Seit 28.12.2011 ist die Möglichkeit für Arbeitslose, Gründungszuschuss zu beantragen, stark reduziert worden: Aus der bisherigen Pflicht– wurde ein Kann-Leistung, ja schlimmer noch, offenbar soll Existenzgründung nur noch dann gefördert werden, wenn alle anderen Möglichkeiten versagen. Kurz: Wer gründen will, hängt künftig in der Luft. Nur: Ist der Wegfall des Gründungszuschusses wirklich so schlimm? Oder am Ende nicht so gar ein Vorteil? Bitte einfach mal die Perspektive wechseln!

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Gründungszuschuss drastisch reduziert

Seit der Ankündigung unserer Arbeitsministerin Ursula van der Leyen, den Gründungszuschuss drastisch zu reduzieren, machte sich in Deutschland Panik breit:

Man solle nochmal schnell gründen, bevor es zu spät ist. Und überhaupt gilt es als Unding, dass ausgerechnet die Förderung für den wirtschaftlich so wichtigen Unternehmer-Nachwuchs gestrichen wird.

Dienstanweisung macht klar: Existenzgründung in Zukunft nur noch letzter Ausweg

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Dabei ist das Ziel der Maßnahme klar: Geld soll eingespart werden – und zwar rund vier Milliarden Euro. Das zur Gewerkschaft ver.di gehörende Consulting-Unternehmen mediafon.net berichtet von einer auf den 1. Dezember 2012 datierten internen Geschäftsverordnung der Bundesagentur für Arbeit, die klar macht, wie die Arbeitsagenturen zukünftig auf Gründungszuschuss-Anträge reagieren sollen:

“Nach der Dienstanweisung muss Arbeitslosen, die sich selbständig machen wollen, künftig erst einmal ein Jobangebot gemacht werden. Und erst, wenn ‘zum Zeitpunkt der Beantragung eines Gründungszuschusses auf dem für die Kundin oder den Kunden erreichbaren Arbeitsmarkt keine Stellenangebote möglich (sind), sind die Tatbestandsvoraussetzungen zu prüfen und das Ermessen auszuüben.’

Sprich: Statt sich eine neue Perspektive als Selbstständige aufbauen zu können, müssen Arbeitslose künftig notfalls auch einen der gar nicht so seltenen Jobs annehmen, die (nur) nach dem Gesetz zumutbar sind. Denn natürlich gelten die üblichen Zumutbarkeitsregeln auch hier, und wer einen angebotenen Job nur deshalb ablehnt, weil er eine Existenzgründung für besser und aussichtsreicher hält, für den darf die Arbeitsagentur nicht ‘das Ermessen ausüben’ – sprich: Sein Antrag wird gar nicht erst geprüft. Eine ‘Kultur der Selbstständigkeit’ wolle man in Deutschland entwickeln und fördern, hieß es in den Regierungsparteien früher mal . . . “

Warum die Sichtweise von Politik und Arbeitsagentur falsch ist

Nun ist es sicher ziemlich idiotisch, eindeutig gründungswillige Menschen zum Bewerbungen-Schreiben zu verdonnern und fördert sicher auch keine Gründungskultur. Noch idiotischer ist die Sichtweise des Gesetztgebers, dass man nur noch Leute, die man woanders nicht mehr vermitteln kann, in die Selbständigkeit “entsorgt”. Ob diese vermutlich eher schlecht qualifizierten Leute dann erfolgreiche Gründer werden?

Und schlimmer noch: Kein Wunder, dass wir in Deutschland eine derart miserabele Gründungskultur haben, wenn unsere Politiker und Beamten uns die Sichtweise vorleben, dass Existenzgründung sozusagen nur noch der letzte Ausweg zu sein hat, wenn gar nichts mehr geht. Wer hat da noch Lust zu gründen?

Wer wirklich gründen will, tut es auch ohne Arbeitsagentur!

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Allerdings stellt sich mir die – zugegeben etwas provokante – Frage, ob gründungswillige Menschen mit Drive und Eigeninitiative nicht ganz einfach ohne Hilfe der Arbeitsagentur gründen. Denn deren Mühlen der Bürokratie waren auch mit Gründungsförderung bislang nicht gerade einfach zu bewältigen – und haben mich persönlich z.B. bislang immer abgeschreckt.

