Übermäßige Verantwortung im Job führt oft zu Stress und kann dazu verleiten, Naivität als Schutzmechanismus zu nutzen. Was dagegen tun?

Zu viel Verantwortung im Job: Gewollte Ahnungslosigkeit & Naivität gegen Stress

Sexismus Pur? Wenn Lolita vor dem Chef schmollt

So eine Situation kennt vermutlich jeder: Da steht die junge, hübsche, blonde Praktikantin vor dem Chef, Schmöllmündchen, nettes Lächeln – und vor allem eines: Unsagbar überfordert mit der ihr zugedachten Aufgabe… Es fallen Sätze wie “Das können Sie doch viel besser” oder “Oh Gott, ich habe einfach keine Zeit mehr” – und schon sagt der Chef: “Ach, lassen Sie mich das machen”. Vielleicht denkt er dabei auch die etwas genervtere Variante wie “Das mach ich schon, dann klappts wenigstens”. Aber eines hat die Masche auf jeden Fall erreicht: Die Praktikantin hat sich vor der Arbeit und damit der Verantwortung gedrückt.

Eine Sexistisch Aussage? Vielleicht. Dass ich das Beispiel junge, hübsche, blonde Praktikantin bemüht habe geschah aber nur aus einem Grund: Es ist ein Klischee – und ein Fall, wo die Masche wahrscheinlich besonders gut funktioniert. Tatsächlich hat die Sache aber nur am Rande etwas mit sexuellen Reizen und vielmehr mit der Hilfsbereitschaft von Menschen zu tun. Sie funktioniert daher bei beiderlei Geschlechtern und auch bei optisch weniger attraktiven Menschen. Tatsächlich kommt mir dieses Verhalten neuerdings viel öfter bei Männern unter als bei Frauen.

Die Klage der Jugend über zu viel Stress, Druck und Verantwortung

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Tatsache ist: Immer häufiger klagen gerade junge Menschen, gerade auch in sozialen Medien über ein stressiges Arbeitsumfeld. Ob diese Klage nun berechtigt sein mag oder nicht: Eine mögliche Reaktion auf diesen Druck, die ich dabei häufig beobachte, ist die bewusste oder unbewusste Entscheidung, Naivität und Ahnungslosigkeit als Schutzmechanismen zu nutzen. Doch ist dies wirklich eine sinnvolle Strategie? Oder zieht man sich nicht nur den Ärger seiner Mitmenschen zu?

Doch woran liegt es nun, dass sich manche Menschen bewusst “dumm stellen”, was erwiesenermaßen sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringt. Was aber immer auch davon abhängt, wie man sich als Mitarbeiter oder Vorgesetzter in der konkreten Situation verhält, um der Problematik vorzubeugen oder ihr gar sinnvoll entgegenzutreten.

Naivität als Schutzmechanismus gegen Überforderung

Eine Erfahrung, wie sie auch viele Vorgesetzte ständig machen: Ein Mitarbeiter steht vor einer schwierigen Aufgabe und entscheidet sich dafür, diese nicht vollständig zu verstehen oder zu bearbeiten. Sätze wie “Das ist zu kompliziert für mich” oder “Ich weiß nicht, wie das geht” werden verwendet, um sich aus der Verantwortung zu ziehen. Dieses Verhalten ist oft nicht auf tatsächliche Unwissenheit zurückzuführen, sondern auf eine bewusste Strategie, um sich vor Stress zu schützen. Indem man sich als ahnungslos darstellt, können unangenehme Aufgaben oder Überlastungen vermieden werden.

Dieses Verhalten lässt sich auch in anderen Kontexten beobachten, in denen Menschen – bewusst oder unbewusst – ihre Hilflosigkeit betonen, um Hilfe zu erhalten oder Verantwortung abzuwälzen. Die Naivität dient hier als eine Art soziale Rüstung, die sowohl Schutz bietet als auch Manipulation ermöglicht. Doch langfristig betrachtet, birgt diese Strategie erhebliche Risiken für alle Beteiligten.

Nein sagen und Grenzen setzen hilft allen

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Der Grund dafür, dass diese Strategie funktioniert, ziemlich oft und ziemlich gut sogar, liegt darin, dass Hilfsbereitschaft ein konventionalisiertes Verhalten ist, d.h. man muss hilflos wirkenden Menschen einfach helfen. denn in Regel sind Menschen generell hilfsbereit – vor allem dann, wenn sie wirklich helfen können. Achten Sie mal darauf. Wer nämlich in einer Notsituation “Nein” sagt, verstößt praktisch gegen die gesellschaftlichen Konventionen. Und das will niemand.

