Viele Menschen verbinden mit Konzentration einen Zustand, den sie sich abringen müssen. Schnell werden Erinnerungen an die Schulzeit wach, wo wir mit viel Kraft versucht haben, uns auf langweilige Dinge zu konzentrieren. Doch es geht einfacher.

konzentration

Wie sich Konzentration automatisch einstellt

Sich mit aller Kraft konzentrieren zu müssen, ist natürlich nicht im Sinne des Erfinders. Konzentration ist vielmehr ein Zustand, der nahezu automatisch entsteht, wenn die richtigen Voraussetzungen gegeben sind.

Als Trainer bin ich natürlich auch ein großer Freund von Erleben. Damit Sie erfahren können, wie sich Konzentration natürlicherweise einstellt, habe ich eine ganz kurze Übung vorbereitet.

Platzieren Sie dazu im Abstand von je einem Meter jeweils ein Blatt Papier in einer Reihe. In der ersten Runde umlaufen Sie die Gegenstände so langsam wie Sie können im Slalomkurs. Danach umlaufen Sie die Gegenstände noch einmal zügig im Slalom, aber bitte rückwärts!

Wahrscheinlich konnten Sie Folgendes feststellen:

  1. Beim langsamen Vorwärtsgehen werden Sie sich gelangweilt haben. Der Grund dafür ist, dass Ihr Ich-1 nicht gefordert wurde. Ich-2 konnte diesen langsamen und überschaubaren Vorgang in völliger Routine erledigen.
  2. Beim Rückwärtsgehen im fortgeschrittenen Tempo brauchte Ihr Ich-2 die Hilfe des Bewusstseins. Nahezu automatisch sind Sie mit Ihrer bewussten Ich-1-Ebene in den Vorgang eingestiegen. Sie waren sozusagen konzentriert. Ich-2 und Ich-1 haben zusammengearbeitet. Und das Interessante daran ist gewesen, dass Sie sich dafür noch nichtmal haben zwingen müssen. Es ist automatisch entstanden. Dementsprechend ist Konzentration ein Zustand, der immer dann entsteht, wenn wir die Dinge nicht mehr in völliger Routine erledigen können. Dementsprechend ist Routine der Feind von Konzentration. Umgekehrt ist Herausforderung der natürliche Freund der Konzentration.
  3. Wenn die Herausforderung dann aber in eine Bedrohung umkippt, ist der Zustand positiver Konzentration Geschichte. Dazu stellen Sie sich beim Rückwärtslaufen einfach vor, Ihre  Gegenstände wären schlafende Schäferhunde. Sie wüsstesn, wenn Du auf einen drauftrittst, dann gibt’s gewaltigen Ärger. Dieses Set entzieht sich Ihrer Kontrolle. Ab diesem Moment wäre es mit der Konzentration vorbei und es würde eine starke Stressreaktion gestartet, als deren Begleiteffekt es zu einer Deaktivierung unserer Ich-1-Ebene kommt. Wir würden entweder in Panik hetzen oder vor Angst erstarren.

Die Brücke zur Gelassenheit

Schlagen wir nun die Brücke zur Gelassenheit. Gelassenheit ist eine Art Konzentration am unteren Rand der Herausforderung. Es ist sozusagen der Zwischenzustand zwischen Langeweile und fortgeschrittener Herausforderung.

Je geübter Sie nun im Umgang mit Ihrem Ich-2 in Zukunft werden, umso leichter wird es Ihnen fallen, Ihre Gelassenheitsbereich zu erweitern. Ihnen wird es immer mehr gelingen, sich auch in langweiligeren Situationen nicht in Gedankenwolken aufzuhängen beziehungsweise sich dabei zu erkennen und schnell wieder in den Moment Ihres Seins zurückzukehren.

Sie werden auch immer schneller erkennen, wenn der angenehme Zustand der Konzentration in Richtung Hektik zu kippen droht. Sie werden so mehr und mehr zu einem konzentrierten und damit präsenten Menschen!

Gelassenheit – der Wandel eines Begriffs

Gelassenheit bezeichnet eine innere Einstellung. Sie ist die Fähigkeit, sich in verschiedenen Situationen des Lebens körperlich und geistig eine möglichst unvoreingenommene und lockere Haltung zu bewahren. Die Gegenspieler von Gelassenheit heißen Aufregung, Unruhe und Stress.

“Et kütt wie et kütt” – so lautet passenderweise ein Rheinisches Lebensmotto – übersetzt heißt es so viel wie: Es kommt wie es kommt. Das Wort Gelassenheit selbst stammt aus dem Mittelhochdeutschen. Es wurde vor über tausend Jahren von dem Mystiker Meister Eckhart als ›Gelazenheit‹ in den deutschen Sprachgebrauch eingeführt.

Wie gelassen jemand ist, zeigt sich erst bei Stress

Meinte Meister Eckhart einst mit dem Begriff eher eine Gott- oder Schicksalsergebenheit, verstehen wir heute darunter ein allgemein ausgeglichenes Gemüt. Für uns ist es natürlich besonders bedeutsam, in den stressigen und herausfordernden Situationen des Alltags die Gelassenheit zu bewahren.

Wie gelassen wir sind, zeigt sich in den Prüfungen des Alltags. Der Philosoph Seneca sagt sehr schön: “Den guten Steuermann lernt man erst im Sturm kennen.”

Cool bleiben, klappt nicht immer

Für uns ist das natürlich nicht immer ganz leicht. Du und ich, wir alle kennen diverse Situationen, die meistens noch nichtmal besonders lange vorbei sind, in denen wir uns erheblich ungelassener verhalten haben, als wir uns das von uns gewünscht hätten.

Genauso kann sich jeder wahrscheinlich an verschiedene Situationen erinnern, in denen Du Dir selber gesagt hast: ›Bleib ruhig‹, aber es aus irgendwelchen Gründen nicht geklappt hat.

Das Geheimnis der Gelassenheit

Ob wir uns gelassen verhalten oder nicht, unterliegt ja leider nicht unserem bewussten Willen. Gelassenheit ist keine Sache, die über die Ich-1-Ebene steuerbar ist.

Vielmehr ist es eine mehr oder weniger unmittelbare Reaktion unseres Ich-2. Um dies genauer nachvollziehen zu können, müssen wir uns die Konstruktion von unserem Ich-2 auf Basis von Nervenzellen noch einmal genauer anschauen.