Viele gehen rein, wenig kommt raus –  so die landläufige Meinung über Meetings. Dass Meetings oft scheitern, kann an vielen Faktoren liegen. Einer davon, den wir hier näher beleuchten wollen, ist die Selbstdarstellerei von Team-Mitgliedern. Doch was dagegen tun?

Best of HR – Berufebilder.de®

Meetings kranken am Faktor Mensch

Was haben wir bei Best of HR – Berufebilder.de®  nicht alles über Meetings geschrieben. Wie man sie effizienter gestaltet, wie man sie zielgerichtet vorbereitet; wie Prominente ihre Meetings organisieren und Vieles mehr. Und es zeigt sich immer wieder: Ganz Unrecht haben die bösen Zungen nicht, leider.

Einen Aspekt allerdings haben wir bislang etwas vernachlässigt: Dass viele Meetings schlicht am Faktor Mensch kranken. Denn statt als Ort für einen produktiven, offenen Austausch zu dienen, werden Meetings allzu oft von denjenigen Kollegen und Chefs als Bühne missbraucht, die einen Hang zum Vielreden und zur Selbstdarstellerei haben.

Meetings –  die perfekte Bühne für Selbstdarsteller

Ich erinnere mich an einen Job vor vielen Jahren: Während der Chef stundenlang redete und redete, schlicht unwichtiges Zeug und sichtlich in seine eigenen Ausführungen verliebt, fragte ich mich mit Sorge, wie ich denn bei dem ganzen Gerede noch meine Arbeit schaffen sollte. Während übrigens meine Bürokollegin ihm den Gefallen tat, ihn die ganze Zeit anzuhimmeln.

Erst Jahre später habe ich rückblickend den Sinn solcher Rituale verstanden: Dass Meetings in vielen Fällen tatsächlich die Aufgabe haben, Selbstdarstellern eine Bühne zu bieten. Und gerade Chefs nutzen diese Situation gerne aus. Das Ergebnis – die produktive Zusammenarbeit und die gemeinsame Entscheidung –  wird dabei schnell zur Nebensache.

Meetings: Das läuft laut Wissenschaft schief

Annegret Bolte, Judith Neumer und Stephanie Porschen vom Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung (ISF) in München beschrieben in einer Studie für die Hans Böckler Stiftung vor einigen Jahren detailliert, was bei Meetings alles schief läuft.

Ein Punkt ist genau jene Selbstdarstellerei. Denn Meetings, so die Wissenschaftlerinnen, böten für viele Teilnehmer nur allzu oft eine Arena für Konkurrenzkämpfe. Nicht selten gehe es um die Frage: “Wer ist der Stärkere? Wer gewinnt den nächsten Schlagabtausch?”

Die Angst vor “verbalen Schlägern”

Kein Wunder, sagt die Studie, dass manche Beschäftigte eine regelrechte Angst vor Meetings entwickeln. Denn entweder sitzt man still daneben und muss sich den Schlagabtausch mit anhören –  oder aber man wird selbst zur Zielscheibe.

Und vor allem ist das Ganze eines: Zeitverschwendung. Die “Lösung” des Problems besteht für Viele darin, das Meeting irgendwie über sich ergehen zu lassen und zu hoffen, es unbeschadet zu überstehen. Das ist schade, denn mit ein paar einfachen rhetorischen Kniffen kann man auch als einfacher Teilnehmer, nicht nur als Leiter oder Moderator, das Blatt wenden.

Als Co-Moderator das Ruder übernehmen

Genau: Auch wenn Sie nicht selbst moderieren, können Sie mit einigen beiläufigen Bemerkungen die Diskussion wieder in ruhigere Bahnen lenken und damit strukturieren. So bewegen Sie die anderen Teilnehmer dazu, die Diskussion konstruktiv fortzusetzen.

Was also tun, wenn Kollege Wichtig mal wieder allen die Show stiehlt oder es zu offenenen Konflikten kommt? Und wie schafft man es indirekt, auch den Chef mit seinen Allüren zur Räson zu bringen? Hier einige Tipps, um das Meeting wieder auf Kurs zu bringen.

9 Tipps: Wie bringt man ein Meeting wieder auf Kurs?

  1. Wenn andere Teilnehmer vom Thema abweichen, können Sie die Diskussion wieder strukturieren: “Ich schlage vor, dass wir erst diesen Vorschlag diskutieren und dann jenen.”
  2. Versuchen Sie bei einem Konflikt, den Fokus auf die Sache zu richten: “Mich interessiert, zu diesem Thema noch andere Meinungen zu hören, damit wir ein objektiveres Bild bekommen.”
  3. Wenn Kollege Wichtig mal wieder abweicht: Führen Sie ihn zum Thema zurück, indem Sie die anderen daran erinnern. Fragen Sie einfach mal ruhig “Worüber reden wir hier?”
  4. Wenn der Kollege sich trotzdem wichtigtuerisch am Thema festbeißt und sich auf den Konflikt, nicht die Sache, konzentriert: Treten Sie einfach die Flucht nach vorn an und bitten um konkretere Informationen. “Wer ist beteiligt?” “Würden Sie einmal berichten, wie das konkret war?”
  5. Vorsichtige und indirekte Fragen, etwa nach mehr Information, eignen sich auch, um Chefs mit Allüren wieder auf Kurs zu bringen.
  6. Testen Sie ruhig mal, ob andere Teilnehmer verstanden haben, um was es geht: “Können Sie mir sagen, wie Sie den Kollegen F. verstanden haben?”
  7. Sie machen einen Redebeitrag und Kollege Wichtig fährt Ihnen in die Parade, weil er sich selbst darstellen muss? Antworten Sie auf Einwürfe konstruktiv und versuchen Sie, auch die anderen Teilnehmer einzubeziehen, indem Sie Ihre Gesprächspartner durch Fragen dazu bringen, nach weiteren Informationen und Hintergründen zu suchen. Ergänzen Sie Diskussion aber auch mit eigenen Fakten.
  8. Fassen Sie wichtigen Aussagen und das bisher erreichte Ergebnis noch einmal zusammen: “Wir haben ja festgestellt, dass… und dann herausgefunden, dass…”
  9. Identifizieren Sie Konsenspunkte und führe den Teilnehmern so den Erfolg des Meetings vor Augen: “Wir haben also erreicht, dass…”, “Wir haben darüber jetzt Einigung erzielt”.