Wer kennt das nicht: In den Bus einsteigen und kein Kleingeld haben. Essen bestellt haben, aber grad kein Bargeld da. Nervig. Das könnte bald der Vergangenheit angehören: Die Sparkassen bieten Ihren Kunden nun mobile, bargeldlose Bezahlverfahren. Wie immer gibt es zwei Sichtweisen auf die Dinge.

kasse2go

Mobiles Bezahlen – andere Länder sind schon weiter

Kürzlich hatte ich mich im Zuge meiner Recherche für ein eCommerce-Buch mit mobilen Bezahlsystemen beschäftigt. Zudem stieß ich bei meinen Recherchen in Kenia auf das dortige mobile Bezahlverfahren mPesa.

In Deutschland tut man sich hingegen traditionell schwer mit dem Thema mobiles Bezahlen. Zu groß sind die Sicherheitsbedenken, außerdem hat sich die EC-Karte längst eingebürgert. Nun stellen die Sparkassen stellen Ihren Kunden nun als erste Bankengruppe in Deutschland bargeldloses Bezahlen auch per Handy zur Verfügung.

Ein Pilotprojekt, das ausgeweitet werden soll

Getestet wurde das ganze bisher im Großraum Hannover und in den Städten Hildesheim, Braunschweig und Wolfsburg und bei ausgewählten Händlern wie den Esso-Tankstellen, beim Buchhändler Thalia, der Süßwarenkette Hussel und in den Textilhäusern von Appelrath-Cüpper.

Seit August 2012 werden nach und nach alle 45 Millionen SparkassenCards gegen neue Karten mit der girogo-Funktion ausgetauscht. 1,3 Millionen SparkassenCards mit girogo wurden bereits ausgegeben. 2013 soll das System auch bundesweit bei allen Händlern zum Einsatz kommen.

Bezahlen per Handy – so funktionierts

Die Bezahlung erfolgt dabei mit der Karte, die der Kunde mit bis zu 200 Euro aufladen kann. Zum Bezahlen hält der Kunde seine SparkassenCard mit girogo an das NFC-fähige (NFC = Near Field Communication) Smartphone des Händlers, auf der die App Kasse2go installiert ist, und der vorher eingegebene Betrag wird abgebucht.

Die kostenlose App macht ein herkömmliches NFC-fähiges Smartphone zum mobilen Bezahlterminal und soll damit auch all jene Händler locken, denen eine mobile Bezahlstation zu teuer war. Die Freude hat allerdings ihre Grenze: Das mobile Bezahlen ist nur bis 20 Euro möglich.

Nur für NFC-fähige Android-Geräte

Entwickelt wurde die App vom Deutschen Sparkassenverlag (DSV) und dem Informatikzentrum der Sparkassenorganisation (SIZ) für NFC-fähige Android-Geräte. Den Betrieb verantwortet die B+S Card Service (B+S), ein Beteiligungsunternehmen des DSV.

So toll das mit dem “einfachen mobilen Bezahlen für alle” klingt: Händler, die zum Beispiel ein iPhone besitzen oder ein nicht-NFC-fähiges Handy, schauen in die Röhre. Das ist zur Zeit noch die Mehrheit. Also heißt es für viele auch hier erstmal: Technisch aufrüsten und investieren.

Investitionen nötig

Das gilt gerade auch für solche Unternehmen, die ihre Auslieferer komplett mit den neuen Geräten ausliefern müssen – auch das sind Kosten, vor denen viele zurückschrecken dürften.

Wer mal einen Blick in Wikipedia wirft, wird feststellen, dass die technische Implimentierung auf Händlerseite tatsächlich komplizierter ist, als uns das das Herunterladen einer App glauben machen will.

So muss die Software für jedes zukünftig auf den Markt kommende Mobilgeräte-Modell und im jeweiligen Betriebssystem angepasst werden. Jede dieser Anpassungen muss von den unterstützenden Banken oder einem Institut für die Kombination von Mobilgerät, Anpassung und Bank zertifiziert werden.

Wie sieht es aus mit der Datensicherheit?

Nach Aussage der Betreiber ist das Verfahren absolut sicher:  So soll die Transaktion beispielsweise garantiert sei, das heißt, der Händler hat die Sicherheit, dass der Betrag seinem Konto gutgeschrieben wird. Und Thomas Krebs, Geschäftsführer beim SIZ erklärt:

“Das Verfahren, mit dem die Informationen beim Bezahlvorgang ausgetauscht werden, erfüllt höchste Sicherheitsstandards. Händler, die Kasse2go nutzen, sind registriert, und Zahlungen, die über Smartphones erfolgen, können nur mit speziellen zertifizierten Sicherheitsmodulen abgewickelt werden. Dies sorgt für einen wirksamen Schutz gegen den Zugriff durch Dritte.”

Kritikpunkt Schnittstelle

So spannend sich das anhört, gibt es auch weitere Kritikpunkte an der Technik. Zum Beispiel dass das Bezahlen damit nicht überall, sondern wieder nur bei Läden, die mit der entsprechenden Schnittstelle (=NFC-fähiges Android-Handy mit App) ausgestattet ist, möglich ist. Diese zunehmende Diversifikation verschiedener Bezahlvarianten wird mobiles Bezahlen nicht einfacher, sondern erstmal noch komplexer machen.

Dass man damit nicht an der Kasse bezahlen muss, sondern die Händler und Kassierer umständlich erst ein zweites Gerät nutzen müssen, was den Bezahlvorgang verlangsamt statt schneller macht.

Kritikpunkt Aufladung

Ein Unsicherheitsfaktor ist auch, dass man die Beträge bis 200 Euro erst aufladen muss: Geht dann die Karte verloren, ist das Geld auch weg. Und mal ehrlich: Wann reicht es schon, bis 20 Euro zu bezahlen? Das schaffe ich persönlich noch nichtmal, wenn ich einkaufen gehe.

Schließlich fällt mit dem Bargeld auch die Anonymität: In Zukunft können Händler wie auch Banken dann wunderbar nachvollziehen, wo wir überall eingekauft haben. Gerne wird die NFC-Bezahlung auch mit der Einführung der Geldkarte 1996 verglichen, ein System, das inzwischen kaum noch genutzt wird.