Wie man Soziale Netzwerke richtig nutzt: Filtern, Filtern, Filtern. Wie aber funktionieren Zeitmanagement und Arbeitsorganisation im Social Web?

Best of HR – Berufebilder.de®

Reine Typsache

Social Media ist umsonst!? Das ist einer der größten Irrtümer, dem viele Menschen immer noch anhängen. Denn nicht nur bezahlen wir mit unseren Daten für die Gratis-Nutzung von Diensten wie Twitter oder Facebook. Nein, je nachdem, was wir erreichen wollen, müssen wir auch jede Menge (Arbeits-)Zeit und Energie in das Engagement stecken. Denn so nebenbei, wie sich das viele wünschen, lässt sich die Sache leider nicht erledigen. Und vor allem Unternehmen, die Social Media als Marketing-Kanal nutzen, müssen sich damit ausgiebig beschäftigen und kontinuierlich einen Mehrwert liefern. Das bringt uns zu der Frage: Wieviel Zeit kostet und Social Media wirklich? Und wie organisieren wir uns am besten?

Die Frage nach dem Zeitaufwand lässt sich ganz einfach beantworten. Oder eben auch nicht. Die Antwort lautet: Es hängt davon ab. Nämlich davon, was und wen Sie in Social Media erreichen wollen. Wollen Sie nur wissen was Ihre Freunde machen oder sich über das gesamte Weltgeschehen informieren? Wollen Sie nur konsumieren oder selbst auch aktiv werden? Sind Sie schon aktiv oder fangen Sie gerade erst an – in dem Fall wird der Aufwand am Anfang vermutlich größer. Daher ist der Zeitaufwand für jeden unterschiedlich.

Wie unterschiedlich, zeigt eine ausführliche Studie, die MTV Networks in Kooperation mit Volkswagen und Nielsen Research im Herbst  2010 herausbrachte.  Thema der MePublic-Studie: Das Nutzungsverhalten von Jugendlichen in Social Media. In 9 Monaten wurden mehr als 26.000 Teilnehmer im Alter von 14-29 Jahren in 10 Ländern befragt. Die Teilnehmer aus Deutschland, Großbritannien, Italien, Spanien, Frankreich, USA, Japan, Mexiko, Australien und Neuseeland führten zum Teil auch Online-Tagebücher über Ihre Erfahrungen, die sie mit den Machern der Studie diskutierten. In der Vorbereitungsphase hatte man zuvor ca. 200 akademische Forschungsarbeiten, kommerzielle Markt-Media-Studien und Presseveröffentlichungen analysiert. Zudem wurde zur Ausarbeitung der Fragen das MTV Netzwerk intensiv genutzt, um auch kulturelle Unterschiede zu erfassen.

Unterschiedliche Intensitäten bei der Nutzung

Dabei haben sich sechs Nutzertypen herauskristalisiert, die Soziale Netzwerke mit unterschiedlicher Intensität und mit unterschiedlicher Motivation nutzen. Die Skipitsnutzen soziale Netzwerke skeptisch und vorsichtig, dementsprechend eher seltener. Auch die Funatics sind selbst nicht besonders aktiv, verbringen aber mehr Zeit in Sozialen Netzwerken die zu ihrem Unterhaltungsprogramm gehören – zum Beispiel zum Spielen. Besonders engagiert sind hingegen die Crewsers:Sie pflegen eine besonders intensive Kommunikation und Interaktion mit ihren Freunden, dementsprechend geht es bei ihnen thematisch vor allem um Freundschaft, Liebe und Gemeinschaft. Für Tagtics dienen soziale Netzwerke vor allem zum Informationsaustausch. Auch Sie sind sehr aktiv, wenn auch eher beobachtend. Ihr Netzwerk ist nicht groß, sie haben aber sehr viele enge Freunde darin. Die Powernutzer sind die Mediacs: Soziale Medien sind ihre Begleiter im Alltag, egal ob es um Informationen, Spass oder die Gemeinschaft geht. Sie sind in mehreren sozialen Netzwerken zugleich aktiv und verbringen täglich mehrere Stunden darin. Sie teilen auch am häufigsten Erfahrungen mit Produkten und Marken mit ihren Freunden. Das krasse Gegenteil sind schließlich die Nobuddies, die Soziale Netzwerke gar nicht nutzen oder ihnen abgeschworen haben. Sie können in ihnen kaum einen Nutzen erkennen, oft fehlt ihnen auch die Zeit und die Nutzer haben Bedenken wegen des Datenschutzes.