Die ZEIT hat nun gestern Studienergebnisse veröffentlicht, die das für mich bestätigen: Mirjam van Praag, Joop Hartog (beide University of Amsterdam) und Peter Berkhout (RIGO Institute, Amsterdam) untersuchten die Berufsentscheidungen von 56.000 niederländischen Uni– und Berufsschulabsolventen. Ihr Ergebnis: Wer allzu sicher im gemachten Nest sitzt, ist bei einer Existenzgrünung weniger enthusiastisch.

Die Gründungskultur hat sich durch die Gründungsförderung nicht verbessert

Und der Global Entrepreneurship Monitor (GEM), der das Gründungsklima in 54 Ländern untersucht, stellt gerade den Deutschen ein schlechtes Zeugnis für die vergangenen Jahre aus: Demnach entscheiden sich hierzulande 43 Prozent der Befragten aus Angst zu scheitern gegen eine Unternehmensgründung.

Und das trotz Gründungszuschuss. Wer aber gründete, tat das meist nicht aus Begeisterung sondern purer Notwendigkeit: 32 Prozent der Unternehmer in spe gaben an, nicht aus Freiheitsliebe oder Selbstverwirklichung, sondern aus Mangel an Erwerbsalternativen diese Laufbahn einschlagen zu wollen.

Verhinderte der alte Gründungszuschuss unternehmerische Ambitionen?

Oder man könnte es auch ganz plakativ formulieren: Wohlmöglich unterstützte der alte Gründungszuschuss gar nicht Gründungskultur und unternehmerische Ambitionen, sondern ist viel mehr nur eine weitere Planke, an die sich Verzweifelte noch eine zeitlang klammern, bevor sie endgültig untergehen?

Denn neben vielen Tricksereien (man wird gekündigt und macht dann die selbe Arbeit als Selbständiger + staatliche Hilfe) wurde die ICH-AG seinerszeit ja auch immer wieder stark belächelt. Und genau diesem Spott muss sich nun niemand mehr aussetzten: Wer überleben will, muss selbst schwimmen. Das, was man als Selbständiger ohnehin besser früher als später lernt.

Will sagen: Natürlich kann man darüber klagen, dass die Bundesregierung mal wieder etwas gestrichen hat. Man kann die Sache aber auch positiv sehen und auf sich selbst vertrauen. Alles eine Frage der Betrachtungsweise.

Die bisherige Regelung

Mit dem Gründungszuschuss unterstützt der Staat, bzw. die Bundesagentur für Arbeit, Empfänger von Arbeitslosengeld I, die sich selbständig machen.

Gerade wurde das Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen (drittes und viertes Sozialgesetzbuch) neu geregelt: Aus der bisherigen Kann- wird eine Pflichtleistung. Und: Noch ist das Gesetz nicht gültig. Wer sich beeilt, kann schnell nochmal nach den alten Bedingungen gründen.

Einschneidende Veränderungen

Die Gesetzesänderung wurde vom Bundestag sowie vom Bundesrat verabschiedet. Was noch fehlt, ist die Unterschrift des Bundespräsidenten. Solange diese noch fehlt, ist das Gesetz noch nicht in Kraft und überhaupt weiß keiner so richtig, ab wann die Neuregelung gilt. Und bis dahin kann (und sollte!) man noch nach der alten Regelung gründen.

Denn die wohl die einschneidenste Veränderung des Gesetzes: Aus der bisherigen teilweisen Pflichtleistung wurde eine vollständige Ermessensleistung. Anders als bisher muss die Arbeitsagentur auch bei Erfüllung all dieser Voraussetzungen den Gründungzuschuss nicht gewähren – es handelt sich insoweit also um reines Ermessen der Arbeitsagentur.

Gefordert werden nun Gründungsüberzeugung und hohes Engagement gleich zu Beginn der Arbeitslosigkeit. Aber natürlich spielen auch die zur Verfügung stehenden Finanzmittel und die regional definierten Vorgaben und Ziele der Agentur bei der Bewilligung eine Rolle.

