Das Thema Preisgestaltung ist für viele Unternehmen schwierig: Wie viel können Sie verlangen, ohne dass Kunden abspringen? Und muss es wirklich billig um jeden Preis sein? Spoiler: Wichtig sind vor allem Gefühle.

Preise gestalten ohne Dumping: Kunden-Emotion verstehen – 7 Tipps

Was hervorragende Anbieter besser machen

Seit Jahren schaue ich mir beruflich Hotels an, darunter große wie kleine, solche für Tagungen oder für Wellness, Häuser großer Ketten oder kleine Boutique-Hotels. Einige hundert Häuser konnte ich dabei im Laufe der Zeit sicher begutachten. Dabei bekommt man einen guten Einblick in den Markt und sieht schnell, wo Kunden mit viel Show geködert werden – und wo viel eher Details dafür sorgen, dass die Gäste sich rundum wohlfühlen.

Ein solches Haus ist das traditionsreiche Castel Rundegg in Südtirol. Dabei hat Schlossherr David Kofler das Hotel, das wohl 1154 im Meraner Stadtteil Obermais erbaut wurde, eher zufällig gepachtet nach einigen Jahren, in denen es dahin darbte. Denn früher einmal, in den 70ern und 80ern war es eines der führenden Beauty- und Diäthotels gewesen – so berühmt, dass die Celebreties Schlange standen und der Hotelier den Gästen mitteilte, ob und wann man kommen dürfe.

Tricks bringen nur kurzfristige Erfolge

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Und auch heute sorgt eine gelungene Mischung aus Tradition, modernem Stil, Gastfreundlichkeit und Humor für eine ganz spezielle Atmosphäre – und dafür dass man sich als Gast in den historischen Gewölben selbst wie ein kleiner König fühlt. Und genau dieses besondere Gefühl ist den Gästen auch die 260 Euro wert, die während meines Aufenthaltes eine Nacht in dem luxuriösen Hotel kostete.

Ich habe selbst oft erlebt, wie in Hotel mit allerlei Mitteln versucht wurde, ein solches Gefühl mehr oder minder krampfhaft zu simulieren, mit aufgesetztem Lächeln, protziger Ausstattung und starr vorgegebenen Regeln für die Mitarbeiter. Auch mit allerlei Pricing-Tricks und Lockmitteln wird ja nicht nur im Tourismus gerne gearbeitet, gerade wenn es um Online-Buchungen geht. Dazu gibt es sogar neurologische Untersuchungen wie diese unter Studierenden, denen ein Zeitungs-Abo angeboten wurde.

Das sagt die Wissenschaft

Das Online-Abo kostete im Experiment 59,00 Euro. Ein Print Abo kostet 125,00 Euro. Und ein Doppelabo, das Print und Online enthält, kostet ebenfalls 125,00 Euro. Also wählten 84% der Probanden (schlaue Studenten) das Doppelabo. Klar, Online gibt’s dann ja “gratis” dazu, man spart also 59,00 Euro.

Jetzt das gleiche Abo – gleiche Preise, anders formuliert. Ein Online-Abo kostet 59,00 Euro. Ein Doppelabo (Print und Online) kostet 125,00 Euro. Für welches würden Sie sich entscheiden? Die Studenten waren sich schnell einig. Nur noch 68% entschieden sich jetzt für das Doppelabo. Obwohl die Preise identisch waren mit denen des ersten Experiments. Und das nur, weil in der zweiten Version der Hinweis auf das Print-Abo für 125,00 Euro fehlte.

Auf die Nachhaltigkeit kommt es an

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Solche Preis-Spielereien wirken jedoch meist nur kurzfristig und sind selten nachhaltig. Denn Gäste spüren einfach, wenn eine Sache rund ist – und wenn nicht. Und die Leidenschaft für Gastfreundschaft alla Rundegg zeigt sich eben in einer ganz speziellen Mischung:

Da sind einerseits die spannenden Gespräche, die man mit dem Hotelier über sein Hobby, die Wiener Hochflugtauben, seit 2019 immerhin immaterielles Weltkulturerbe der UNESCO, in stilvollem Ambiente führt. Und andererseits erkennt man bei genauerem Hinsehen, wie viel Arbeit Kofler, der jeden Tag von 6 Uhr morgens bis 1 Uhr nachts im Hotel ist, und sein Team in den Betrieb investieren und dies aber mit einer leichtfüßigen, italienischen Art kaschieren.