Die Studie zeigt also, das es sechs recht unterschiedliche Nutzungstypen gibt, die Social-Media-Anwendungen mit ganz verschiedener Intensität nutzen. Doch wie wirkt sich das nun auf die Nutzungs-Zeit aus? Und wieviel Zeit soll, muss oder kann ich mit Social Media zubringen? Hier hilft uns die amerikanische Autorin Beth Kanterauf die Sprünge. Kanter unterscheidet fünf verschiedene Stadien der Social- Media-Nutzung – und differenziert den Zeitaufwand je nach Aktivitätsgrad von Nutzern, die nur Lesen und Konsumieren über solche die Inhalte auch teilen wollen bis hin zu solchen, die am Aufbau einer eigenen Community interessiert sind. Die Zahlen, die sie dabei errechnet hat, sollten als Richtwerte verstanden werden:

Wie viel Zeit kostet Social Media?

  1. Ich will einfach nur zuhören und mitlesen, aber nicht selbst aktiv werden: Hierbei helfen Tools wie Twitter, RSS-Reader oder Google-Alerts. Maximal 5 Stunden in der Woche reichen hier aus.
  2. Ich will mich mit anderen austauschen und einfache Informationen teilen: Hierbei helfen Tools wie Twitter, Ping.fm oder Facebook. Etwa 5-10 Stunden in der Woche sollte man dafür rechnen.
  3. Ich will auf professionellem Niveau Meldungen verbreiten, um Selbstmarketing zu betreiben, den Aufwand aber gering halten: Hier helfen Kanäle wie Twitter, Facebook, LinkedIn, FriendFeed, StumbleUpon oder Twitter-Clients wie Hootsuit oder Tweetdeck. 10-15 Stunden sollte man dafür in der Woche rechnen.
  4. Ich will nicht nur Meldungen, sondern eigene Inhalte verbreiten: Hier helfen Bloggin-Plattformen WordPress, Blogger, Posterous, Tumblr, Photo-Communities wie Flickr oder Picasa, Video-Plattformen wie YouTube oder Vimeo – und natürlich die bereits genannten Social-Media-Tools, allem voran Facebook und Twitter zur Weiterverbreitung. 15-20 Stunden in der Woche sollte man dafür rechnen.
  5. Ich möchte eine eigene Community aufbauen: Spätestens jetzt ist es sinnvoll, die Aktivitäten aus Punkt vier mit den bekanntesten Sozialen Netzwerken zu verknüpfen, etwa indem man sich neben der eigenen Website noch eine Facebook-Seite zulegt. Da das eingehen auf Leser und beantworten von Anfragen viel Zeit kostet, sollte man 20 Stunden und mehr pro Woche rechnen.

Denn jeder Jeck anders. Ich z.B. verwende auf mein Blog Best of HR – Berufebilder.de® auch deutlich mehr Zeit als 20 Stunden in der Woche. Dafür spart er mir aber auch wieder viel Zeit zum Beispiel bei der Recherche, weil das Blog mir als Themen-Archiv für meine Arbeit dient, aber auch bei der Acquise, weil Kunden und auch Journalisten von sich aus auf mich zukommen, nachdem sie mich durch das Netz gefunden haben. Auch die Anfragen meiner Leser wickle ich über Kommentarfunktion oder Forum ab, weil die Masse der Anfragen per eMail kaum zu beantworten wäre. Das Blog ist damit Quasi das Zentrum meiner Kommunikation, auf dem alle Fäden zusammenlaufen und mit dem ich mein Geld verdiene. Kein Wunder also, dass ich den Hauptteil meiner Zeit direkt oder indirekt mit dem Blog verbringe.

Twitterst Du schon oder lebst Du noch?

