Gründer müssen misstrauisch sein. Und der StartUp-Hype kann nicht funktionieren. Das zumindest sagt Dr. Christan Lechner, Professor für Unternehmensführung und Innovation an der Freien Universität Bozen, in seinen Studien.

Silicon Valley – ein regionales Phänomen?

Christian Lechner hat eine interessante Theorie: StartUps seien regionale Phänomene. Selbst im Silicon Valley, wo die Entrepreneure in der Regel studiert haben: “Gründer starten ihr Unternehmen da, wo sie bereits ein Netzwerk haben”, so Lechner. Gezielt StartUps anzusiedeln, wie es Berlin derzeit versucht, werde deswegen nicht funktionieren.

Ein Kennzeichen für unrealistische Geschäfsideen. ist für Lechner zum Beispiel der Hype um Apps: “Jeder will gerne die nächste tolle App entwickeln, aber ein Erfolgsrezept man dabei vergeblich”, erklärt Lechner.

App-Entwicklung ist wie Roulette

Es sei das reinste Glücksspiel, welche App der nächste Renner werde: “Das ist wie Roulette, absolut unberechenbar und jeder, der sich darauf einlässt, muss wissen, dass er auch verlieren kann”, sagt Lechner.

Er rät Gründern, stattdessen Service-Innovationen zu entwickeln: “Man sollte sich immer fragen: Was ist das Burning Problem und wie kann ich es lösen?”, sagt er. Warum wollen dann doch so viele unvernünftigerweise Apps entwickeln? “Ganz einfach, weil es sexy und cool wirkt”, erklärt der Gründungs-Professor.

Über Christian Lechner

Lechner stammt aus München und ist Sohn eines Serial Entrepreneurs. Er studierte BWL in Florenz und München, machte einen MBA in den USA und promovierte an der Universität Regensburg.

An der Business School der Universiät Toulouse hat er wesentlich am Aufbau der dortigen Spezialisierungsschiene im Bereich Unternehmensgründung mitgewirkt und u.a. einen Masterstudiengang für Unternehmensgründung geleitet. Seit 2013 ist er ordentlicher Professor für Strategisches Management und Unternehmensgründung an der Wirtschaftsfakultät der Universität Bozen.

3 typische Charakterzüge von Existenzgründern

Und es gibt auch noch einen anderen Grund, warum der aktuelle StartUp-Hype eher mit Vorsicht zu betrachten ist: Bei seinen Forschungen hat Lechner nämlich drei interessante Charakterzüge bei Existenzgründern ausgemacht: Eine ordentliche Portion Optimismus, ein gesteigertes Selbstvertrauen – und ein gesundes Misstrauen.

Die ersten beiden Punkte überraschen nicht weiter, vor allem wenn ich mir einige Berliner Gründer mit ihrem übersteigerten Ego so anschaue. Was mich persönlich nervt, ist laut Lechner eine der Grundvoraussetzungen, um erfolgreich zu gründen. Statistiken zeigen, dass sechs von zehn Gründungen scheitern.

Grundvoraussetzung für das Überleben eines StartUps

Wer also nicht überzeugt ist, besser zu sein als alle anderen, wird sich den Schritt dreimal überlegen. Wie allerdings wirkt sich die rosarote Brille auf das Überleben des Unternehmens aus?

Lechner hat dazu mit seinem isländischen Kollegen Svein Vidar Gundmundsson Daten über Gründungen in Island ausgewertet, in die auch Daten über gescheiterete Existenzgründungen und die psychologische Einstellung der Teilnehmer einbezogen wurden.

Je größer das Misstrauen, desto größer die Überlebenswahrscheinlichkeit

Das forderte erstaunliches zutage: Die Überlebenswahrscheinlichkeit von jungen Gründern nimmt zu, wenn die Gründer misstrauisch sind, wohingegen sich ein Übermaß an Optimismus und Selbstbewusstsein negativ auswirken.

Lechners Erklärung dafür: Wer anderen misstraut, kontrolliert Mitarbeiter und Finanzen weitaus stärker als zu große Optimisten. Gerade das sei in den ersten Jahren eines Unternehmens ein entscheidender Überlebensvorteil. Misstrauen sieht Lechner dabei als eine andere Form des übersteigerten Selbstbewusstseins: Wer überzeugt davon ist, alles besser zu machen, traut anderen nicht über den Weg.

Zur Studie: http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0263237313000029