Doch das macht sie – Männlein wie Weiblein – leider auch anfällig für das Lolita-Syndrom: Die nur scheinbare Hilflosigkeit von anderen, die es tatsächlich darauf anlegen, Arbeit auf andere abzuwälzen. Tatsächlich ist damit aber niemandem geholfen: Man selbst fühlt sich am Ende doch irgendwie ausgenutzt und ärgert sich, weil man mal wieder nicht “Nein” sagen konnte. Und auch der angebliche hilflose Kolleg hat zwar kurzfristig weniger Stress, langfristig aber nichts bei der Sache gelernt: Zum einen wird er oder sie die erfolgreiche Masche kaum ändern, weil sie eben so gut klappt. Und auch die ihm/ihr zugedachte Aufgabe wird in Zukunft wohl kaum besser erledigt. Also besser gleich nachdrücklich “Nein” sagen.

Das Lolita-Syndrom: Psychologische Hintergründe

Das bewusste Zurückschrecken vor Verantwortung kann auf den ersten Blick ist dabei viel schlimmer als die harmlose Strategie um Stress zu vermeiden, als die es auf den ersten Blick erschent. Denn auch vor dem Gesetz schützen Aussagen wie “Ich bin unschuldig, ich wusste nicht, was ich tat” keine legitime Verteidigung.

Auch psychologische ist das Thema gravierend, denn manche Menschen haben aufgrund von Missbrauch oder auch einer verwöhnten Erziehung oft nur gespielte Naivität als Verhalentsmuster erlernt und kennen quasi keine andere Strategie. Auch gesellschaftliche Strukturen spielen dabei eine wichtige Rolle, da einige soziale Gruppen in der Vergangenheit stigmatisiert wurden und dieses Verhalten ihre einzige Möglichkeit ist, sich zu wehren. Doch das zu erörtern würde hier einfach zu weit führen.

Die Folgen für das Arbeitsklima

Mir geht es hier vor allem um die tiefgreifenden Auswirkungen auf das Arbeitsklima und die persönliche Entwicklung. Wenn Kollegen oder Vorgesetzte wiederholt die Aufgaben anderer übernehmen, weil diese sich als überfordert oder ahnungslos darstellen, führt dies nicht nur zu Frustration, sondern auch zu einem Ungleichgewicht im Team. Diejenigen, die die zusätzliche Arbeit leisten, fühlen sich oft ausgenutzt und unter Druck gesetzt, während die “Naiven” langfristig wenig dazulernen und in ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung stagnieren.

Zudem kann dieses Verhalten zu einer Kultur des Misstrauens führen. Wenn Kollegen regelmäßig die Verantwortung für andere übernehmen müssen, wird die Zusammenarbeit zunehmend von Skepsis und Missgunst geprägt. Es entsteht eine Atmosphäre, in der Teammitglieder eher darauf bedacht sind, sich selbst zu schützen, als gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Dies ist sowohl für die Produktivität als auch für das Wohlbefinden aller Beteiligten schädlich.

7 Tipps zur Vermeidung von übermäßiger Verantwortung und Stress

Um die negativen Folgen von übermäßiger Verantwortung und den Einsatz von Naivität als Schutzmechanismus zu vermeiden, sind einige praktische Tipps hilfreich:

