oft blenden wir in Unternehmen nicht funktionierende Führungsbereiche einfach aus. Wir machen weiter so, wie wir es einmal gelernt haben und beruhigen unser Gewissen mit dem Umstand, dass es ja alle so machen.

Doch es gibt auch andere Ansätze. Immer mehr Menschen machen sich Gedanken über die Zukunft, über das Leben und die Arbeit. Beides ist untrennbar miteinander verknüpft. Und in beiden Bereichen verändert die digitale Welt sehr viel. Diese Veränderung zu gestalten liegt in unserer Hand.

Den Menschen im Fokus behalten

Irrtümlicherweise glauben viele, dass sich einfach “nur” die Technik durch Automatisierung und Digitalisierung verändert. Dass die Hauptanforderung sei, mit diesen dauernden Veränderungen umzugehen. Doch das ist ein fataler Irrtum.

Die Hauptanforderung der heutigen Zeit ist es nicht, die sehr schnell veränderte Technik zu beherrschen. Nicht die Technik, sondern der Mensch muss im Fokus stehen. Das mag banal klingen, ist aber eine äußerst anspruchsvolle Aufgabe. Die Gefahr ist nämlich groß, dass man nach Jahren mühsamen Erfolges “aufwacht” und unzufrieden auf das bisher Erreichte schaut.  Oder noch schlimmer in einem Burn-out endet.

Digitalisierung bringt Transparenz

Es sind zwei Gründe, warum man sich in den Unternehmen verstärkt über das (Arbeits-)Leben Gedanken macht. Erstens wird jemand, der seine Arbeit liebt oder zumindest mag, wesentlich bessere Arbeit abliefern und sich mehr einsetzen. Zweitens spricht sich die Stimmung in diesem Unternehmen herum.

Früher konnte man sich am Stammtisch über das Unternehmen, die schwierige Situation, die Kunden oder die mangelnden Führungsqualitäten der Chefs auslassen. Heute erreicht diese “Mund-zu-Mund-Propaganda” durch Bewertungsportale im Netz eine neue Dimension. Schon ein einziger sehr negativer Kommentar kann wertvolle Aufträge kosten. Dank der Digitalisierung ist alles enorm transparent. Nachhaltigkeit, der Umgang mit Ressourcen, Mitarbeitern und Kunden kann nicht länger nur propagiert, sondern muss täglich praktiziert werden. Sonst wird es als Lüge enttarnt.

Menschen müssen den Sinn erkennen

Ob wir Prozess-Management einführen, neue Projektorganisationsformen wie SCRUM implementieren oder auch nur die Büroräume von Einzel- in Großraumbüros verändern – die betroffenen Menschen müssen den Sinn der Maßnahmen erkennen. Wissen sie nicht, warum sie sich verändern sollen, wird das Projekt mit großer Wahrscheinlichkeit gegen die Wand gefahren.

Es geht also um den Menschen. Es geht darum, zu verstehen, wie wir Menschen ticken, was wir wollen und was uns wirklich wichtig ist. Und es geht um die Veränderung von Denkmustern, die uns schon ein Leben lang begleiten. Dafür müssen wir analysieren und hinterfragen, warum uns gewisse Dinge heute wichtig sind.

Dienst nach Vorschrift

Zu einem Großteil definieren wir uns und unser Selbstwertgefühl über unseren Job. Wenn wir wissen wollen, wer jemand ist, hören wir meist zuerst den Beruf, die Position und vielleicht auch noch die Anzahl Mitarbeiter, die man führt.

Dass laut Gallup-Studie 70 Prozent der Menschen von ihrem Job nicht begeistert sind und “Dienst nach Vorschrift” machen, zeigt, wieviel wir uns eigentlich wirklich wert sind. Da stellt sich die Frage: Warum “vergeudet” man 5/7 seines Lebens. Warum sollte ein Mensch, der sich selber viel wert ist, von Montag bis Freitag täglich acht Stunden etwas tun, was ihm nicht wirklich Spaß und ihn glücklich macht?

Menschen wollen Sinn erleben

Wie lassen sich Menschen motivieren? Die Antwort scheint einfach: Indem wir die Grundbedürfnisse erfüllen. Geld ist ein Faktor – aber bei weitem nicht der Wichtigste.

Menschen möchten Sinn erleben, in dem, was sie täglich tun. Menschen möchten “nützlich” sein und dafür wertgeschätzt werden. Die Digitalisierung spitzt diesen Umstand noch weiter zu. Wo wir früher kreativ und selbstbestimmt arbeiten konnten, übernehmen jetzt Algorithmen und Prozesse die Führung.

Zeit umzudenken

Changen wir uns also zu agilen Menschen in eine New Work – oder besser in ein New Life, aber bitte mit Sinn! Die Zeit zum Umdenken ist längst reif.

Doch es reicht nicht aus, so cool wie Google sein zu wollen und sich einen Tischtennis-Tisch oder eine Rutschbahn ins Unternehmen zu holen. Wir brauchen tiefgreifende Verhaltensänderungen, wie wir über Arbeit, über Menschen und uns selber denken. Dann kann sich der Mensch jede neue Technik sinnvoll zunutze machen