Manch einer scheint zu denken, wenn man nur das Richtige sagt, dann passt das schon. Dass es da noch ein „Wie“ gibt, scheint ihm nicht in den Kopf zu kommen. Selbst dann nicht, wenn er zu Barack Obamas Stab gehört. Oder wenn er CEO eines Konzerns ist.

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Die Analyse von Obamas Pressesprecher

In diesem offiziellen Video des Weißen Hauses ist Jay Carney zu sehen, seit Februar Pressesprecher von Barack Obama. Es geht um wichtige Themen in diesen turbulenten Zeiten. So sind einige Pressevertreter erschienen, der Raum ist voll, manche stehen, zahlreiche Kameras sind installiert.

Doch der, der am offiziellen Rednerpult der Regierung der Vereinigten Staaten steht, Jay Carney, wirkt wie ein schüchterner Praktikant oder Student. Zwar dienstbeflissen, korrekt und stets um seine Worte bedacht, doch wundert mich nicht, wenn Experten längst fordern, ihn auszuwechseln. Was ist zu sehen und zu hören?

Schlechter Start

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Er entschuldigt sich quasi, dass ein Mitarbeiter noch sein Buch bringen muss, aber man könne trotzdem einfach mal beginnen. Was für ein schwacher Einstieg! Glaubt er wirklich, als Vertreter des Präsidenten, so leger und schwach beginnen zu können? Entweder er wartet, bis das Buch da ist und beginnt erst dann.

Oder er ignoriert das Buch und beginnt. Wer sich in dieser Situation entschuldigt, und so auch noch auf den organisatorischen Fehler aufmerksam macht, schwächt seine Position massiv.

Fauxpas Vorlesen

Einige Antworten liest Jay Carney ab. Das mag noch nicht an sich schlimm sein, denn bestimmte Formulierungen werden in diesen Kreisen im Team ausgearbeitet und in alle Richtungen geprüft, weil nur andeutungsweise missverständliche Formulierungen Krisen hervorrufen könnten.

Doch Vorlesen will gelernt sein – und ein Mann in dieser Position sollte das gelernt haben! Er liest mit monotoner Stimme ab, insgesamt meines Erachtens etwas zu leise, viel zu schnell und zu wenig deutlich artikuliert.

Er liest ab, ohne Blickkontakt zu halten oder Sprechpausen zu machen. Stattdessen ergänzt er den Text unnötigerweise um etliche Ähs. Professionelles Vorlesen erlaubt nur einen kurzen Blick ins Manuskript und dann ein Sprechen mit Blickkontakt zum Publikum. Andernfalls leidet schlicht die Glaubwürdigkeit.

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Zweitweise spricht Press Secretary Jay Carney frei. Dann beginnt er mit Floskeln und Füllwörtern: Ähs oder Füllsel wie „you know“, „I think“ und dergleichen häufen sich. Seine (Denk-)Pausen sind unmotiviert (3:14):.

„And I think that the Speaker of the House’s statement… äh… expressed… a sentiment that… we share, which is that we need to take action collectively to come together, Democrats and Republicans, to… further reduce our deficits and get our long-term dept under control.“

Falsche Pausen und Füllwörter

Dieser Satz ist als gesprochener Text zu lang, die Pausen sitzen an vollkommen verkehrten Stellen, die Ähs stören und schwächen seine Worte und Glaubwürdigkeit. Und was ist eigentlich Neu am Inhalt? Manchmal bricht er den Satz einfach vor dem letzten Wort ab, denkt nach, wie der Satz nun zu ende gehen müsse und spricht erst dann das letzte Wort (3:45):

„The Amrican people – overwhelmingly support the balanced approach that the president äh… supports“.

Fehlender Blickkontakt

Da ist das Wort dem mitdenkenden Publikum längst klar gewesen. Sinnvolle Pausen setzt er ebenso wenig wie gezielten Blickkontakt. Mal spricht er sehr schnell, dann wieder diese Denkpausen mit dezenten aber vorhandenen Ähs.

Jetzt schaut er zwar teilweise ins Publikum, macht aber nicht den Eindruck, zu jemanden wirklich Kontakt herzustellen. Seine Körpersprache ist kaum vorhanden. Das wenige, was wir sehen wirkt zufällig.

Der falsche Mann fürs Pult

Insgesamt unterbricht er oft die fragenden Journalisten, antwortet zu direkt, rechtfertigt sich bzw. das Vorgehen und bringt zu wenig eigene Botschaften an. Wenn er kritisch gefragt wird, sollte er nicht direkt antworten, sondern Dinge im Rahmen des Möglichen positiv oder sachlich nüchtern darstellen und mit einer positiven Botschaft abrunden.

Auch wenn es nicht einfach ist, Mimik grundsätzlich zu ändern, wirkt er mit seinem leicht nach oben gezogenem Mundwinkel (normalerweise ein Signal für Ekel) und seiner Kopfhaltung arrogant und überheblich.

Kompetenz reicht nicht!

Er mag ein hervorragender Journalist oder PR-Experte sein, doch das legitimiert ihn vielleicht noch für gute Texte und das strategische Formulieren offizieller Aussagen.

Diese zu vermitteln liegt diesem Mann definitiv nicht. Obama – im Moment auf den niedrigsten Umfragewerten seiner Amtszeit – ist nicht gut beraten, diesen Mann ans Pult zu stellen und für ihn sprechen zu lassen. Fachliche Expertise alleine reicht nicht.

Viele Executives kaum besser

Bei CXOs ist leider oft Ähnliches zu beobachten. CXO ist ein neues Konstrukt, das CEO, CFO, CIO usw. einschließt, also alle Vorstände. Ohne konkrete Namen zu nennen – ich coache schließlich auch CXOs in Rhetorik, Körpersprache und Präsentation – sieht es in den Chefetagen vieler Unternehmen und Konzerne nicht anders aus.

Neulich wurde sogar im Fokus von einem CEO berichtet, der auf der Hauptversammlung bewusst den Geschäftsbericht nur vorliest, es zählen schließlich nur die Inhalte.

Auf die Psyche kommt es an

Das tut es eben nicht. Denn im Publikum sitzen nicht Computer, die die Daten auswerten, sondern Aktionäre, Investoren, Analysten und Redakteure, die auf kleinste Signale reagieren. Aktienkurse sind bekanntlich stark durch psychologische Faktoren gesteuert.

Wer dies nicht erkennt, mag in guten Zeiten noch durchkommen, in unruhigen Phasen wird das zum Verhängnis. Denken Sie nur an den ehemaligen CEO von BP Tony Hayward, der in der Krise um Deepwater Horizon manchmal allzu menschlich reagiert hat und so letztlich in der Öffentlichkeit zerrissen und schließlich entlassen wurde.

Was zählt, ist richtiges Auftreten

Die Menschen, insbesondere die Investoren und Redakteure, interessieren sich sehr wohl dafür, wie ein Vorstand ein Unternehmen vertreten und darstellen kann. Das gilt übrigens für andere Ebenen auch.

Ein Consultant oder Ingenieur, der als Vertreter seines Unternehmens, beim Kunden ein mittelmässiges Bild abgibt, zerstört dadurch nachhaltig das Image des Unternehmens. Das mag mancher als übertrieben abtun, ist aber letztlich so.

Insofern lohnt sich eine Investition in Auftreten, eine professionelle Authentizität und rhetorische Fähigkeiten. Auch den USA geht es bestimmt nicht so schlecht, dass Obama seinen Pressesprecher Jay Carney nicht ein wertvolles Coaching spendieren könnte, oder?


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