Kürzlich abends in der U-Bahn auf dem Heimweg las ich, frisch entspannt vom Sport, Twitter auf meinem Smartphone. Ich will ja auch meine Leerezeiten effektiv nutzen, statt in der U-Bahn Leut blöd anzustarren! Mit der Entspannung war es dann allerdings schnell vorbei: Ich hatte gleich mindestens sieben Artikel entdeckt, die ich gleich mal lesen bzw. auf meinem Rechner bookmarken wollte. Als ich dann Daheim saß, mit sieben aufgeklickten Browserfenstern, und nebenbei nochmal schnell meine eMails abgerufen hatte, musste ich mich fragen: Woran liegt es eigentlich, dass man sich von ein paar Nachrichten derart aus der Fassung bringen lässt? Was verleitet uns, ständig all die aufregenden und wichtig scheindenen Nachrichten anzuglicken? Und wie schaffen wir es, damit aufzuhören?

Die Lösung ist eigentlich ganz einfach: Wir müssen die Aufpeitscher und Wichtigmacher Im Netz identifizieren – und uns von ihnen nicht verführen lassen.  Denn genau das ist im Internet das Problem: Überschriften, Tweets oder auch die Betreffzeilen von eMails werden  in der Regel und absichtlich so gestaltet, dass sie uns verführen. Jedenfalls, wenn die Texter ihr Handwerk verstehen. Das ist mir selten so stark aufgefallen wie an jenem abend: In der 140-Zeichen-Vorschau klangen die Texte allesamt superinteressant. Nun, beim Überfliegen am heimischen Bildschirm war nichtmal die Hälfte wirklich lesenswert. Gutes Marketing eben! Dabei spielen vor allem die Twitter-Virtuosen gekonnt mit dem Neugiertrieb ihrer Leser. Zum Beispiel, wenn sie solche Vorankündigungen schreiben: “Ich weiß, dass ich diese App nie nutzen werde, aber ich muss sie mir trotzdem kaufen!” Und natürlich will jeder wissen, warum jemand Geld ausgeben will, für etwas, von dem er bereits im Vorfeld weiß, dass es unnötig ist. Hätte der betreffende einfach nur getwittert: “Das könnte eine wirklich spannende App sein!” – der Effekt wäre nicht derselbe gewesen.

Medien funktionieren genau so. Nicht nur Twitter. Schon der Dadaist Hugo Ball schrieb 1919 in seiner Kritik der deutschen Intelligenz:  “Als deutscher Prophet muß man laut schreien und deutlich reden. Denn das Volk ist schwerhörig. Unendliche Wiederholungen weniger Gedanken verfehlen schließlich ihre Wirkung nicht.” Nun ist nicht jeder, der im Internet publiziert, ein Prophet, aber der Mechanismus ist immer der selbe: Es wird etwas spannend, wichtig und dringend gemacht, es werden Begehrlichkeiten geweckt, eine bestimmte Information jetzt unbedingt anklicken zu müssen, das dann in Wahrheit doch gar nicht so interessant ist oder das man genau so gut hätte ein anderes mal lesen können. Oder das man gar nicht lesen muss, weil man den Inhalt in anderer Form schon oft gelesen oder gehört hat. Dass wir immer wieder darauf hereinfallen, liegt daran, dass unser Gehirn eben eher auf  starke Reize, Gefühle und spannende Themen reagiert, als auf langweilige Botschaften – die vielleicht die interessantere Information enthalten.

Jeder Jeck ist anders – jede Nachricht auch

Dass der größte Zeitfresser im Netz die Nachrichten anderer Leute sind, hat auch Robindro Ullah erkannt, der bei der DB Services den Bereich ZusatzServices verantwortet: “Social Media kostet viel Zeit. Hierbei ist das Schreiben von Tweets oder Statusupdates das geringste “Übel”. Tatsächlich Zeit kostet das Mitlesen der Zielgruppe, Identifikation von Trends und Themen und das Monitoren der Freunde/ Follower/ Kontakte etc.” Und für Klaus Eck, einen der bekanntesten deutschen Social-Media-Experten geht unter einer Stunde pro Kanal nichts: “Social Media kostet richtig viel Zeit, wenn Sie es gut machen wollen. Blogs, Facebook, Xing und Twitter sind längst nicht nur ‘nice to have’. Es sind Zeitfresser, die uns an unsere persönlichen Grenzen stoßen lassen. In der Regel ist eine Stunde pro Kommunikationskanal im Minimum notwendig, um professionell Social Media  zu betreiben. Das sage ich immer deutlich, um klar zu machen, dass niemand Social Media ganz nebenbei machen kann. Wer weniger Zeit auf diese Kommunikationsaktivitäten verwendet, wird auch seine Erwartungshaltung entsprechend gewichten müssen und mit geringeren Erfolgen zufrieden sein müssen.”

