In Ägypten läuft gerade die letzte Etappe der Wahlen. Wenn die Islamisten gewinnen, gehören Bikinis an den Stränden vielleicht bald der Vergangenheit an – auch wenn die Verantwortlichen auf die Macht der Vernunft hoffen. Dabei sind die Problem des Landes auch Bildungsprobleme. Eine widersprüchliche Situation, die dieses Bild aus dem Urlaubsparadies El Gouna hervorragend demonstriert: Baden mit Burka ist ausdrücklich verboten!

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Wie im Märchen?

El Gouna heißt zu Deutsch “Die Lagune” und liegt etwa 22 Kilometer nördlich von Hurghada direkt am Roten Meer. Ein Ort quasi wie im Märchen aus 1001 Nacht: 365 Tage Sonne im Jahr, das Meer nie unter 20 Grad. Dazu kommen Hotels, Häuser und Villen aus Lehm und Naturstein, teils in traditionell nubischem Stil teils in moderner arabischer Architektur errichtet, Palmen, Gärten, Strände und Pool-Landschaften. Das alles durchzogen von Brücken und Kanälen, die eigens ausgebaggert wurden.

Palmen und Weihnachtsbäume

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Es ist ruhig hier, fast schon totenstill, die Hotels sind zurzeit nur etwa 40-50 Prozent ausgelastet, und ausgesprochen sauber. Wer nach El Gouna hinein will, muss durch die Sicherheitskontrollen, auch vor jedem Hotel stehen Lichtschranken. Die Mobilfunkmasten sind in Palmen versteckt. Und in den Hotellobbys stehen jetzt, Mitte Dezember, Weihnachtsbäume.

Die aber seien, so heißt es, mehr als eine Reminiszenz an ausländische Touristen in einem islamischen Land: Der Gründer von El Gouna, der ägyptische Unternehmer Samih Sawiris, ist selbst Christ. Folgerichtig steht in El Gouna neben der Moschee auch eine koptische Kirche.

Sawiris: Vom Angler zum Stadtentwickler

Dabei wollte Sawiris hier 1989 eigentlich nur in Ruhe angeln, doch das ägyptische Gesetz forderte von ihm “Entwicklung”. Also fing er an zu bauen. Am Anfang war es nur ein Hotel, ein Bereich für die Angestellten und ein Supermarkt. Heute sind es 18 Hotels, zudem hat Sawiris’ Orascom Development Holding nach eigenen Angaben mehr als 2,500 Villen und Wohnungen bis heute an Privatleute verkauft. Die Quadratmeter-Preise liegen mittlerweile ab 1000 Dollar aufwärts.

Schließlich kam zu den Hotels auch die nötige Infrastruktur hinzu: Restaurants und Geschäfte, ein eigenes Telefonnetz, ein Shuttle-Service von Booten und Schiffen, internationale Schulen, ein Krankenhaus mit Dekompressionskammer für Taucher und ein kleiner Flughafen. Bislang ist aber nur ein Drittel der insgesamt 36.8 Millionen Quadratmeter Wüstenfläche bebaut und lässt Platz für mehr.

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Vorreiter für ökologischen Tourismus?

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Doch El Gouna sieht sich nicht nur als Luxus-Feriensiedlung, sondern als Vorreiter eines ökologischen Tourismus in Ägypten: Frisches Wasser wird aus dem Meerwasser aufbereitet, das Abwasser wird geklärt und dann zum Bewässern der Pflanzen verwendet.

Weil man dafür nicht genug Wasser hat, werde sogar noch Abwasser aus Hurghada gekauft. Für die Mülltrennung stehen überall verschiedenfarbige Amphoren bereit. Der ganze Stolz der Stadt ist aber die Recyclinganlage, die man auch gerne den interessierten Touristen zeigt:

Hier wird der Müll von Hand nachsortiert und z.B. Plastikmüll zu Kleiderbügeln und zu Granulat für den Straßenbelag verarbeitet. El Gouna leistet sich einen Umweltbeauftragten. Und in Zukunft möchte die Stadt CO2-neutral werden.

