Werbung, PR, Journalismus, Weiterbildung: Scheinselbständige Arbeitnehmer sind in vielen Branchen recht und billig. Die müssen zwar mit festen Arbeitszeiten im Büro des Unternehmens arbeiten, sich aber bitte selbst versichern. Dass das nun auch die Welthungerhilfe macht, zieht mir doch die Schuhe aus.

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Das Stellengesuch

Andre Paetzel hat mich netterweise via Twitter auf diese Ausschreibung aufmerksam gemacht, mit der Welthungerhilfe einen Mitarbeiter bzw. eine Mitarbeiterin mit Beginn ab 15.12.2010 sucht – und zwar freiberuflich.

Was gesucht wird, klingt zunächst einmal völlig normal – nur die letzten Punkte lassen mich stutzen:

Bis hierhin alles ganz normal, aber dann steht da:

Der Zeitaufwand zur Bewältigung der Aufgaben beträgt schätzungsweise 30 Stunden / Woche.

Verkappte Scheinselbständigkeit

Was für mich ganz stark darauf hindeutet, dass eigentlich jemand gesucht wird, der 30 Stunden in der Woche vor Ort arbeitet, weil es ja sonst völlig egal ist, wo der Mitarbeiter wohnt. Und unter einer selbständigen Tätigkeit stelle ich mir auch etwas anderes vor, als dass mir mein Auftraggeber die Arbeitszeit auch schon vorgibt.

Für mich klingt das glatt nach einer verkappten Form von Scheinselbständigkeit, Motto: Eigentlich möchten wir jemanden einstellen, wollen aber die Sozialversicherung sparen. Das mit den Praktikanten hat bisher nicht so geklappt. Also suchen wir nach einem freien Mitarbeiter, Problem gelöst.

Sozialversicherungsbetrug als Normalzustand?

Wie gesagt, von Verlagen, in der Werbung oder in der PR kennt man das Problem schon längt. Im Gegenteil, die Art und Weise, wie dort Arbeits- und Sozialrecht ausgehölt werden, scheint keinem mehr groß aufzufallen. Dabei handelt es sich bei derartigen Arbeitsverhältnissen, ganz schlicht ausgedrückt, um Sozialversicherungsbetrug.

Von der Deutschen Welthungerhilfe e.V., die sich selbst mit den Worten “eine der großen und angesehenen privaten Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit und Humanitären Hilfe in Deutschland. Gemeinnützig… für eine gerechtere Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern” beschreibt, hätte ich da erwartet, dass sie bei den eigenen Mitarbeitern anfängt und sich zumindest gesetzeskonform verhält.

Auf einer Augenhöhe

Und nein, ich habe nichts gegen Freiberufler – aber wohl was gegen diese Form der Selbständigen-Ausnutzerei: Denen sollte man dann aber auf einer Augenhöhe begegnen und ihnen nicht Arbeitsort  und Zeit aufzwingen. Wer in seinem Job gut ist, wird das ohnehin nicht mit sich machen lassen.