Die Lösung für das Dilemma? Vor allem, dass wir uns bewusst machen, wohin in Social Media unsere Zeit verschwindet. Uns bewusst machen, warum uns der Aufmerksamkeitsheischer mehr anspricht als die fundierte Analyse  – und das nächste mal einfach nicht mehr draufklicken. Oder sich einen regelrechten Zeitplan zurechtlegen. Wie der aussehen kann, ist allerdings für jeden unterschiedlich. Wieviel Zeit Social Media kostet, hängt jeweils von der persönlichen Zielsetzung ab. Warum will ich kommunizieren? Mit wem über was? Twitter, Facebook, Xing – welche Tools setze ich dafür ein? Welche begeistern besonders? Wen erreiche ich damit? Und wo geht unnötig Zeit verloren? Welche Informationen interessieren mich wirklich – und wer raubt mir die Zei, so dass ich ihn aus meiner Timeline oder meinem Feed verbanne?

So geht Zeitplanung im Web

Was bei einer solchen Analyse helfen kann, mindestens eine Woche lang Tag für Tag genau zu beobachten und die eigene Social-Nutzung minutiös zu dokumentieren.

So mancher wird dann vielleicht zum ersten mal wirklich erkennen, wieviel Zeit er unnötig in Facebook versurft oder vor sich hintwittert, statt wirklich produktiv zu arbeiten. Und sich genau überlegen, welche er Prioritäten er in Zukunft setzt, damit er die wichtigen Dinge geregelt bekommt. Die gängisten Zeitmanagement-Methoden dazu, vom Eisenhower-Fenster bis zum Pareto-Prinzip, findet man ja praktischerweise im Internet. Nur: Ob das hilft, in Zukunft wirklich die Prioriäten anders zu setzen und die Finger öfter mal von Facebook und Twitter zu lassen? Wenn es nur mal so einfach wäre mit der Produktivät. Denn das Netz ist verführerisch und lockt mit allerlei Ablenkung.

Das Produktivitäts-Dilemma

“Habe die Recherche für ein tolles Thema bei Google angefangen. Bin nach vier Stunden beim dritten Link, über den ich einen Experten gefunden habe, mit dem ich ein Telefon-Interview vereinbaren will, finde aber seine eMail-Adresse auf der Seite nicht, in seiner Linkliste verweist er dafür auf ein völlig irres Forum, Wahnsinn, hab’s sofort den anderen Autoren gemailt, wir beschließen eine ganze Artikel-Serie, das gibt Stoff für drei Wochen! Erstmal muss ich aber den anderen Artikel weitertippen, den ich angefangen habe. Wo hatte ich den gespeichert? Ich sollte mir eine To-Do-Liste zulegen, kann man doch prima auf dem Rechner erledigen, gleich mit Erinnerungsfunktion. Wäre cool, wenn man so eine Liste auch mobil immer dabei hätte, sollte ja mit iPhone kein Problem sein. Tatsächlich: 15 verschiedene Listenprogramme zeigt der AppStore, gleich mal testen. Ok… dieses hier lässt sich nicht mit dem Desktop-Rechner synchronisieren, aber jenes schon, man muss sich nur kurz auf der dazugehörigen Website registrieren, kein Problem, schon erledigt. Nur noch auf die Bestätigungsmail warten. Währenddessen teste ich mal noch eine weitere Liste, die auch viel netter gestaltet ist. Jau, so macht das Arbeiten Spaß! Die benutze ich ab jetzt… ach Mist, die lässt sich ja wieder nicht synchronisieren.”

Was Johnny Häusler, einer der bekanntesten Deutschen Blogger da beschreibt, ist das ständige Dilemma, in dem sich jeder, der mit und im Internet arbeitet, befindet. Das Netz bietet eine schier unendliche Vielfalt an Möglichkeiten und für jedes Bedürfnis das passende Tool, um schneller, besser und produktiver zu Arbeiten. Allerdings ist die Auswahl so groß, ständig kommen neue, verbessert Programme und Features auf den Markt, dass es auch ersteinmal unendlich viel Zeit kostet, die Passenden zu finden. Denn herauszufinden, welche der kleinen Software-Helfer sich möglichst nahtlos in den eigenen Workflow einschmiegen und uns so die Arbeit erleichtern, gleicht der Nadelsuche in einem stachligen Heuhaufen.