“Die Menschen identifizieren sich mit El Gouna”

Etwa 20.000 Menschen Leben heute dauerhaft in El Gouna, wie PR-Chefin Dorothee Picht erzählt. Sie selbst ist seit 15 Jahren da – zunächst hatte sie eine Tauchschule, später wurde sie von Orascom angestellt. Von der Revolution habe man hier wenig gespürt. Und überhaupt wollte, wer einmal hier sei, auch nicht mehr weg:

“Die Menschen hier identifizieren sich mit El Gouna. Im Schnitt verdienen die Menschen hier auch besser als woanders”, sagt Picht, die während unseres kleinen Ausflugs ihre Anweisungen an die ägyptischen Bootsfahrer auf englisch und nicht in der arabischen Landessprache gibt. Verallgemeinern will sie die Aussage mit dem Verdienst aber nicht: “Das hängt letztendlich von der Hotelkette ab.” Grundsätzlich würden, wie sie betont, Ägypter nicht schlechter bezahlt als Europäer. “Entscheidend ist die Qualifikation!”

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Bildung nach europäischem Muster

Die ist indes allzuoft eine Frage des Standpunktes: In El Gouna gibt es eine deutsche Hotelfachschule, die mit einem IHK-Abschluss endet. Unterrichtssprache ist Deutsch. Wer noch kein Deutsch kann, muss zunächst einen Intensiv-Sprachkurs besuchen. Der Besuch der Hotelfachschule ist allerdings kostenpflichtig. Es gibt eine Nursing-School, an der nach englischem Curriculum unterrichtet wird.

Und die Technische Universität Berlin richtet in Ägypten einen Satellitencampus als wissenschaftliche Außenstelle ein. Angeboten werden hier die Masterstudiengänge “Energy Engineering”, “Urban Development” und “Water Engineering”, die 5000 Euro pro Semester kosten. Immerhin: Sowohl die TU Berlin als auch die Sawiris-Foundation bieten Stipendien an.

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Leben in Kairo

Spätestens, wenn man jedoch El Gouna mit der Realität in Kairo vergleicht, könnte man PR-Dame Dorothee Picht glauben, dass es viele Vorteile hat, in der “europäischen Kolonie” am Roten Meer zu leben und zu arbeiten. 21 Millionen Einwohner hat die ägyptische Hauptstadt, über der eine dicke Dunstglocke hängt – und 4,5 Millionen Autos.

Am Stadtrand gibt es die sogenannten Mirage Citys, abgeschottete Orte, in den denen die Reichen in Ruhe Leben können. Gleich in der Nähe haben Bauern ihr eigenes Ackerland verwüstet, um es als Bauland zu verkaufen. In die halb fertigen Häuser sind sie dann selbst eingezogen. Und in offenen Abwasserkanälen liegt meterhoch der Müll, den die Menschen hier einfach abladen. Mittlerweile hat man angefangen, die Kanäle zuzuschütten und zu übergrünen.

Das Bildungsproblem in Ägypten

Reiseleiter Tamer Rahmy erklärt, dass es zwar eine Müllabfuhr gäbe, viele Menschen aber nicht so gut ausgebildet seien und daher nicht verständen, was die Müllabfuhr tut. “Sie denken daher, sie können den Müll einfach auf die Straße werfen. Wir glauben, aber wenn eine neue Regierung kommt, die die Müllabfuhr organisiert, alles besser wird.”

Tatsächlich ist die fehlende Ausbildung ein Problem in Ägypten: Jeder fünfte Ägypter kann weder lesen noch schreiben, weil z.B. Eltern ihre Kinder frühzeitig zu früh von der Schule nehmen, damit sie auf dem Feld helfen.

Aber selbst wenn die Kinder die kostenlosen staatlichen Schulen und Universitäten absolvieren, ist das kein Garant für einen guten Job, denn viele Hochschulabsolventen finden keinen Job. Bessere Aussichten bieten die privaten Hochschulen, die jedoch einige Tausend Euro im Semester kosten.

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Die Revolution hautnah miterlebt

“Ein Teil der Demonstranten von Tahrir-Platz gehört zu den sehr gut ausgebildeten Leuten, die im Land nun etwas verändern möchten,” sagt Rahmy, der ganz in der Nähe von Ägyptens berühmtestem Platz wohnt. Die Revolution hat er daher hautnah mitbekommen – und auch deren Auswirkungen:

“Früher habe ich in der Hochsaison mindestens zwei Wochen im Monat kostenlos gearbeitet, dieses Jahr aber höchstens eine Woche alle zwei Monate.” Dennoch möchte Rahmy, wie auch viele andere, das Rad der Zeit nicht zurückdrehen: “Viele Ägypter sind zurzeit durcheinander, weil sie nicht wissen, wie es weitergeht. Andererseits gibt es da dieses Gefühl von Freiheit.”


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