Der Steuerung unserer Emotionen kommt im Resilienzkonzept die wahrscheinlich zentralste Bedeutung zu. Jeder kennt Situationen, in denen er, in der Regel unbewusst, seine Emotionen und die dazugehörigen Impulse steuert.

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Empathie statt Wut

Eltern haben die ganze Nacht nicht geschlafen, weil ihr Kind geschrien hat, und auch während des Vormittags geht es ohne Unterlass weiter. Sie spüren in sich ein Gefühl des Ärgers und der Wut aufkommen und steuern durch unterschiedlichste Verhaltensweisen dagegen.

Die Mutter atmet ein paar Mal tief durch und verdeutlicht sich zum Beispiel noch einmal, dass das Kind nun einmal Zahnschmerzen hat und nichts dafür kann. Diese Empathie hilft ihr, das Schreien des Kindes besser zu ertragen.

Positive Gefühle siegen lassen

Der Mitarbeiter eines Callcenters, der insbesondere mit unfreundlichen Kunden zu tun hat, wacht morgens mit dem Klingeln des Weckers auf und hat überhaupt keine Lust, zur Arbeit zu gehen.

Denkt aber vielleicht an die netten Kollegen, die ihn erwarten, oder daran, dass heute Freitag ist und dass er mit seiner Freundin am Wochenende in ein wunderbares Wellness-Hotel fahren wird. Er schafft es so, positive Emotionen in sich entstehen zu lassen, sich besser zu fühlen.

Impulskontrolle

Sie selbst sind auf der Autobahn mit hoher Geschwindigkeit unterwegs und plötzlich schert ein anderes Auto aus und zwingt Sie abzubremsen. Sie empfinden Ärger und würden am liebsten sofort losschreien und sich die Person vorknöpfen.

Sie reißen sich aber zusammen und sagen sich “Na ja, komm, die Autobahn gehört Dir halt nicht alleine” und schaffen es dadurch, Ihren starken Ärger wieder zu bändigen.

Ohne Emotionssteuerung geht es nicht

An dieser Stelle könnten tausende weitere Beispiele genannt werden, die verdeutlichen, was es mit Emotionssteuerung auf sich hat. Sie sehen: Wir alle steuern unsere Emotionen schon jetzt in einer mehr oder weniger bewussten und mehr oder weniger intensiven Art und Weise.

Würden wir dies nicht tun, wären wir nicht in der Lage, unsere Berufe auszuüben oder mit anderen Menschen in einer Gesellschaft zusammenzuleben.

Vorsicht vor dem Dampfkessel

Aber Vorsicht! Emotionssteuerung hat, auch wenn wir dies immer mal wieder tun müssen, nichts mit der Unterdrückung von Gefühlen zu tun, denn wenn man auf dieses Art und Weise seine Emotionen steuert, funktioniert man eher nach dem Dampfkesselprinzip:

irgendwann werden sich die Emotionen ihren Weg bahnen und Sie werden explodieren. Emotionssteuerung ist ein Prozess, bei dem ein Mensch eine als negativ empfundene, wir nennen dies auch nicht-resiliente, Emotion so steuert, dass er wirklich eine positive Emotion empfindet.

Die Emotionen müssen echt sein

Die weiter oben beschriebene Mutter wird beispielsweise ein echtes Gefühl der Nachsicht und des Mitleids für ihr Kind empfinden. Würde sie sich an der Stelle sagen “Reiß dich zusammen!”, würde das Gefühl des Ärgers weiterhin in ihr bestehen bleiben.

Wir wissen aus zahlreichen Forschungsergebnissen, dass das Vorspielen von emotionen zu einer Emotionalen Dissonanz führt. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Callcenteragent permanent Frustration wegen seiner Tätigkeit verspürt, am Telefon aber permanent lächelt.

Falsche Emotionen führen zu Stress

Dies führt innerlich zu Stress, mit allen hormonellen Konsequenzen, die Stress bei uns auslöst. Wird dies über mehrere Monate, gar Jahre getan, kann dies dazu führen, dass Menschen tatsächlich körperlich erkranken.

Er hat also nur die Möglichkeit, zu versuchen, etwas an seiner Arbeit zu ändern oder seine Emotionen in eine positive Richtung zu lenken.

Der Wille zur Emotionssteuerung

Hoch resiliente Menschen sind also in der Lage, ihre Emotionen besonders gut zu steuern. Die Bedeutung dieser Fähigkeit wird besonders dann bewusst, wenn man die Ebene der oben beschriebenen einzelnen Situationen verlässt und gesamthaft auf einen hoch resilienten Menschen schaut.

Warum ist das so? Weil diese Menschen in einem Bereich ihres Lebens einen unbändigen Willen haben: den Willen, dass es ihnen gut geht. Dementsprechend ergreifen sie sehr schnell die richtigen Maßnahmen, damit es ihnen emotional wieder gut geht, dass sie glücklich sind. Denn vergessen Sie nicht: Glück ist eine Emotion.

Resilienz ist die Fähigkeit, sich wieder besser zu fühlen

Alle anderen sechs Fähigkeiten, die Resilienz ausmachen, haben einen mehr oder weniger starken Einfluss auf genau diese Fähigkeit: die Fähigkeit, seine negativen Emotionen wahrzunehmen, um dann die richtigen Maßnahmen zu ergreifen, um sich wieder besser zu fühlen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger verstehen wir unter diesem erst einmal sehr technisch anmutenden Begriff der Emotionssteuerung.

Und noch einmal anders ausgedrückt: wenn es, wie es beispielsweise der Dalai Lama sagt, stimmt, dass der eigentliche Sinn des Lebens das Streben nach Glück ist, und wir uns vergegenwärtigen, dass Glück nichts anderes als eine Empfindung ist, nichts primär Materielles also, wird uns die ganze Tragweite dieser Fähigkeit erst richtig bewusst.