Ein Tool, das in diesem Zusammenhang von eingefleischten Social-Media-Nutzern seit einiger Zeit totgesagt wird, ist die eMail. Und tatsächlich, seit ich die Kürze von 140-Zeichen-Nachrichten bei Twitter kennengelernt habe, finde auch ich eMails zunehmend nervig. Allerdings zeigt eine Studie von  Nielsen Research: Je länger sich Menschen in Sozialen Netzwerken aufhalten, desto mehr Zeit verbringen sie auch mit dem eMail-Management. Grund: Wer sich in einem Social Network wie Facebook anmeldet, erhält häufig sogenannte Freundschaftsanfragen, Social Media Mails, Event-Einladungen usw.  Zudem vergrößert sich durch Social Media der eigene Bekanntenkreis, wodurch auch ingesamt mehr kommuniziert. Und auch wer bloggt, bekommt die Kommentare zu seinen Texten sehr häufig ebenfalls via eMail. Die eMail, die viele schon längst als antiquierte Kommunikationsmethode abgestempelt hatten, ist also noch höchst lebendig und wird das wohl noch eine Weile bleiben.

Tipps fürs effiziente Arbeiten mit Social Media

Es gibt noch ein anderes Dilemma mit den Tools: Unternehmen wollen nunmal leider Geld mit ihrer Software verdienen: Oft stellen Sie daher kostenlose Beta- oder Basisversionen zum kostenlosen Testen zur Verfügung. Die haben aber entweder (noch) nicht den vollen Funktionsumfang oder weisen schlicht Fehler auf, die viel Zeit und Nerven kosten. Wenn sich der User dann freudig an die Funktionalität des Programms gewöhnt hat, ist der Umfang plötzlich kostenpflichtig. So geschehen bei Hoot Suite, einem Client zum verwalten und versenden von Twitter und anderen Social-Media-Anwendungen. Als Nutzer muss man dann entweder zahlen oder sich nache einer Alternative umsehen.

Oder das Unternehmen ist pleite oder wird verkauft. So geschehen bei Delicious, das als Pionier der Social-Bookmarking-Anwendungen. 2005 erwarb Yahoo Delicious. Als Yahoo im Dezember 2010 ankündigte, Delicious verkaufen, je gegebenenfalls sogar schließen zu wollen, ging ein Aufschrei durch die Sozialen Netzwerke, der zeigt, wie abhängig User von ihren gewohnten, aber meist kostenlos genutzten Tools sind. Mittlerweile wird Delicious übrigens von Chad Hurley und Steve Chen betrieben, die ironischerweise ihre ebenfalls sehr erfolgreiche Gründung YouTube 2006 an Google verkauft hatten. Das Roulette dreht sich ständig weiter. Kein Wunder also, dass sich selbst auf Internetkonferenzen fast der ganze Saal meldet, wenn die Frage lautet, ob die eigene Produktivität unter dem ständigen Kommunikationszwang im Internet leidet. Aber wie filtert man denn nun richtig?

Tools, Tools, Tools: Arbeitsorganisation mit Social Media

Es gibt Menschen, die können ohne Social Media nicht mehr leben. Und das nicht, weil sie süchtig geworden sind, sondern weil Social-Media-Tools fester Bestandteil ihrer beruflichen oder privaten Kommunikation geworden sind. Die Hamburger Personalberatung Atenta beispielsweise wickelt ihre gesamte interne Kommunikation über das Microblogging-Tool Yammer ab und nutzt Facebook-Gruppen fürs Projektmanagement. Aber auch private Geburtstagseinladungen, Partys oder treffen mit Freunden werden von vielen Menschen zum Beispiel über Facebook-Einladungen organisiert. Weil es schneller und praktischer ist, als ständig eMails hin- und herzuschicken. Trauriger Nebeneffekt: Wer nicht bei Facebook ist, bekommt davon einfach nichts mit.