Alte und neue Regelungen

Was bleibt: Der Gründungszuschuss ist ein Betrag in Höhe Ihres zuletzt bezogenen Arbeitslosengeldes I zum Lebensunterhalt. Er kann insgesamt 15 Monate lang gewährt werden.

Neu ist: In den ersten sechs Monaten (bisher neun!) erhalten Sie einen Zuschlag von 300 Euro/Monat für die soziale Absicherung. Sollte die Arbeitsagentur nach sechs Monaten Ihren Antrag noch einmal verlängern (siehe unten), wird für weitere neun Monate (bisher sechs!) nur noch der Zuschlag von 300 Euro/Monat für die soziale Absicherung gezahlt, nicht mehr aber der Betrag in Höhe des zuletzt bezogenen Arbeitslosengeldes I.

Wann können Sie den Antrag stellen?

Ihr Antrag hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn Sie zum Zeitpunkt der Gründung Arbeitslosengeld I oder Kurzarbeitergeld beziehen oder in einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme beschäftigt ist und darauf noch mindestens 150 Tage Anspruch haben.

Sicherheitshalber sollten Sie beim Gründungzuschuss folgendes Procedere einhalten: Wenn Sie die positive Stellungnahme der fachkundigen Stelle erhalten haben – und erst dann – sollten Sie sich selbständig machen, indem Sie Ihr Gewerbe beziehungsweise Ihre freiberufliche Tätigkeit anmelden.

Das Procedere

Denn mit der Anmeldung der Selbständigkeit endet automatische Ihre Arbeitslosigkeit und damit Ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld I.

Erst wenn Sie die Anmeldung bei Gewerbe bzw. Finanzamt in der Tasche haben, können Sie damit zur Arbeitsagentur gehen und sie zusammen mit einem Exemplar des Businessplans, der Bescheinigung der Fachkundigen Stelle sowie dem eigentlichen Antragsformular einreichen. Die Arbeitsagentur entscheidet nun anhand der Unterlagen über Ihren Antrag.

Achtung: In dieser Zeit erhalten Sie keinerlei Bezüge.

Die Verlängerung

Wie bereits erwähnt, können Sie nach den ersten sechs Monaten noch einmal eine Verlängerung des Gründungszuschusses verlangen. Der beste Zeitpunkt sind zwei bis
drei Monate vor Ablauf der ersten sechs Monate.

Die Arbeitsagentur verlangt den Nachweis, dass in den ersten sechs Monaten “eine intensive Geschäftstätigkeit und hauptberufliche unternehmerische Aktivitäten” vorgelegen haben.

Nochmal zum Verständnis

Für den gesamten Gründungzuschuss besteht nun kein einklagbarer Rechtsanspruch mehr. Die Arbeitsagentur besitzt einen Ermessensspielraum und entscheidet für oder gegen eine Verlängerung anhand der Unterlagen, die Sie zum Beleg Ihrer Geschäftstätigkeit in den letzten sechs Monaten einreichen.

Damit hat der Gründungszuschuss, der als Förderinstrument ICH-AG und Überbrückungsgeld abgelöst hat. Aber wie sah die bisherige Regelung aus?

Bisherige Reglung: Keine Ermessensleistung

Sie bekamen zunächst für neun Monate einen Betrag in Höhe des zuletzt bezogenen Arbeitslosengeldes I zum Lebensunterhalt, zudem Zuschuss für die soziale Absicherung.

Dann konnten Sie nochmals für sechs Monate einen Teilbetrag bekommen. Voraussetzungen: Sie waren arbeitslos und Sie können die Wirtschaftlichkeit Ihres Unternehmens sowie Ihre unternehmerische Eignung nachweisen.

Der Gründungszuschuss war dabei in den ersten neun Monaten keine Ermessensleistung; sofern Sie die Bedingungen erfüllten, hatten Sie einen Rechtsanspruch darauf. Doch als Gründer hatten Sie auch einige Pflichten, müssen ein bestimmtes Procedere einhalten und auf Sperrzeiten und die Sozialversicherung.


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