Viel hilft nicht immer viel: Bei wichtigen Entscheidungen und dem Lösen von Problemen lohnt es sich, ab und zu durchzuatmen und einfach nichts zu tun. Warum das so ist, erklärt die Wissenschaft.

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Schlafen für bessere Entscheidungen

“Eine Nacht darüber schlafen” hört man oft, wenn wichtige Entscheidungen anstehen. Tatsächlich hilft schlafen tatsächlich, solche Entscheidungen zu fällen, eben weil man ausgeruht daran geht: Beim Ruhen werden nämlich unbewusst Informationen verarbeitet. Das zumindest haben wissenschaftliche Studien gezeigt.

Der griechische Arzt Dimitros Trichopoulos etwa hat herausgefunden: Wer mindestens dreimal pro Woche nachmittags für mehr als 30 Minuten schläft, verringert sein Risiko an einem Herzinfarkt zu sterben um 37 Prozent. Die Studie wurde im US-Fachmagazin “Archives of Internal Medicine” veröffentlicht.

Schlafen hilft, Stress abzubauen

Sechs Jahre lang untersuchten die Wissenschaftler die Schlafgewohnheiten von 23000 Griechinnen und Griechen im Alter zwischen 20 und 86 Jahren. Teilnehmen durfte nur, wer zu Beginn der Studie nicht unter Herz-Kreislauf-Krankheiten oder Krebs litt. Die Forscher befragten die Teilnehmer, ob sie regelmässig mittags schliefen, und wenn ja, wie häufig und wie lang. Weiter wurden die Probanden zu ihren Ernährungsgewohnheiten befragt und gaben Auskunft über ihre sportlichen Aktivitäten.

Das Ergebnis: Mittagsschlaf hilft Stress abzubauen, das macht ihn so gesund. Schon lange ist bekannt, dass sich Stress sowohl kurz- als auch langfristig auf die Gesundheit des Herz- und Kreislaufsystems auswirken kann. Doch nur wer regelmässig nachmittags schlafe, beuge diesem Risiko vor. Am besten jeden Tag eine halbe Stunde schlafen. Nur dann profitiert man(n) von der schützenden Wirkung und verringert sein Risiko an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben.

Gute Ideen statt Abschalten

Doch schlafen bietet noch weitere Vorteile: Es dient als eine Art Inkubationszeit für Kreativität. Das ist auch der Grund dafür, warum zündende Ideen manchmal zu unerwarteter Zeit kommen – z.B. wenn man entspannt und an etwas völlig anderes (oder: gar nichts) denkt.

Eher selten kommen solche guten Ideen hingegen, wenn man sich nach einem harten Arbeitstag noch immer über das entsprechende Projekt das Hirn zermartert. Aber die Wissenschaft sagt noch mehr: Nicht nur schlafen hilft dabei, Probleme zu lösen. Sondern einfach mal abschalten!

Je mehr wir nachdenken, desto schlimmer wird es

Die Psychologen Neil Roese und Jeff Kuban führten an der Universität von Illinois eine interessante experimentelle Studie mit 200 Studenten durch. Sie ließen ihre Probanden Matheaufgaben rechnen und maßen dabei die Gehirnaktivität. In einem ersten Durchgang gaben sie pro Aufgabe die realistische Zeitvorgabe von 15 Minuten. In einem zweiten Durchgang ließen sie pro Aufgabe, die wieder den gleiche Schwierigkeitsgrad besaßen, 30 Minuten Zeit, mit der Vorgabe, die Zeit voll auszunutzen. Eventuelle Rechenfehler sollten im Detail ausgemerzt werden.

Das Ergebnis: Durch die zusätzliche Zeit verbesserten sich die Rechenresultate im Vergleich zum ersten Durchgang nicht signifikant. Allerdings hatten die Forscher beobachtet, dass die Gehirne der Studenten umso hochtouriger fuhren, desto länger sich diese mit einer Aufgabe beschäftigten. Zudem gaben fast alle Studenten im Nachhinein an, dass sie die Aufgaben im zweiten Durchgang schwerer fanden. Roese und Kuban schlussfolgerten, dass Menschen Aufgaben als grundsätzlich schwieriger wahrnehmen, je länger sie sich mit diesen beschäftigen. Sprich: Weniger ist mehr! Das bedeutet also:

Katastrophieren macht das Problem unendlich

Je länger und ausführlicher wir über ein Problem nachgrübeln, desto schwieriger erscheint am Ende eine Lösung des Problems. Das führt dazu, dass wir uns die Konsequenzen unseres Handelns viel schlimmer ausmalen, als sie sind – wir “katastrophieren”. Panik entsteht. Wir haben Angst, uns falsch zu entscheiden, das Falsche zu tun. Und dann begehen wir oft den gleiche Fehler:

Statt einfach aufzuhören und uns mit etwas anderem zu beschäftigen, grübeln wir noch mehr: Wir wollen versuchen, doch noch schnell eine Lösung zu finden. Allerdings wird die Sache so meist noch schlimmer, wir drehen uns im Kreis, können keinen klaren Gedanken mehr fassen, bekommen noch mehr Angst und Panik – ein Teufelskreis.

Problemen ihre Macht nehmen: 5 Tipps zum Entkatastrophieren

Sich klar machen, dass die Sache vielleicht nicht so schlimm ist wie gedacht. Zum Beispiel auch sprachlich: Man neigt ja zu Übertreibungen wie “das ist alles total furchtbar”. Weil unser Gehirn aus Bequemlichkeit schnell mal eben kategorisiert, um neue Dinge schneller verarbeiten zu können. Solche Übertreibungen stressen uns zusätzlich. Was hilft hier?

  1. Man muss sich klar machen, dass es nicht so schlimm ist, wenn man mal einen Fehler macht. Dass 80% häufig auch schon gut genug sind.
  2. Wenn man sich rational klar macht, dass es nicht zwangsläufig zu einem besseren Ergebnis führt, sich mehr anzustrengen, kann man es auch sein lassen.
  3. Was außerdem hilft: Einfach mal tief durchatmen. Sich klar machen, dass das Problem vielleicht gar nicht so schlimm ist, wie gedacht.
  4. Das Gehirn überlisten. Hinterfragen wo man jetzt genau das Problem sieht. Weniger Schwarz-Weiß-Denken.
  5. Den Problemberg, den man vielleicht vor sich sieht, aufteilen. Dadurch wird das Problem kleiner, man entkatastrophiert.

Körperliche Bewegung hilft beim Abschalten

Da das nicht so einfach ist, kann Bewegung helfen, einfach mal abzuschalten: Sport machen, der einen körperlich auspowert. Entspannungsübungen oder Yoga. Damit man seine Stresshormone wieder ins Gleichgewicht bringt. Auf alle Fälle das Gehirn durchlüften. Man kann sich diesen Mechanismus auch mit einem einfachen Signal klar machen. Die folgende Übung dient dazu, sich bewusst zu machen, wann man ins Grübeln abgleitet und dieses Denkmuster zu durchbrechen, indem man eine bewusste Reaktion entgegensetzt. Sie heißt “Gedankenstopp”:

  1. Im ersten Schritt des Gedankenstopps sagen Sie einfach laut “Stopp”, wenn Sie merken, dass Sie mit dem Grübeln beginnen. Wenn Sie nicht alleine sind, sagen Sie es leise, aber eindringlich – oder denken es zumindest. Atmen Sie tief ein und langsam wieder aus, entspanne Sie sich.
  2. Sie können es auch weiter treiben und sich ein Gummiband übers Handgelenk streifen, das Sie auseinanderziehen und zurückschnellen lassen, um Ihr Nachdenken zu unterbrechen. Egal wie, Hauptsache, Sie lenken sich davon ab.
  3. Falls Sie gerade nichts zu tun haben, machen Sie Entspannungsübungen oder suchen Sie schnell eine kleine Arbeit, die zu erledigen ist. Wichtig ist, an etwas anderes zu denken.

Die Lösung: Einfach aufhören zu grübeln

Wenn Sie sich also das nächste Mal beim Grübeln ertappen, achten Sie einmal genau auf diesen Prozess: Am Anfang haben Sie vielleicht noch klare Gedanken, sind sich Ihrer Meinung relativ sicher. Dann kommen die ersten Zweifel, die Sie dazu bringen, die Sache auch aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Sehr gut – damit sollten Sie es aber bewenden lassen, selbst wenn Sie noch keine Lösung gefunden haben.

Denken Sie gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt weiter über das Thema nach. Denn wenn Sie nun weiter grübeln, werden Ihnen immer mehr Zweifel kommen, die Gedanken scheinen sich zu verselbständigen. Wenn man an dieser Stelle dem Gehirn eine Pause gönnt, wird man gelegentlich überrascht feststellen, dass sich das Thema von selbst erledigt.