Ich weiß nicht wie es Ihnen geht, aber ich bin ein großer Fan digitaler Ordnung. Wenn ich mir zum Beispiel die überbordende Menge an Pressematerial, Katalogen, Einladungen usw. auf Papier anschaue, die mir auch heute, im Zeitalter von Internet, eMail und Twitter teilweise unverlangt zugesandt wird, dann freue ich mich bereits heute auf den Zeitpunkt, zu  dem sich die Digitalisierung vollendet durchgesetzt haben wird. Wie weit wir davon noch entfernt sind, kann ich erahnen, wenn z.B. Mitarbeiter von Behörden erstmal bei ihrer IT-Abteilung nachfragen müssen, ob es überhaupt eine eMail-Adresse gibt. Es mag sein, dass die kostenlosen elektronischen Kommunikationsmittel dazu einladen, mehr Informationen und Werbung zu versenden als das auf postalischem Weg der Fall wäre. Allerdings hat man diese auch wesentlich schneller gelöscht, sortiert und bei Bedarf per Suchfunktion wiedergefunden, als das mit Papiersendungen der Fall ist. Das sich stetig anhäufende Altpapier zu entsorgen, dauert länger!

Auch Termine kann ich dank Sozialer Netzwerke viel besser organisieren. Beruflich sowieso, aber vor allem auch die privaten. Denn für die meisten Menschen haben die beruflichen Termine Priorität. Das führt dazu, das viele ihr Privatleben nicht auch noch organisieren wollen. Wolle man sich früher mit mehreren Freunden verabreden, musste man entweder alle nacheinander anrufen oder Rund-eMails verschicken. Da stand dann “Habt Ihr am14.07 um 20 Uhr Zeit?” Einige sagten ja, andere Nein, irgendjemand schlug einen anderen Termin vor, jeder gab seinen Senf dazu – und jedes Mal wurde die eMail an alle geschickt. Ein Riesenaufwand für ein kleines Treffen. Heute legt man zum Beispiel bei Facebook, Xing oder auch Doodle ein Event fest. Dort können dann alle eintragen ob sie können oder nicht. Und gegebenenfalls kann man, für alle Teilnehmer sichtbar, über einen anderen Termin diskutieren. Man muss nur aufpassen, dass man den Event nur für die Leute sichtbar macht, die teilnehmen sollen und  – zum Beispiel bei Facebook – entsprechend auf privat stellt.

Organisieren im Netz

Wenn ich Informationen aus verschiedenen Quellen abrufen und immer parat haben will, abonniere ich diese in einem RSS-Reader. RSS steht dabei für Really Simple Syndication. Blogs, Soziale Netzwerke und viele Website bieten RSS-Dienste an – in der Regel erkennbar an einem orangfarbenen Button mit weißen Streifen. Auf vielen Seiten ist es außerdem möglich, nur einzelne Themen oder Rubriken zu abonnieren. Zum Lesen eines RSS-Feeds dienen Browser, oder spezielle Programme, sogenannte RSS-Aggregatoren, RSS-Reader oder Feedreader. Dort erscheinen dann die neusten Beiträge der abonnierten Seite  als Schlagzeile mit kurzem Textanriss und einem Link  zur Originalseite.

Zunehmend werden aber auch komplette Inhalte  als Volltext-RSS bereitgestellt. Auf die Art und Weise kann ich mir vollautomatisch meinen eigenen Nachrichtenticker aus einer Vielzahl von gewünschten Quellen zusammenstellen. So lässt sich im Informationsdschungel effizient der Überblick behalten. Eine neue Idee der intelligenten eMail-Nachrichtenverwaltung kommt aus den USA. Wenn  ich den Service, der bislang ohnehin nur mit Google-Mail, funktioniert, selbst nicht nutze, gefällt mir doch die Idee, Nachrichten nicht einfach rauszuhauen, sondern sich vorher zu “erkundigen”, ob es dem Empfänger jetzt gerade passt. Sicher ein Schritt in die richtige Richtung. Und das funktioniert so: Nutzer des Services Courteous.ly erteilen dem Dienst die Zugriffserlaubnis für den persönlichen Google-Mail-Account. Anhand des Posteingangs informiert Courteous.ly dann eMail-Partner darüber, wie voll mein eMail-Postfach ist. Der Absender kann dann Courteous.ly die Entscheidung darüber überlassen, wann das eMail an mich ausgeliefert wird. Courteous.ly prüft alle 10 Minuten meine Inbox und wählt den günstigsten Zeitpunkt aus.