  1. Grenzen setzen: Es ist entscheidend, Ihre eigenen Grenzen zu kennen und zu respektieren, um Überlastung zu vermeiden. Lernen Sie, “Nein” zu sagen, wenn eine Aufgabe Ihre Kapazitäten übersteigt oder Sie sich durch zusätzliche Verantwortung überfordert fühlen. Das Ablehnen von Aufgaben bedeutet nicht, dass Sie unkooperativ sind; vielmehr schützt es Ihre Gesundheit und ermöglicht es Ihnen, Ihre Energie auf die Aufgaben zu konzentrieren, die Sie effizient erledigen können. Erkennen und akzeptieren Sie Ihre Grenzen als notwendige Maßnahme, um langfristig produktiv und ausgeglichen zu bleiben.
  2. Verantwortung teilen: In einem Team ist es wichtig, dass die Aufgaben gerecht verteilt werden, damit niemand übermäßig belastet wird. Stellen Sie sicher, dass jeder im Team seine Rolle und Verantwortung klar versteht und annimmt. Dies fördert nicht nur die Effizienz, sondern auch das Gefühl der Zugehörigkeit und des Engagements. Wenn jeder seine Stärken einbringen kann, wird die Arbeitslast fair verteilt, und es entsteht ein ausgewogenes und unterstützendes Arbeitsumfeld, in dem die Verantwortung nicht auf wenigen Schultern lastet.
  3. Selbstreflexion üben: Nehmen Sie sich regelmäßig Zeit, um darüber nachzudenken, warum Sie sich in bestimmten Situationen als überfordert oder hilflos darstellen. Ist dies wirklich der beste Weg, um mit der Situation umzugehen, oder gibt es andere, effektivere Methoden? Selbstreflexion hilft Ihnen, unbewusste Muster zu erkennen und zu ändern, die Sie möglicherweise daran hindern, Ihre Aufgaben souverän zu bewältigen. Durch Selbstreflexion können Sie auch herausfinden, ob Sie Ihre Fähigkeiten unterschätzen und unnötigerweise Stress aufbauen.
  4. Kommunikation verbessern: Eine offene und ehrliche Kommunikation im Team ist der Schlüssel, um Missverständnisse und Konflikte zu vermeiden. Wenn Verantwortlichkeiten klar und transparent kommuniziert werden, wissen alle Beteiligten, was von ihnen erwartet wird. Dies reduziert Unsicherheiten und fördert eine Kultur des Vertrauens und der Zusammenarbeit. Es ist wichtig, regelmäßig Feedback zu geben und zu erhalten, um sicherzustellen, dass jeder auf dem gleichen Stand ist und sich keiner überfordert fühlt.
  5. Fortbildung und Schulung: Unsicherheit bei der Bewältigung anspruchsvoller Aufgaben kann ein großer Stressfaktor sein. Investieren Sie daher in Ihre eigene Weiterbildung, um Ihre Fähigkeiten zu verbessern und sich sicherer zu fühlen. Ob durch formale Schulungen, Workshops oder das Lernen im Arbeitsalltag – je besser Sie vorbereitet sind, desto gelassener können Sie mit komplexen Aufgaben umgehen. Weiterbildung hilft Ihnen nicht nur, Ihre Karriere voranzutreiben, sondern auch, Stress zu reduzieren, indem Sie Ihr Selbstbewusstsein und Ihre Kompetenz steigern.
  6. Prioritäten setzen: In einer Arbeitsumgebung, in der ständig neue Aufgaben hinzukommen, ist es entscheidend, Prioritäten zu setzen. Konzentrieren Sie sich auf die wichtigsten und dringendsten Aufgaben, und delegieren Sie weniger dringende Arbeiten an andere, wenn möglich. Durch effektives Zeitmanagement und das Setzen von Prioritäten können Sie sicherstellen, dass Sie Ihre Energie und Ressourcen optimal nutzen, ohne sich in unwichtigen Details zu verlieren. So vermeiden Sie es, sich durch eine endlose To-Do-Liste überwältigt zu fühlen.
  7. Mentale Gesundheit pflegen: Stress kann schnell die mentale Gesundheit beeinträchtigen, wenn er nicht richtig gehandhabt wird. Achten Sie daher auf Ihr Stressniveau und setzen Sie auf Techniken wie Meditation, regelmäßige Pausen und Bewegung, um Ihre psychische Gesundheit zu erhalten. Suchen Sie bei Bedarf professionelle Unterstützung, sei es durch Coaching, Therapie oder betriebliche Gesundheitsangebote. Eine gute Balance zwischen Arbeit und Freizeit ist ebenfalls entscheidend, um langfristig gesund und leistungsfähig zu bleiben.

Fazit: Mit dem Abwälzen von Verantwortung ist niemandem geholfen

Die bewusste Nutzung von Naivität und Ahnungslosigkeit als Schutzmechanismus gegen Stress und übermäßige Verantwortung mag kurzfristig entlastend wirken, führt aber langfristig zu negativen Konsequenzen für die persönliche Entwicklung und das Arbeitsklima, wovon letztendlich alle Beteiligten profitieren, weil eine Kultur des offenen Dialogs und der fairen Aufgabenverteilung nicht nur die Produktivität, sondern auch das Miteinander im Team stärkt.

Verschiedende Strategien können helfen, die Verantwortung im Job besser zu managen und den Stress, der damit einhergeht, zu minimieren. Indem Sie bewusst handeln und sich selbst nicht überfordern, tragen Sie zu einem positiven Arbeitsumfeld bei und hilft Ihrer persönliche Entwicklung.

Verantwortung bewusst zu übernehmen, klar zu kommunizieren und gesunde Grenzen zu setzen, ist letztendlich auch eine Frage des persönlichen wie mentalen Wachstums. Denn nur indem wir lernen, mit schwierigen und herausfordernden Situationen umzugehen, können wir auch an diesen wachsen. Das fördert schließlich nicht nur den beruflichen Erfolg, sondern kann auch das eigene Wohlbefinden erheblich verbessern.


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