Erfolgreich ein Unternehmen führen. Auch wenn man selbst nicht vor Ort ist. Ich bin überzeugt, dass es funktioniert. Was sind die Herausforderungen und wie bewahrt man den Überblick bei zahlreichen Standorten? Ein Erfahrungsbericht und grundlegende Tipps.

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Leiten über große Distanz

Es gibt viele Gründe, die einen Geschäftsführer zur räumlichen Abwesenheit im eigenen Unternehmen zwingen können. Einige Beispiele sind ständige Meetings, häufige Geschäftsreisen oder die Gründung einer neuen Niederlassung.

Die Expansion ins Ausland ist ein besonders zeitintensiver Prozess, wie ich aus eigener Erfahrung behaupten kann. Als ich 2012 die erste Niederlassung meines Unternehmens auf einem anderen Kontinent eröffnete, ahnte ich noch nicht, wie zeitraubend und elementar meine Arbeit vor Ort sein würde.

5 Tipps zum Führen in Abwesenheit

Anstatt – wie geplant – ein paar Wochen in Südafrika zu bleiben, verbrachte ich letztendlich ganze sechs Monate an unserem neuen Standort in Johannesburg.

Ich musste mich daran gewöhnen, meine vielen Mitarbeiter in Deutschland auch über eine sehr große Distanz zu organisieren. Es ist ein zäher Lernprozess, der letztendlich aber zum Erfolg führt. Heute ist mein Unternehmen – neben den 14 Filialen in Deutschland – bereits an fünf Standorten im Ausland vertreten. Im Folgenden nenne ich grundlegende Tipps, wie die Unternehmensführung in Abwesenheit zum Erfolg werden kann.

1. Digitaler Schreibtisch

Die heutige Technik – von Chatprogrammen bis hin zur Video-Telefonie – bietet alle Möglichkeiten zur effizienten Kommunikation über große Distanzen. Mit der fortschreitenden Digitalisierung der letzten Jahre kamen immer weitere Freiheiten für das mobile Arbeiten hinzu. Das Büro von damals passt heute sozusagen in jede Tasche.

So ist man zwar nicht immer physisch vor Ort, aber dennoch stets nah am Geschehen. Moderne Möglichkeiten müssen effizient und gut strukturiert genutzt werden, ohne sie dabei zum Zeiträuber werden zu lassen.

2. Verantwortung übertragen

Aufgaben abtreten. Weniger selbst in die Hand nehmen. Verantwortung an Mitarbeiter übertragen, ohne sich selbst dabei aus der Verantwortung zu ziehen. Dies ist der Grundstein für ein neues Verständnis der Zusammenarbeit.

Und es funktioniert. Man muss als Chef loslassen können und den Mitarbeitern nach wie vor ein Gefühl vermitteln, immer für sie da zu sein. Mitarbeiter werden auf diese Art und Weise schnell erfahrener und selbstbewusster. Sie entwickeln unternehmerische Fähigkeiten. Die Verantwortung, verteilt auf mehrere Köpfe, gibt letztendlich jedem im Unternehmen ein Stück Freiheit.

3. Vertrauen schenken

Die neue Verantwortung der Mitarbeiter und das damit verbundene Vertrauen zahlen sich nach meinen Erfahrungen langfristig aus. Man sollte grundsätzlich davon ausgehen, dass die Mitarbeiter – auch in Abwesenheit der Geschäftsführung – die ihnen aufgetragenen Aufgaben gewissenhaft erledigen.

Voraussetzung dafür ist natürlich ein harmonisches Miteinander im Unternehmen. Generell gilt: Vertrauen ist die Grundlage jeder Arbeitsbeziehung. Denn wer seine Mitarbeiter ständig kontrolliert, dämpft langfristig ihre Motivation.

4. Kultur der Wertschätzung schaffen

Nur wer mit den Stärken seiner Mitarbeiter arbeitet – und nicht lieber ständig über deren Schwächen klagt – kann Potenzial entfalten. Es lohnt sich immer ein offenes Ohr für die Mitarbeiter zu haben, sich nach dem Befinden zu erkundigen und zur richtigen Zeit ein positives Feedback auszusprechen.

Dies erzeugt ein gutes Betriebsklima. Schließlich sollen sich alle Kollegen wohlfühlen. Auch ein faires Prämiensystem kann das ganze Team motivieren. Durch Anreize wie diese setzen sich die Mitarbeiter langfristig ihre eigenen Ziele.

5. Mentor für Mitarbeiter

Gemeinsame Ziele sollten alle Mitarbeiter stets vor Augen haben. Dafür ist es wichtig, als Geschäftsführer ein Ansprechpartner und Mentor für das gesamte Team zu sein. Zuhören und Einfühlungsvermögen zeigen.

Wissen und Erfahrungen fördern. Der richtige Weg muss heißen: Coaching statt ständiger Kontrolle. Dies ist bei einer räumlichen Distanz zwischen Chefs und Mitarbeitern umso wichtiger. So können sich Mitarbeiter weiterentwickeln und selbst den Weg zum Erfolg finden.

Fazit

Führen in Abwesenheit funktioniert. Es stärkt sogar das Zusammengehörigkeitsgefühl. Man muss nicht IM, sondern AM Unternehmen arbeiten. Seien Sie ein fördernder Mentor für Ihre Mitarbeiter. Menschlichkeit, gegenseitiges Vertrauen und vor allem Wertschätzung sind Grundsteine für ein gutes Gelingen. Mitarbeiter werden gestärkt, indem Verantwortung an sie abgegeben wird. Dadurch wird viel Potenzial für das Unternehmen frei gelegt.

Ich bin selbst noch oft erstaunt, welch große Kraft ein gesunder Teamspirit entwickeln kann. Den Kontakt auf Augenhöhe zu meinen Mitarbeitern empfinden beide Seiten als Bereicherung. Er vermittelt Sicherheit und schafft Raum für Entwicklung. Mit dem nötigen Feingefühl ist es also meiner Meinung nach für jeden machbar, sein Geschäft auch über eine große Entfernung hinweg zu führen.