Social Media vollautomatisch?

Es gibt im Netz und am Computer noch ungezählte weitere Möglichkeiten, Arbeitsgänge zu automatisieren. Mit Diensten wie Hootsuite oder Tweetdeck können Sie Nachrichten gleichzeitig und mit wenig Aufwand in verschieden soziale Netzwerke einstellen – und zwar zu einem zuvor definierten Zeitpunkt. Auch Blogbeiträge können Sie automatisch an soziale Netzwerke versenden – bei Facebook zum Beispiel via RSS-Graffiti. Ja es gibt sogar Auto-Blogging-Tools wie das WordPress Plugin WP-o-Matic, mit deren Hilfe sie automatische Blogbeiträge zusammenstellen können. Wenn Sie zur Kommunikation in Sozialen Netzwerken Texte verfassen und dabei immer wieder ähnliche Texte eingeben müssen, helfen Ihnen spezielle Programme wie zum Beispiel TextExpander für den Mac, mit denen sie lange Texte mit einem Tastenkürzel automatisch einsetzen können. Auch OpenOffice beispielsweise verfügt über ein Autovervollständigungstool zur Texterstellung, im eMail-Programm Thunderbird lässt sich automatisch eine Signatur anhängen, die auch Kontakt-Informationen zu Ihren Social-Media-Kanälen enthalten kann.

Aber obacht: Bei Social Media geht es darum, einen persönlichen Austausch, einen schnellen und nützlichen Kontakt zu anderen Menschen, Institutionen und Marken herzustellen. Und diese Zielgruppen wollen natürlich persönlich angesprochen werden. Dementsprechend verpönt sind Automatisierungstools. Denn andere Menschen merken, ob sie mit einem authentischen Menschen oder einer anonymen Maschine sprechen. Daher gilt: Automatisierung sollte den persönlichen Austausch nicht behindern und auch nicht dazu dienen, andere Menschen zuzuspammen. Benutzen Sie Automatisierung vor allem, um Inhalte zu filtern und daraus mögliche Reaktionen, weitere Schritte und Prioritäten festzulegen.

Ein wichtiger Aspekt, der gerade dann eine Rolle spielt, wenn man verschiedene Soziale Netzwerke nutzt: Die Passwortverwaltung. Es gibt unsichere Methoden, die aus Datenschutzgründen nicht zu empfehlen sind: Etwa das Speichern von Passwörtern im Browser oder die Option, dass sich die Anwendungen selbst das Passwort merken. Ebenfalls nicht zu empfehlen ist, im das selbe Passwort für alle Webangebote zu nutzen. Die Lösung ist ein Passwortmanager. KeePass Password Safe zum Beispiel ist ein erhältliches Programm, das nicht nur die einzelnen Kennwörter, sondern die gesamte Datenbank samt Benutzernamen, Webadressen und Notizen. Dank Passwort-Generator lassen sich Kennwörter beliebiger Länge und Typs erstellen. Die Datenbank ist durch einen Hauptschlüssel (“Master Key”) gesichert, ohne diesen lässt sich die Datenbank nicht entschlüsseln. Das Hauptkennwort (“Master Password”) muss manuell eingegeben werden und es kann eine Schlüsseldatei (“Key File”) verwendet werden, die beispielsweise auf einem mobilen Laufwerk, wie USB-Stick oder CD, liegt. Eine Kombination aus Schlüsseldatei und Kennwort ist möglich und erhöht die Sicherheit. Besonders praktisch: Die Passwort-Datenbank lässt sich nicht nur auf dem eigenen Rechner anwenden, sondern auch auf jedem anderen Rechner. Es existieren nämlich nicht nur Versionen des Programms für Windows sondern auch für Mac OS X und Linux. Zudem gibt es eine portable Version des Programms, die per USB-Stick überall hin mitgenommen werden kann. Und es gibt Versionen für die meisten gängigen Handy-Betriebssysteme. Man kann also seine Passwörter immer dabei haben. Es gibt natürlich noch weitere Passwort-Manager. Eine interessantes Konzept, wenn auch unter Datenschutz-Aspekten riskannte bietet beispielsweise LastPass, bei dem sämtliche Daten im Internet abgeglegt werden.