Gute Anbieter verstehen die Emotionen ihrer Kunden

Das zeigt: Die richtige Preisbestimmung, die vom Kunden auch akzeptiert wird, ist nicht an Kategorien wie teuer oder billig festzumachen, sondern es kommt auf die richtige Verpackung der Preise an und natürlich den Inhalt – zumindest wenn man auf langfristigen Erfolg setzt. Der Grund ist wie so oft in unserem Gehirn zu suchen, allerdings geht es mehr um unsere Wahrnehmung und unsere Emotionen. Rationale Erwägungen spielen bei der Akzeptanz eines Preises und die Kaufentscheidung der Kunden oft nur eine untergeordnete Rolle.

Wer also – und das gilt für alle Branchen – für die richtigen Preise für seine Kunden treffen will, diejenigen, mit denen Kunden und Unternehmen gleichermaßen zufrieden sind und gut leben können, tut gut daran, sich damit auseinanderzusetzen, welche Effekte dabei wirksam sind. Am Ende geht es einfach darum, dass die Kunden ein gutes Gefühl haben.

7 klassische Preis-Effekte im Überblick

Um zu verdeutlichen, wie dieses erreicht werden kann, möchte ich nachfolgend eine kleine Auswahl der wichtigsten Pricing-Effekte vorstellen.

  1. Preisanker: Interessanterweise haben Anker mit den tatsächlichen Werten und Preisen überhaupt nichts zu tun. Wer mit irgendwelchen hohen Zahlen konfrontiert wird (Zahl der Erdenbürger, die Sozialversicherungsnummer, die Entfernung zwischen Berlin und München) schätzt den Wert eines beliebigen Produkts höher ein, als wenn er vorher mit kleinen Zahlen traktiert wird (Autos pro Haushalt, Anzahl der Kinder einer Durchschnittsfamilie).
  2. Ankerpreise: Preise, die man sich irgendwann einmal gemerkt hat. Zum Beispiel eine Öltankfüllung, die einmal 1.200 D-Mark gekostet hat. So dumm es auch ist, werden wir heute eine Füllung für 800,00 Euro als günstig empfinden.
  3. Referenzpreise: Neben dem zu verkaufenden Produkt werden ein wesentlich günstigeres und ein wesentlich teureres platziert (ohne die Absicht, diese Geräte zu verkaufen). Siehe auch oben das Speisekarten-Beispiel.
  4. Eckpreise: Werden von den Kunden herangezogen, um sich eine Vorstellung vom Preisniveau des gesamten Warenangebots zu machen… weshalb niedrige Milch- und Butterpreise für Discounter so wichtig sind. Gilt umgekehrt für Designer-Läden. Das Stück für 19.000,00 Euro im Eingang markiert das High-Level und lässt dann Pullis für 200,00 Euro als Schnäppchen erscheinen.
  5. Teuer ist besser: Die falsche Weinprobe, wissenschaftlich bewiesen: Zweimal der gleiche Wein, einmal mords Flasche, einmal Fuselettiket: Ahhh! Der teurere ist eindeutig besser! (Falsch, es war der gleiche Wein in unterschiedlichen Schläuchen).
  6. Mini-Schrumpf: Gleiche Packung, weniger drin. Beliebte und bekannte Strategie. Für Konsumenten nur schwer durchschaubar.
  7. Der Preisfärbungseffekt: Wie Preise wahrgenommen werden, hängt stark mit der Gestaltung der Preise zusammen. Größe, Farbe und Wording beeinflussen die Wahrnehmung der Preise ungemein.


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